Vorschlag des Bürgermeisters zur Anhebung auf 350 Prozentpunkte mit 15:8 Stimmen abgelehnt
Dass Steuererhöhungen eine heikle Sache sind, weiß jeder Bürgermeister. Dennoch hat 1. Bürgermeister Markus Böck in der Beschlussvorlage zur Gemeinderatssitzung am 19.11.24 für eine Anhebung der Grundsteuersätze A und B von 310 Prozentpunkten auf 350 Prozentpunkte geworben.
In seinem Eingangsplädoyer verwies Böck darauf, dass die Einnahmequellen der Gemeinde komplett ausgeschöpft seien und die Ausgaben aber kontinuierlich stiegen. Auch der Kreishaushalt mache ihm Sorgen, denn dort klaffe ein Loch von aktuell gut 50 Millionen, was eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage zur Folge hätte.
Die allgemeinen Preissteigerungen bei Pflichtaufgaben der Gemeinde wie Sanierungen von gemeindeeigenen Liegenschaften und Straßenbau schlügen zu Buche und schränkten den Handlungsspielraum massiv ein. Die Auswirkungen einer Erhöhung um 40 Prozentpunkte wäre für die Bürger durchaus überschaubar, die Steigerung sei adäquat zu den aktuellen Preissteigerungen berechnet. “Jetzt wäre die Möglichkeit, mit erhöhten Einnahmen für den Haushalt 2025 Sicherheit zu bekommen”, appellierte der Bürgermeister an die Gemeinderäte.
“Keine gute Vorgehensweise zum aktuellen Zeitpunkt”, nannte der Fraktionssprecher der Grünen, Dr. Fritz-Gerrit Kropp, den Erhöhungsvorschlag. Selbst der bayerische Finanzminister Albert Füracker mahne, die Grundsteuersatznovelle in den Gemeinden kostenneutral zu halten. “Solange nicht klar ist, welche Auswirkungen die Grundsteuerreform auf die einzelnen Bürger hat und in der Kämmerei noch kein endgültigen Zahlen vorliegen, und wir nicht wissen, ob wir tatsächlich einen Einnahmerückgang verzeichnen müssen, soll möglichst keine Erhöhung stattfinden”, sagte Kropp. Eine Erhöhung der gemeindlichen Steuerhebesätze sei im Bedarfsfall jedes Jahr möglich, auch rückwirkend zum Jahresanfang.
Ebenfalls “nicht in die Glaskugel schauen” wollte der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Stefan Vohburger: “Lassen Sie uns die endgültigen Zahlen nochmal am Jahresende anschauen, denn aktuell wissen wir nicht, was am Ende herauskommt”, sagte er. “Eine Steuererhöhung ist mit uns Freien Wählern nicht zu machen!”
Die Fraktion der CSU hatte in der Sitzungsvorbereitung ebenfalls erheblichen Diskussionsbedarf, mit durchaus kontroversen Meinungen, wie Fraktionssprecherin Stefanie Haselbeck sagte. Dennoch kam man zu einem Konsens, der dem Erhöhungsvorschlag des Bürgermeisters folgte: “Der Zeitpunkt für eine Erhöhung ist egal. Man muss auf die aktuelle finanzielle Situation der Gemeinde Oberschleißheim schauen und darf sich nicht mit anderen Kommunen vergleichen”, sagte sie. Die Fraktion sehe die Erhöhung zur Deckung etwaiger Einbußen bezüglich der neuen Grundsteuer als vertretbar. Falls dadurch leichte Mehreinnahmen entstünden, dürfte der Haushalt gerade bezüglich freiwilliger sozialer Leistungen etwas gesicherter sein. “Bei einer Besserung der finanziellen Situation kann man ja den Hebesatz wieder senken”, fügte sie an.
