SPD und FDP fordern nach dem Anlage-Verlust der Gemeinde „eine genaue Aufklärung der näheren Umstände durch die Rechtsaufsicht im Landratsamt und eine umfassende Finanzkontrolle durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband“. Für dieses „Finanzdesaster“, wie sie es in einer gemeinsamen Stellungnahme nennen, sei „eine juristische Aufarbeitung zwingend erforderlich“.
Bürgermeister Markus Böck (CSU) hatte zuvor in einer Erklärung versichert, „mit sämtlichen Geldern wurde und wird nach bestem Wissen und Gewissen umgegangen“. SPD und FDP verweisen hingegen darauf, dass es bei Privatbanken wie Greensill seit 2017 keinen Einlagenschutz mehr für Kommunen gegeben habe.
Insofern sei die Anlage höchst riskant gewesen. SPD/FDP zitieren sichere Informationen aus der Gemeindekämmerei, wonach Bürgermeister Kuchlbauer bei der Anlage 2019 darauf explizit hingewiesen worden sei. Offenbar hatte die Gemeinde 2017, damals war noch Robert Schuhbauer Kämmerer, bereits eine kleine Anlage bei der Bremer Bank.
Kuchlbauer ließ dennoch drei weitere in seiner Amtszeit frei werdende Anlagen zu Greensill umbuchen und Böck tat dies mit noch zwei weiteren. Auslöser war wahrscheinlich die Aussicht auf Zinsen bis zu einem halben Prozent, während bei Kreissparkasse und Münchner Bank, wo zuvor üblicherweise die Oberschleißheimer Rücklagen deponiert waren, die Verzinsung bei Null lag oder Strafzinsen drohten.
Der langjährige Gemeinderat Emil Köbele (CSU, später FW), im Berufsleben früher Anlageberater, hat in der schleissheimer-zeitung.de bereits darauf hingewiesen, dass Warnungen vor Anlagen bei Greensill schon 2019 publik waren.
Keine Streuung des Risikos
SPD und FDP bemängeln vorrangig, dass „eine Streuung von Risiken bei Geldanlagen, wie sie auch im kommunalen Bereich empfohlen wird, nicht stattfand“.
Der Gemeinderat habe von all diesen Vorgängen keinerlei Kenntnis besessen. Auch das war zwar in Oberschleißheim so Usus, aber spätestens 2017 hätte das geändert werden müssen, so SPD/FDP. Damals habe der Bayerische Kommunale Prüfungsverband, ein Finanzorgan der Kommunen, dringend empfohlen, Anlageentscheidungen „nachvollziehbar darzulegen und zu dokumentieren“, insbesondere auch, die Gremien damit zu befassen.
„Selbst wenn eine Anlageentscheidung im Einzelfall gegebenenfalls in die alleinige Zuständigkeit des Bürgermeisters fallen sollte, kann bei einer Anlage, die insgesamt fünf Millionen Euro umfasst, nicht mehr von unwesentlichen Entscheidungen gesprochen werden“, moniert SPD-Sprecher Florian Spirkl: „Auch die generelle Anlagestrategie ist eine wesentliche Entscheidung.“
Der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderats, dem Spirkl bis 2020 vorstand, habe sich nie mit der Geldanlage befasst, berichtet er auf Anfrage.
Der Verlust der fünf Millionen Euro war im Rathaus schon unmittelbar nach dem Insolvenzantrag bekannt, also Mitte März. Publik gemacht hat es die Gemeinde erst jetzt, vier Wochen später. (Die Positionen von Bürgermeister Böck zu den Fragen stehen in seiner Stellungnahme vom Vortag.)
“Der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderats, dem Spirkl (SPD) bis 2020 vorstand, habe sich nie mit der Geldanlage befasst, berichtet er auf Anfrage.”
Ich nehme an, dies hat auch die jetzige Vorsitzende, Frau Keller-Zenth, nicht gemacht. Das ist nach meinen Erfahrungen auch mit ein Problem, das beim Verlust zu beachten ist.
Wie ich bereits dargelegt habe, war ich von 1996 bis 2014 im Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde Oberschleißheim. Während dieser 18 Jahre war meine Aufgabe, aufgrund meiner Kenntnisse die Geldanlagen und die Kredite der Gemeinde zu überprüfen. Der Ausschuss hat nicht gewartet, bis ihm Unterlagen vorgelegt wurden, sondern hat auf Anforderung (“wir, der Rechnungsprüfungsausschuss wollen alle Unterlagen von den Geldanlagen”, die Summe war aus den Haushaltsstellen ersichtlich) von der Verwaltung die Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen.
Wie ich es aus den Berichten in der Schleißheimer Zeitung entnehme, hat der/die Vorsitzende mindestens in der Zeit von 2019 bis 2020 dies versäumt. Ansonsten wäre die fahrlässige Anlage schon früher aufgefallen.
Ich gebe Herrn Bachhuber Recht, “Ob man hier auf einen oder alle Steine werfen mag, ist Geschmackssache; ganz unschuldig ist in dem Debakel keiner”.