‘Stein­wüsten’ ächten

25.03.2021 | Rathaus | 1 Kommentar

In neuen Bebau­ungs­plänen soll die Anlage von Schotter- und Kies­gärten unter­sagt werden; die Mode­er­schei­nung aller­dings flächen­de­ckend zu verbieten, lehnte der Gemein­derat einhellig ab. Das Rathaus solle lieber „Möglich­keiten für einen pfle­ge­leichten, aber trotzdem ökolo­gi­schen Haus­garten aufzeigen“.

FW und Grüne hatten parallel Anträge einge­bracht, wie mit der ökolo­gi­schen Verar­mung durch die flächen­de­ckende Aufkie­sung umzu­gehen sei. Es sei „im Hinblick auf Arten­viel­falt und Natur­schutz wichtig, dieser Entwick­lung entge­gen­zu­treten“, bestä­tigte das Gemein­de­bauamt.

Gerade die privaten Gärten böten „für viele verschie­denen Arten einen Rück­zugs­raum und sind wichtig im ökolo­gi­schen Gefüge“. Ange­sichts stetig stär­kerer Verdich­tung komme „den Privat­gärten eine noch größere ökolo­gi­sche Bedeu­tung zu als bisher“.

Schot­ter­gärten jeden­falls böten „keine Nahrung für Insekten und jegliche anderen Tiere“. Zudem sei jede grüne Fläche auch ein Faktor fürs Binnen­klima, während Stein­wüsten die über­pro­por­tio­nale Aufhei­zung dicht besie­delter Räume noch verstärkten.

Die FW forderten, darauf bei allen künf­tigen Bebau­ungs­plänen einzu­gehen, die Grünen wollten die neuen Möglich­keiten der novel­lierten Baye­ri­schen Bauord­nung für eine gene­relle Rege­lung fürs gesamte Orts­ge­biet nutzen. Man komme gerade „in eine Phase, wo wir den Bürger noch mehr gängeln“, lehnte Peter Bent­hues (CSU) dies ab, „und ihm statt seiner Eigen­ver­ant­wor­tung unsere Meinung über­stülpen wollen.“

Er warne davor, „den Bürger peu-a-peu in eine Bevor­mun­dung zu zwingen“ und erin­nerte dabei auch die gerade einge­lei­tete Baum­schutz­ver­ord­nung. Unab­hängig von den einzelnen inhalt­li­chen Fragen komme dies „nicht so an, dass der Respekt vor dem Gemein­derat steigt“.

Das sei deut­lich mit zu großem Kaliber geschossen, wunderten sich die Grünen. „Wir enteignen hier niemand“, sagte ihr Spre­cher Fritz-Gerrit Kropp, die bean­tragte Verord­nung sei in der neuen Bauord­nung der Staats­re­gie­rung exakt so vorge­sehen.

Helga Keller-Zenth (Grüne) betonte, der Vorstoß wolle „niemand bevor­munden“. Da aber „das Arten­sterben drama­tisch“ sei, müsse man „die Leute darauf hinweisen, wir müssen was tun“. Und dazu komme man „leider nicht drum rum, irgend­welche Regu­la­rien zu treffen“.

Mit 16:6 Stimmen lehnten CSU, FW, SPD und FDP gegen die Grünen und eine Stimme aus der CSU den Vorschlag einer Frei­flä­chen­ver­ord­nung ab. Mit 13:9 Stimmen quer durch alle Frak­tionen wurde beschlossen, in allen künf­tigen Bebau­ungs­plan­ver­fahren entspre­chende Vorschriften aufzu­nehmen und Stein­flä­chen über zwei Quadrat­meter Größe zu unter­sagen.

Hier gab es Wider­stand vor allem aus der SPD. Das sei „zu kurz gedacht“, rügte Sebas­tian Riedel­bauch. Anstelle eines undif­fe­ren­zierten Verbots, „wo jeder fragt: was soll das?“, solle der Gemein­derat lieber eine Posi­tiv­vor­gabe aufstellen. Florian Spirkl fände, dass die Vorgaben in der neuen Bauord­nung die Frage schon ausrei­chend regeln würden.

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1 Kommentar

  1. Das Bauamt Ober­schleiß­heim und Teile des Gemein­de­rates von Grünen und FW wollen ein flächen­de­ckendes Verbot von Kies- und Schot­ter­gärten, da “dies eine Verar­mung der Natur darstellen würde und diese Flächen kein Nahrungs­an­gebot für jegliche andere Tiere böten.” Dies ist aus meiner Sicht blanker Unsinn.

    Zuerst einmal geht es um ein Flächen­ver­hältnis von den gekiesten Flächen zu dem Rest des Haus­gar­tens. Hierzu sollte eine Formel gefunden werden. Z. B. bis zu 20 % der zur Verfü­gung stehenden Gesamt-Garten­fläche.

    Dann sollte geprüft werden, wie viele Gärten in Ober­schleiß­heim voll­ständig aufge­kiest sind. Vermut­lich weit unter ein Promill. Also reiner Aktio­nismus.

    Es ist erwiesen, dass Stein- und Kies­flä­chen ein hohes Maß an ökolo­gi­scher Viel­falt aufweisen. Diese wert­vollen Stand­orte sind Ruderal­flä­chen. Sie kommen in der Natur durch Hang­rut­sche oder Kies­bänke entlang von Fluss­läufen vor oder werden von Menschen in Kies­gruben oder eben auch in Haus­gärten nach­ge­staltet. Sie bieten Lebens­raum für seltene Insekten, für Eidechsen, Spin­nen­tiere, speziell Ameisen. Sie werden gerne für ein Staubbad von Vögeln (Spatz, Rebhühner) genutzt.

    In unserem Haus­garten wurde vor einigen Jahren eine ca. 30 qm gekieste Fläche im Gemü­se­garten um die Hoch­beete ange­legt, um dem Wild­kräu­ter­wuchs vorzu­beugen. Das Ergebnis: unzäh­lige Zaun­ei­dechsen, die diese Fläche als Jagd- und Aufwärm­fläche nutzen. Man kann diesen seltenen und bedrohten Eidechsen zusehen, wie sie das reiche Nahrungs­an­gebot von Spinnen, Fliegen, Lauf­kä­fern, Ameisen auf dieser Schot­ter­fläche jagd­lich nutzen und erfolg­reich in die Repro­duk­tion ihrer Art umsetzen. Jähr­lich werden es mehr.

    Schotter- oder Kies­flä­chen auch in Haus­gärten gehören zur Viel­falt der Natur.

    Alex Riedel­bauch

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