Für die FDP verteidigte 3. Bürgermeister Dr.-Ing. Casimir Katz wortreich den Erhöhungsvorschlag auf 350 Prozentpunkte: “Die Grundsteuer ist über die Jahre hinweg nie an die Inflation angepasst worden und ist daher effektiv deutlich zu niedrig! Die Aufgabe der Politik, besteht nicht darin, Wahlgeschenke zu verteilen, sondern eine funktionierende Gemeinschaft sicher zu stellen”, warb Katz. Der durchschnittliche Hebesatz in Bayern würde im Bezugsjahr 2022 mit 352% angegeben und einige Nachbargemeinden hätten bereits deutliche Anhebungen vorgenommen.
Erich Elsner von der SPD tendierte dazu, die errechneten Werte des Statistischen Bundesamtes ernster zu nehmen. Bislang seien die Aussagen und Berechnungen immer solide und fast punktgenau gewesen und diese prognostizierten keinen Einnahmerückgang in den Kommunen.
Auch der letzte Appell von Grünen-Gemeinderätin Helga Keller-Zenth, dass im Erhöhungsfall die “starken Schultern mehr trügen als die schwachen”, brachte dennoch keine Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag zur Erhöhung der Grundsteuerhebesätze A und B auf 350 Prozentpunkte, so dass dieser mit 15: 8 Stimmen abgelehnt wurde. Für die Erhöhung hatte sich die CSU Fraktion plus Bürgermeister (5 Stimmen), die FDP- Fraktion (2 Stimmen) und eine Grünen-Stimme ausgesprochen. Ingrid Lindbüchl
… wenn es mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln immer enger wird, sollte man durchaus darüber nachdenken die beiden Gemeinden Ober- und Unterschleißheim zusammenzuführen. Dabei kann man sehr viel Geld einsparen (z. B. doppelte Verwaltung…) und nach der Zusammenführung gibt es EINE gesunde Gemeinde. Das ist doch ein schönes Ziel.
In der Diskussion vermisse ich den Hinweis, dass die Grundstuer i.d.R. auf Wohnungsmieten umgelegt werden kann und wird. Insofern betrifft eine Erhöhung nicht nur die vermeintlich “starken Schultern” (womit wohl Immobilienbesitzer gemeint waren), sondern auch die nicht unerhebliche Zahl von Mietern in der Gemeinde.
Sehr geehrter Herr Mole
für den interkommunalen Radweg sind bislang und auch im kommenden Jahr keine Mittel ausgegeben worden. Die Planung des Straßentunnels wird vom Freistaat Bayern bezahlt.
Was wir im Ort aber bezahlen müssen sind Straßenunterhalt, Straßenreinigung und Straßenbeleuchtung. Das Aufkommen aus der Grundsteuer deckt diese Kosten nur knapp und lässt keinerlei Spielräume für Investitionen wie z.B. den behindertengerechten Ausbau der Bushaltestellen. Wenn Sie die freiwilligen Leistungen wie die Unterstützung von Vereinen, das Schwimmbad und das Volksfest als “Spaßausgabe” streichen wollen, ist das Ihre Meinung aber nicht die des Gemeinderats.
Bei der Grundsteuer wird angestrebt, aufkommensneutral zu sein. Das kann man heute aber noch nicht abschließend bewerten. Die Prognosen streuen und dann kann man sich auf den Mittelwert oder die obere oder untere Abschätzung einlassen. Klar ist jedoch, dass kleinere Wohnungen und größere Gewerbeimmobilien überwiegend bis zu 30% entlastet werden, wohingegen die größeren Eigenheime eher mit 60% belastet werden. Das macht im Jahr ca. 100 € mehr aus, und wenn hier der Anstieg mit dem Hebesatz 350% sich auf 130 € erhöht hätte, erscheint mir das Wort “schröpfen” etwas überzogen, zumal die Wasser- und Abwassergebühren nicht angehoben wurden.
