Was Ober- und Unterschleißheim für die mögliche Ansiedlung von BMW im Geheimen geplant haben, bleibt der Öffentlichkeit weiter verborgen. Während Unterschleißheim nach dem Scheitern der Ansiedlungspläne den gesamten Vorgang transparent machen wollte, lässt Oberschleißheim seine Bürger weiter im Unklaren.
Der Unterschleißheimer Stadtrat hatte beschlossen, nun alle Studien offenzulegen, die monatelang hinter verschlossenen Türen beraten worden waren. Bürgermeister Christoph Böck berichtete nun aber, dass dieser Beschluss nicht umgesetzt werden könne, da sich Oberschleißheim einer Veröffentlichung verweigere.
Auf Nachfrage sagte Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer, eine derartige Veröffentlichung sei „unüblich“. Im Gegensatz zu Unterschleißheim, wo es Indiskretionen und offene Aussagen zu dem Projekt gegeben hatte, habe Oberschleißheim „nie öffentlich darüber gesprochen“, erinnerte Kuchlbauer. Daher sehe er auch keinen Grund für eine nachträgliche Offenlegung.
Die Geheimhaltung nährt Gerüchte, dass Oberschleißheim ungeachtet der Absage von BMW die Planungen nordwestlich von Mittenheim für anderweitige Gewerbeansiedlungen nutzen will. Kuchlbauer sagte dazu, der Gemeinderat müsse sich demnächst „grundsätzlich klar werden, wo potentiell Gewerbeansiedlungen möglich sein sollen“.
Unterschleißheim hat nach dem Ende der BMW-Pläne unverzüglich die Planung eines Moos-Heide-Parks für diese Areale in Auftrag gegeben, eines ökologischen Refugiums rund um die Gemeindegrenzen. Oberschleißheim hat sich dieser Planung noch nicht angeschlossen, eine Beratung des Planungsauftrags im Gemeinderat wurde jüngst vertagt.
Bürgermeister Kuchlbauer machts gern im Geheimen.
Die nichtöffentliche Beratung des Oberschleißheimer Gemeinderates wegen der Ansiedlung von BMW im Gemeindegebiet ist rechtswidrig.
Die Bürgerinnen und Bürger von Oberschleißheim ärgern sich derzeit zurecht über die geheime Hinterzimmerpolitik des noch amtierenden Bürgermeisters. Auf berechtigte Forderungen der Öffentlichkeit und der Presse, die Beratungen über die Gewerbeansiedlung eines großen süddeutschen Autobauers nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen, reagiert Bürgermeister Kuchlbauer lediglich mit einer wohl kaum durchdachten Bemerkung: “… eine derartige Veröffentlichung sei unüblich”, das berichtet jedenfalls die Süddeutsche Zeitung.
Diese unfachliche Bemerkung des Amtsinhabers überrascht einmal mehr: “Üblichkeit” ist kein Argument der Gemeindeordnung in diesem Zusammenhang. Bürgermeister Kuchlbauer sollte sich an die Gemeindeordnung halten. Öffentliche Sitzungen sind die Regel, nichtöffentliche Sitzungen die Ausnahme. Für die Behandlung von Themen in nichtöffentlicher Sitzung sind tragfähige Gründe erforderlich. Artikel 52 der Gemeindeordnung fordert für eine Nichtöffentlichkeit der Beratungen folgende Voraussetzungen: “Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner“. Würde sich Bürgermeister Kuchlbauer in der Gemeindeordnung auskennen, dann wüsste er, dass seine Geheimhaltung im vorliegenden Fall rechtswidrig ist.
Übrigens: Üblich ist es auch, dass sich ein Bürgermeister in die Gemeindeordnung einarbeitet.
Harald Müller, Bürgermeisterkandidat der SPD
Sehr geehrter Herr Müller,
manchmal erleichtert ein Blick ins Gesetz die Rechtsfindung.
Auch wenn der Presseartikel vielleicht etwas anderes suggeriert, können selbst juristische Laien Art. 52, Abs. 2, Satz 2 der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern (GO) relativ klar entnehmen, dass über die Öffentlichkeit/Nichtöffentlichkeit seiner Sitzungen noch immer der Gemeinderat selbst und nicht der erste Bürgermeister entscheidet. Das kann darüber hinaus auch ausdrücklich § 25, Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Gemeinde Oberschleißheim (GeschO OSH) entnommen werden.
Und auch für die nachträgliche Aufhebung der Nichtöffentlichkeit im Sinne von Art. 52, Abs. 3 GO ist daher der Gemeinderat zuständig.
Dies alles ergibt sich im Übrigen auch bereits aus der Generalzuständigkeit des Gemeinderates nach Art. 29 GO. Demnach verwaltet der Gemeinderat die Gemeinde, soweit die GO nicht ausdrücklich dem ersten Bürgermeister Entscheidungsrechte einräumt. Nach Art. 37 GO ist der erste Bürgermeister jedoch in erster Linie für laufende Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung und ohne erhebliche Verpflichtungen für die Gemeinde sowie für Aufgaben, die ihm vom Gemeinderat ausdrücklich durch die Geschäftsordnung übertragen wurden, zuständig. Da die Entscheidung über die Öffentlichkeit/Nichtöffentlichkeit weder eine laufende Angelegenheit ist, noch diese ihm vom Gemeinderat übertragen wurde (vgl. § 11 GeschO OSH; wäre kommunalverfassungsrechtlich wohl auch eher bedenklich), läge die Zuständigkeit auch ohne die ausdrückliche Regelung in Art. 52 GO folglich beim Gemeinderat.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte.
Übrigens: Üblich ist auch, dass sich ein Bürgermeisterkandidat in die Gemeindeordnung einarbeitet, bevor er dem amtierenden Bürgermeister lautstark Rechtsbrüche vorwirft.