Rathaus bringt Bauträ­ger gegen sich auf

25.09.2018 | Rathaus | 2 Kommentare

Um die weitere Planung der anste­hen­den Neubau­ge­biete am Kreuza­cker und am Schä­fer­an­ger gibt es nun offe­nen Streit zwischen der Gemeinde und den Grund­ei­gen­tü­mern und ihren beauf­trag­ten Bauträ­gern. Das Rathaus hat jetzt einen eige­nen Planer bestellt, der die Baupläne gestal­ten soll. Die poten­ti­el­len Bauträ­ger fühlen sich nun „vor den Kopf gesto­ßen“, wie es in einer gemein­sa­men Stel­lung­nahme heißt, und drohen mit dem “endgül­ti­gen Aus für neue Wohnun­gen in Oberschleißheim“.
Die zwei Neubau­ge­biete hatte der Gemein­de­rat 2016 gestar­tet und außer der Verpflich­tung der Eigen­tü­mer auf die neue „soziale Boden­nut­zung“ keine Vorga­ben gemacht. Als die Bauherrn mit diesem Blan­ko­auf­trag ihre Baupläne vorleg­ten, fiel dem Gemein­de­rat auf, dass schon auch diverse plane­ri­sche Vorga­ben einzu­hal­ten gewe­sen wären.
Ende 2017 wurden dann Eckda­ten zu Baudichte, Gebäu­de­höhe und ande­ren Para­me­tern verab­schie­det, mit denen die ersten Pläne zur Maku­la­tur wurden. Die Bauträ­ger ließen neu planen, doch noch bevor diese ange­pass­ten Papiere in der Sitzung am Montag vorge­stellt werden soll­ten, stand auf der Tages­ord­nung ein Punkt davor ein neuer Antrag von SPD, FW und FDP, einen eige­nen Planer einzuschalten.
Die Bauträ­ger boykot­tier­ten darauf die Sitzung und reagier­ten mit einem drei­sei­ti­gen Schrei­ben, in dem sie „ein unver­ständ­li­ches Gegen­ein­an­der“ monie­ren. Im Bauaus­schuss des Gemein­de­ra­tes nannte die CSU die Zusam­men­stel­lung der Tages­ord­nung durch Bürger­meis­ter Chris­tian Kuch­l­bauer (FW) „unhöf­lich und unred­lich“, so Peter Lebmair. Man habe den Bauträ­gern damit „die Tür vor der Nase zuge­schla­gen“ und das sei in dem bereits fort­ge­schrit­te­nen Verfah­ren „ein No-go“.
SPD, FW und FDP begrün­de­ten ihren Antrag mit den im Planungs­fort­schritt aufge­tre­te­nen Defi­zi­ten. Unter ande­rem fehl­ten in den Einzel­pla­nun­gen weit­ge­hend ausrei­chend öffent­li­che Frei­flä­chen und abge­stimmte Verkehrs­er­schlie­ßun­gen. Zudem müss­ten mindes­tens Anpas­sungs­mög­lich­kei­ten für das Grund­stück zwischen den beiden Neubau­ge­bie­ten vorge­se­hen werden, das akut zwar nicht bebaut werden soll, aber in einer Gesamt­schau inte­griert werden müsse.
Mit den nach der Eckda­ten­vor­gabe nach­ge­bes­ser­ten Plänen, die zwar öffent­lich nicht mehr vorge­stellt wurden, aber dem Gemein­de­rat bekannt waren, „fühlen wir uns einfach nicht wohl“, sagte SPD-Spre­cher Florian Spirkl. Man erkenne kein Gesamt­kon­zept für die drei Grund­stü­cke, zudem sah er auch Vorga­ben der Eckwerte nicht rest­los erfüllt. „Wenn wir das in die eigene Hand nehmen, ist ein besse­res Konzept möglich“, erwar­tet er.
Stefan Vohbur­ger (FW) sagte, eine isolierte Planung für jede der drei Parzel­len in der inner­ört­li­chen Baulü­cke sei „das Schlech­teste, was uns passie­ren kann“. Jetzt eine eigene Planung vorzu­le­gen, werde zudem auch schnel­ler gehen, „als weiter mit den Inves­to­ren ihre Pläne zu disku­tie­ren“, versi­cherte er.
Peter Bent­hues (CSU) nannte den Vorstoß dage­hen „unmög­lich“, der Gemein­de­rat mache sich „in der Öffent­lich­keit lächer­lich“. Gaby Hohen­ber­ger (Grüne) hätte es als effek­ti­ve­ren Weg ange­se­hen, durch­aus weiter mit den Plänen der Bauträ­ger zu arbei­ten. Die Abwei­chun­gen von den Gemein­de­vor­ga­ben in den jetzt vorlie­gen­den Plänen hätte man einfor­dern können. Statt­des­sen aber eine eigene Planung für von ihr genann­ten 80.000 Euro Kosten vorzu­le­gen, sei „nicht unsere Aufgabe“.
In der Sache halten es die Bauträ­ger für völlig verfehlt, dass der Gemein­de­rat schon in seinem Eckda­ten­be­schluss eine verhält­nis­mä­ßig maßvolle Bebau­ung einge­for­dert hatte. „In Ober­schleiß­heim wird Grund und Boden anschei­nend immer noch als Ressource ange­se­hen, die man sorgen­los verschwen­den kann“, klagen sie. Der Eckda­ten­be­schluss verhin­dere nicht nur eine größere Zahl von Wohnun­gen, sondern führe auch dazu, „dass jene, die zum Verkauf ange­bo­ten werden, teurer werden“.
Mit 8:5 Stim­men setz­ten SPD, FW und FDP im Ausschuss gegen CSU und Grüne zunächst durch, die umstrit­tene Tages­ord­nung beizu­be­hal­ten und dann, einen eige­nen Planer zu beauf­tra­gen. Die Eckda­ten und die Pläne der Bauträ­ger sollen ausdrück­lich Grund­lage der Planung werden.