Meine aktuellen umfangreichen statistischen Studien ergaben insgesamt eher ein Absinken der Steuereinnahmen um etwa 10%. Die älteren Werte des statistischen Landesamts ergaben hingegen eine Steigerung von 10%. Vorsicht beim Haushalt wäre jetzt nicht “abgehoben”, sondern eine Frage der Sicherheit gewesen.
Alle Gemeinderäte fühlen sich dem Wohle aller Bürger in der Gemeinde verpflichtet. Darauf dürfen sich die Bürger verlassen. Wir sind jederzeit bereit, unsere Beweggründe zu erläutern. Am einfachsten wäre es, wenn die Bürger bei den Sitzungen des Gemeinderats oder bei der Bürgerversammlung auch anwesend wären.
Aha, es sollen Steuern erhöht werden, weil ja mal wieder kein Geld da ist.
Ein kurzer Blick auf die Gemeindeseite zeigt z.B. Gelder die in der Parksiedlung “zur Verschönerung” verschenkt werden, einen größeren Straßenneubau für einen “interkommunalen Radweg” und die Planung eines umfangreichen Straßentunnels. Nichts davon wirklich notwendig und ersatzlos streichbar, neben diversen anderen “Spaßausgaben”. Fürs fröhliche Geldrauswerfen ist eben die falsche Zeit. Aber anstatt zu sparen, wie der Bürger es seit Jahren tun muss, will man die Allgemeinheit noch weiter schröpfen. Da fragt man sich, wie abgehoben manch einer der Besserverdiener im Rathaus eigentlich ist.
Sehr geehrter Herr Mole,
ich fühle mich zwar von Ihrem letzten Satz in keiner Weise angesprochen, muss aber dennoch die eine oder andere Unwahrheit richtig stellen.
Zuerst gebe ich Ihnen absolut Recht, dass für fröhliches Geldrauswerfen nicht die richtige Zeit ist.
Daher kann ich Ihnen versichern, dass sowohl der Gemeinderat als auch ich sehr genau darauf achten, welche Ausgaben und Investitionen getätigt werden und welche nicht!
Nun zu Ihren Vorhaltungen:
Welche Gelder in der Parksiedlung “verschenkt” werden, würde mich stark interessieren.
Wie von Hr. Dr. Katz beschrieben, wurden für den Radweg keinerlei Gelder ausgegeben.
Die Unterführung wurde aufgrund eines positiven Bürgerentscheides meinerseits vorangetrieben. Hier werden sämtliche Kosten richtigerweise vom Freistaat getragen. In unserem Haushalt müssen diese Kosten jedoch als Ausgabe angeführt werden, da wir sonst die notwendigen Leistungen nicht beauftragen können. Diese stehen aber 1:1 den Einnahmen gegenüber und haben somit keine finanzielle Auswirkungen für uns als Gemeinde.
Es gibt Pessimisten, Optimisten und Realisten. Ich würde für mich die Beschreibung eines Realisten in Anspruch nehmen wollen. Und in dieser Eigenschaft sehe ich, dass wir für jede Anschaffung und Investition mehr Geld in die Hand müssen als noch vor wenigen Jahren. Steigende Kosten in allen Bereichen, steigende Kreisumlage und vieles mehr schnüren unser eh schon sehr enges finanzielles Korsett noch enger, so dass wir bald Probleme bekommen, atmen zu können. Und wer die Presse verfolgt, weiß, dass dies in den nächsten Jahren nicht besser wird!
Wir als Kommune sind eine Selbstverwaltung und müssen schauen, dass wir Ausgaben und Einnahmen selbst “erwirtschaften”. Und wie überall anders auch ist es so, dass man bei steigenden Ausgaben die Preise erhöhen muss, um nachhaltig wirtschaften zu können.
Daher wäre eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes (hinter der ich noch immer voll und ganz stehe) in keinem Fall “abgehoben”, sondern schlicht und einfach realistisch.
Markus Böck, Erster Bürgermeister