Das geplante neue Kinderhaus sollte umgehend geplant, genehmigt und gebaut werden, um zum September 2024 zur Verfügung zu stehen. Jetzt hat der Gemeinderat aber erstmal auf die Bremse getreten. Die Kostenschätzung lautete nun auf über elf Millionen Euro, für mindestens 4,5 Millionen Euro davon gibt es aktuell keinen Deckungsansatz.
Die Gemeinde rechnet mit 3,5 Millionen Euro staatlicher Zuschüsse, dazu kommen 1,7 Millionen Euro von den Bauträgern an Schäferanger und Kreuzacker, die damit ihre eigene Verpflichtung zum Bau von Kinderbetreuungsplätzen ablösen.
Gut eine Millionen Euro an Kreditaufnahme hat das Rathaus mittelfristig für das Projekt schon geplant. Für die Deckungslücke von gut vier Millionen Euro sei „aktuell keine Finanzquelle bekannt“, hieß es aus der Gemeindekämmerei lapidar. Die ohnehin vorgesehene Neuverschuldung der nächsten Jahre war bei den Etatberatungen schon als maximaler Rahmen definiert worden.
Die erwarteten 11,7 Millionen Euro seien ohnehin Augenwischerei, rügte Erich Elsner (SPD), da darin keinerlei Puffer für unvorhergesehene Kosten enthalten seien und ebenso wenig für weitere Baukostensteigerungen bis zum Baubeginn. Es seien daher eher 14 Millionen Euro zu erwarten.
“Finanzierung ins Blaue”
FW, SPD und Grüne kritisierten Bürgermeister Markus Böck (CSU), weil er keinerlei Finanzierungsvorschläge aufgezeigt habe. „Es ist schon schwierig, so eine Summe ins Blaue zu finanzieren“, sagte SPD-Sprecher Florian Spirkl. Grünen-Sprecher Fritz-Gerrit Kropp monierte „beinahe Hochstapelei“, eine 11-Millionen-Ausgabe vorzuschlagen und keinerlei Finanzierung darzustellen.
FW-Sprecher Stefan Vohburger rügte zudem, die Planung sei „ein sehr großer Wunschkatalog, der viel Geld kostet“. Auch Peter Benthues (CSU) äußerte den „Eindruck einer Planung de luxe“. Böck versicherte, dies sei „eine Planung, die das gewollte Konzept optimal umsetzt“.
Der Gemeinderat hatte hinter verschlossenen Türen die Trägerschaft der künftigen Einrichtung an die Nachbarschaftshilfe vergeben, die dort das sogenannte „Reggio-Konzept“ umsetzen will, ein Betreuungsansatz, der die individuellen Interessen des Kindes und das eigene Erkunden und Erleben in den Mittelpunkt stellt.
Die Kindertagesstätte soll mit sechs Gruppen errichtet werden und langfristig auf zehn erweiterbar sein. Auch hier sah der Gemeinderat Ansätze zum Sparen.
Irene Bogdain (SPD) fand, angesichts weiterer mittelfristiger Bauvorhaben für Kindertagesstätten sei die Dimension übertrieben, man möge „bedarfsgerechter bauen“. Der Bürgermeister verteidigte es allerdings als „richtigen Weg“, bereits großzügige Erweiterungsansätze vorzusehen; die tatsächliche Bedarfsentwicklung sei nicht exakt planbar.
Weniger Erweiterung vorsehen
Mehrere Vorschläge aus dem Gremium sahen Einsparungen beim Bau vor, indem die Erweiterungsoptionen anders eingeplant würden. Planer Christian Würfel von „WSB Architekten“ wies allerdings darauf hin, dass ein Verzicht auf Erweiterungsoptionen diese dann bei der späteren tatsächlichen Umsetzung deutlich verteuern würden.
Auf dem 6100 Quadratmeter großen dreieckigen Grundstück südlich des Hallenbads soll der jetzt für Mittagsbetreuung genutzte ehemalige HPCA-Kindergarten abgerissen und durch den Neubau ersetzt werden. Das Gebäude hätte 1600 Quadratmeter Grundfläche in drei Flügeln.
Nach der Planung sollten die drei parallelen Gebäudeteile im Erdgeschoss Kinderkrippen aufnehmen. Das mittlere Flügelstück sollte ein Obergeschoss für Kindergartengruppen erhalten. Die Möglichkeit, auch die beiden anderen Flügel aufzustocken, bildet die mittelfristige Erweiterungsoption.
Neben dem Bürgermeister stimmte einzig Casimir Katz (FDP) für die Planung. Die Finanzierung der zusätzlichen Kosten über Kredite sei angesichts der Bedeutung der Aufgabe „machbar“, urteilte er, man dürfe jetzt „keine Zeit mehr verlieren“.
Mit 20:2 Stimmen lehnten CSU, FW, SPD, Grüne und eine FDP-Rätin die Pläne aber ab und forderte eine Neuplanung, die frühestens im September vorliegen wird. Darin soll nun die Erweiterung anders angelegt werden, dazu sollen mögliche Einsparungen umgesetzt werden.
Kann man denn das alte Kinderhaus nicht renovieren?
Chancengerechtigkeit beginnt bei der frühkindlichen Bildung. Es ist daher eine der wichtigsten Pflichtaufgaben unserer Gesellschaft.
Mit Neid schauen wir auf Estland, bei denen es keine Staatsverschuldung, aber verpflichtende kostenfreie Krippen und Kindergärten gibt, und man nicht nur erwartet, sondern garantiert, dass jedes Kind beim Schuleintritt lesen, schreiben und rechnen kann.
Damit wir das Kinderhaus sicher bauen können, hatte ich mich gegen eine teure Interimslösung ausgesprochen, und nun sehen wir eine Planung für ein Kinderhaus, das ein wenig zu groß und zu teuer wirkt. Aber es ist schwer zumutbar, weiter warten zu müssen. Jede Verzögerung erhöht die Kosten.
Wenn wir nun nicht alle anderen sinnvollen Projekte streichen, um diese Aufgabe zu lösen, müssen wir zwei Dinge tun:
• eine abgespeckte, kompaktere Form suchen, die etwas billiger ist. Näher am ersten Entwurf, den wir gesehen haben. Das hat der Gemeinderat nun beschlossen
• wir müssen uns davon verabschieden, dass wir keine Schulden machen können.
Schulden sind für viele Leute nur negativ, weil sie ein Zeichen der Armut sind. Schulden sind aber sinnvoll, wenn sie eine Investition darstellen.
Im Gegensatz zur Einzelperson ist die Gemeinde kreditwürdig und die Pro-Kopf-Verschuldungen vergleichbarer Gemeinden in Bayern gehen bis 2500 €/Einwohner, wir haben derzeit 129 € (unter dem Landkreisdurchschnitt) und würden mit den bereits geplanten Projekten erst bei etwa 1000 € liegen, so dass die zusätzliche Verschuldung von 375 €/Einwohner noch realistisch erbracht werden könnte.
Für Schulden muss man die Annuität (Zins & Tilgung) aus dem Verwaltungshaushalt aufbringen können, das ist der limitierende Faktor. Hier werden wir noch mal über eine kleine Anhebung der Grundsteuer B um etwa 25 % reden müssen.
Aber Schulden sind in Zeiten der Inflation die beste denkbare Kapitalanlage. Und meine Vermutung wurde mir inzwischen von einigen Bänkern bestätigt: Die Zentralbank hat wegen der aufgekauften Staatsanleihen keinerlei Interesse, die Inflation komplett zu beenden.
Also sollte das Kinderhaus idealerweise etwas kleiner, aber an dieser Stelle so bald wie möglich gebaut werden. Das sind wir unseren Kindern schuldig.
Zum Finanzieren eines Kinderhauses braucht man nicht mit Neid auf andere Länder schauen, sondern nur die Beschlüsse unseres Gemeinderates Revue passieren lassen.
Dass Bauträger trotz Anerkennung der SoBoN sich aus ihrer Verpflichtung, Kindergärten selbst herzustellen, herausschleichen konnten, hat sich der Gemeinderat selbst zuzuschreiben, indem er am 23.3.2021 einen Grundsatzbeschluss fasste, das Kinderhaus selbst zu bauen. Ich selbst habe dem nicht zugestimmt.
Dass jetzt Herr Dr. Katz eine Erhöhung der Grundsteuer verlangt, um dieses zu finanzieren, finde ich anmaßend und einen Freibrief an die Bauträger, weiterhin Forderungen an die Gemeinde zu stellen. Übrigens, eine Erhöhung der Grundsteuer zahlen anteilsmäßig auch die Mieter.
Das bestehende „HPCA“-Gebäude/früherer Hort ist voll funktionsfähig und könnte mit den veranschlagten Abrisskosten von nahezu 400 000,- Euro ertüchtigt werden und einer Kindertagesstätte dienen.
Die Bauträger sollen ihren Bedarf an Kitas selbst lösen, so wie’s die SoBoN verlangt und es an der Ringstraße auch praktiziert wird.
Werter Herr Negele,
mir wäre nicht bekannt, dass Mieter keine Kinder haben. Eine Anhebung der Grundsteuer würde Mieter weit weniger belasten als z. B. die von zwei Personen bewohnten Einfamilienhäuser.
Und bei den Mietern einer 4‑Zimmer-Wohnung reden wir von derzeit ca 50 € pro Jahr. Dieser Betrag ist seit Jahrzehnten konstant. Die Mieten der gemeindeeigenen Wohnungen sollen aber auch nach Meinung der FW überprüft und angehoben werden.
Aber der eigentliche Fehlschluss ist folgender: In Estland ist der Besuch kostenlos. Bei uns zahlen Eltern für einen Krippenplatz auch mal 400 €/Monat. Diese Kosten hängen damit zusammen, was die Errichtung und der Betrieb kosten. Ein Kinderhaus auf gemeindeeigenem Grund mit Zuschüssen vom Land wird da deutlich billiger sein, als von einem Bauträger, der nicht nur den Grund kaufen muss, sondern auch auf direkte Fördermittel verzichten muss.
Und die SoBoN wird dadurch erfüllt, dass der Bauträger einen durchaus ansehnlichen Beitrag zum Kinderhaus bezahlt. Wenn wir stattdessen Baugrund bekommen würden, müssten wir viele kleinteilige Einrichtungen erstellen, die nicht nur in der Bausumme teurer wären, sondern auch erhebliche Nachteile bei der Vertretung haben würden.
Nur bei wirklich großen Bauvorhaben wie in Mittenheim ist die Umsetzung im Baugebiet sinnvoll. Deshalb wid sie ja auch dort gemacht.
Ansonsten wird hier ein mehrheitlich gefasster Beschluss des Gemeinderats umgesetzt, der möglichst schnell den jetzt schon bestehenden Bedarf abdeckt.