(mit einem Kommen­tar)

Beitrag teilen:

2 Kommentare

  1. Zur Vervoll­stän­di­gung der Bericht­erstat­tung haben die betrof­fe­nen Grund­stücks­ei­gen­tü­mer und Vorha­ben­trä­ger ihren offe­nen Brief an die Gemeinde auf http://www.anwalt44.de einge­stellt. Er kann damit von jeder­mann nach­ge­le­sen werden. Es befin­det sich dort auch eine Chro­no­lo­gie der letz­ten 2 Jahre, die die Untä­tig­keit der Gemeinde unter Bürger­meis­ter Kuch­l­bauer in Sachen Wohnungs­bau am Kreuza­cker aufzeigt.
    Herr Köbele ist mögli­cher­weise noch Partei­mit­glied der Freien Wähler (BM Kuch­l­bauer, GR Negele). Er sollte sich erst erkun­di­gen und die Pläne anse­hen, bevor er etwas schreibt.
    Es wurde bereits im Jahr 2014 vom Planungs­ver­band Äuße­rer Wirt­schafts­raum unter­sucht und fest­ge­stellt, dass die neuen Bauge­biete verkehrs­tech­nisch verträg­lich sind. Beide Grund­stü­cke erhal­ten nach den vorlie­gen­den Plänen groß­zü­gige Tief­ga­ra­gen. Auf beiden Grund­stü­cken entste­hen im Umfang von 30 % des neu entste­hen­den Baurechts Sozi­al­woh­nun­gen mit einer Miete von 9,90 €/m².
    Je mehr gebaut werden kann, desto mehr Sozi­al­woh­nun­gen entste­hen. So einfach ist das.
    Auf beiden Grund­stü­cken wurden öffent­li­che Durch­we­gun­gen, Grün­anal­gen und sinn­volle Anschlüsse an das Grund­stück Negele geplant. Mons­ter­bau­werke gibt es keine. Sämt­li­che Beschluss­vor­la­gen des Gemein­de­ra­tes wurden einge­hal­ten und auch die Bereit­schaft zu einer Infra­struk­tur­ab­gabe für ursäch­li­che Infra­struk­tur­fol­gen erklärt. Im Falle der Vorha­ben­trä­ge­rin Baywo­bau kommt noch der Glücks­fall für die Gemeinde hinzu, dass sich dieses Unter­neh­men lang­fris­tig vor Ort als Vermie­te­rin enga­giert. Mehr können die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer und Vorha­ben­trä­ger nicht machen und sie müssen sich auch nicht alles gefal­len lassen.
    Ich gehe ferner davon aus, dass alle Nach­barn bis auf Herrn Negele Verständ­nis dafür aufbrin­gen, dass neue Wohnun­gen für wohnungs­su­chende Menschen vor Ort entste­hen sollen. Das Problem der Wohnungs­not ist längst in der Bevöl­ke­rung ange­kom­men und die Bevöl­ke­rung ist auch nicht so rück­stän­dig, wie manche annehmen.
    Thomas Guldenkirch

    Antworten
  2. Gott sei Dank hat endlich der Gemein­de­rat das Heft des Handelns bei der Planung der Neubau­ge­biete am Kreuza­cker und am Schä­fer­an­ger über­nom­men. Ich bin der glei­chen Meinung wie Herr Bach­hu­ber in seinem Kommen­tar. Die Planungs­ho­heit hat die Gemeinde und sollte, wie die bishe­rige Entwick­lung zeigt, tunlichst vermei­den, Bauträ­gern und Eigen­tü­mern die Planung über­las­sen. Es ist doch klar, dass Bauträ­ger und Eigen­tü­mer nur ihre Inter­es­sen vertre­ten und aus den Bauvor­ha­ben möglichst viel Gewinn heraus­schla­gen wollen. Aus diesem Grund wurden ja Mons­ter­bau­werke geplant.
    Zur Fest­stel­lung der Bauträ­ger, dass der „Eckda­ten­be­schluss eine größere Anzahl von Wohnun­gen verhin­dere und damit die rest­li­chen Wohnun­gen teurer werden“, kann ich einen Satz aus dem Kommen­tar zum § 1 BauGB zitie­ren: „An der Planungs­be­fug­nis der Gemeinde fehlt es, wenn die Aufstel­lung eines Bebau­ungs­pla­nes nur deshalb erfolgt, um dem Eigen­tü­mer aus wirt­schaft­li­chen Grün­den den Verkauf von Baugrund­stü­cken zu ermöglichen.“
    Dreist halte ich die Aussage der Bauträ­ger von einer „Lex Negele“. Sie verges­sen wohl die umlie­gen­den Anwoh­ner der Bauge­biete, die Verschat­tun­gen und eine über­di­men­sio­nale Verkehrs­ent­wick­lung bei gleich­blei­ben­der Verkehrs­er­schlie­ßung in Kauf nehmen müssen. Ich hoffe, die Bewoh­ner von Ertl­bau­sied­lung und Moos­weg wehren sich gegen mögli­che Monsterbauwerke.
    Im übri­gen war sich der Gemein­de­rat vor über 10 Jahren einig (da war ich auch dabei), dass nur eine Gesamt­über­pla­nung in Frage kommt. Als Höhen­maß­stab sollte die Ertl­bau­sied­lung und das Anwe­sen Negele dienen. Während meiner ganzen Gemein­de­rats­zeit konnte ich nicht fest­stel­len, dass Herr Negele seine eige­nen Inter­es­sen verfolgt hat. Er hat sich immer für die Bürger und Bürge­rin­nen einge­setzt. So war und ist ihm wich­tig, dass keine Mons­ter­bau­ten erstellt werden und die Ertl­bau- und Moos­weg­sied­lung nicht im Verkehr ersticken.
    Mich wundert auch, dass die Grünen, die immer für eine Verkehrs­re­du­zie­rung plädie­ren, eine derar­tige Baudichte zulas­sen wollen, die nur Verkehr anzieht. Auch die Park­si­tua­tion wird sich dras­tisch verschlim­mern. In den Planun­gen wurde bisher nicht berück­sich­tigt, dass den Wohn­quar­tie­ren nicht nur ein Auto zuge­rech­net werden muss. Wo stehen sie dann? Natür­lich auf öffent­li­chem Straßengrund.
    Mich wundert auch, dass die Gemeinde keine Infra­struk­tur­ab­gabe erhebt. Beim Bauge­biet „Hirsch­pl­a­n­al­lee“ wurde den Eigen­tü­mern fast 40 % als Infra­struk­tur­ab­gabe abver­langt. Die Grund­stü­cke wurden von der Gemeinde zu einem Preis von 20 % des Verkehrs­wer­tes erwor­ben. Warum nicht beim Kreuza­cker und Schä­fer­an­ger? Diese Grund­stü­cke könn­ten dann für Wohnun­gen mit Mieten unter 10 Euro verwen­det werden. Warum spricht sich die CSU nicht dafür aus, nach­dem Minis­ter­prä­si­dent Söder die Kommu­nen zum Erwerb von güns­ti­gen Grund­stü­cken auffordert?
    Ich habe bisher noch nichts gele­sen über einen Vermerk im Bebau­ungs­plan, dass zwischen Kreuza­cker und Schä­fer­an­ger ein land­wirt­schaft­li­cher Betrieb ange­sie­delt ist. Oder muss Herr Negele seine Hühner besei­ti­gen, wenn es den neuen Bewoh­nern vom Kreuza­cker und Schä­fer­an­ger nicht gefällt?

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert