Gewer­be­ge­biet zurück auf Start

16.10.2019 | Rathaus | 2 Kommentare

2017 hatte der Gemein­derat ein neues Gewer­be­ge­biet südlich der Dach­auer Straße beschlossen; 2018 sondierte BMW eine Ansied­lung nord­west­lich von Mitten­heim, die das Rathaus wohl auch akzep­tiert hätte. Jetzt gilt plötz­lich beides nicht mehr und die Gemeinde sucht einen Standort, ausdrück­lich „ergeb­nis­offen“, wie es bei einer Bürger­infor­ma­tion dazu am Dienstag ausdrück­lich hieß.

Gesucht wird ein poten­ti­elles Gewer­be­ge­biet von 15 bis 20 Hektar Fläche. Das Büro „db stadt­plan“ hat für die Gemeinde unter­sucht, wo sich in Ober­schleiß­heim über­haupt ein derar­tiges Areal erschließen ließe; gerade drei Stand­orte wurden gefunden: das 2017 bereits beschlos­sene Gewer­be­ge­biet südlich der Dach­auer Straße auf Höhe der Ertl­sied­lung (auf der Grafik der Gemeinde Fläche C), die von BMW anvo­sierten Grün­flä­chen an der Orts­grenze zu Unter­schleiß­heim (Fläche A) und an der Sonnen­straße, südlich anschlie­ßend an den Uni-Campus (Fläche E), was auch 2017 schon in der Diskus­sion war.

Ange­sie­delt werden solle in dem Gewer­be­ge­biet dann gezielt ein Mix aus Produk­tion, Forschung, Entwick­lung und Büros. Chris­tian Böhm von “db” attes­tierte derzeit „eine starke Nach­frage nach Tech­no­lo­gie­stand­orten“. Insbe­son­dere im Kontext der Univer­sität am Ort will die Gemeinde auch Start-Up-Unter­nehmen Raum bieten. Inte­griert werden sollen auch Versor­gungs­mög­lich­keiten und nötige Infra­struktur wie eine Kinder­ta­ges­stätte oder Mobi­li­täts­kon­zepte.

Bei einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung am Dienstag im Bürger­zen­trum vor etwa 80 Besu­chern wurde die Studie vorge­stellt. Zu den unter­schied­li­chen Aspekten gab es dann Arbeits­gruppen, in denen Anre­gungen disku­tiert wurden. Man wolle „die Bürger mitnehmen“, sagte Bürger­meister Chris­tian Kuch­l­bauer, nachdem er die Gewer­be­pläne bei Mitten­heim zuvor über Monate im Rathaus nicht­öf­fent­lich disku­tieren ließ und die Bürger damit ausschloss.

„Den nächsten Bürger­ent­scheid wollen wir nicht“, sagte Kuch­l­bauer. Ein Bürger­ent­scheid hatte 2013 die Pläne verhin­dert, west­lich der Ertl­sied­lung an der A92 ein Gewer­be­ge­biet zu erschließen. Dieser Standort (Fläche B) ist von der aktu­ellen Studie ebenso wie sein Pendant südlich der B471 (Fläche D) nicht als geeignet empfohlen worden. Das gesetz­liche Anbin­de­gebot, wonach Gewer­be­ge­biete nur an bestehende Besied­lung anknüpfen, aber nicht auf freier Flur erschlossen werden dürfen, sei „ein starkes Argu­ment, das man schon ernst nehmen sollte“, sagte Planer Böhm.

Die Studie bewertet alle drei Stand­orte als geeignet, eine Reihung aber gebe es ausdrück­lich nicht: „Jede Fläche hat große Vor- aber auch Nach­teile“, sagte Böhm, „mit denen man sich jeweils intensiv ausein­an­der­setzen muss“. Ein großer Nach­teil der Flächen an Dach­auer und Sonnen­straße ist, dass beide im Land­schafts­schutz­ge­biet liegen. Das ist keine unüber­wind­liche Hürde, aber eine Ausglie­de­rung aus den Schutz­vor­schriften bedarf immerhin einer Begrün­dung.

Laut der Studie wäre ein zentraler Punkt der Begrün­dung nun, dass es keine Alter­na­tiven gibt. Alle poten­ti­ellen Flächen östlich des Ortes und west­lich der Auto­bahn A92 hat die Studie kate­go­risch ausge­schlossen – eben wegen des Land­schafts­schutzes, der hier „eindeutig im Vorder­grund stehen sollte“, wie Böhm sagte.

„Ein Kompro­miss muss her“, sagte Kuch­l­bauer, denn trotz aller Ansprüche an die Land­schaft müsse der Ort mehr Gewer­be­steuer gene­rieren: „Ober­schleiß­heim kann nicht davon leben, für die anderen Kommunen die Lebens­qua­lität und den Frei­raum zur Verfü­gung zu stellen.“

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2 Kommentare

  1. Bürger­meister Kuch­l­bauer defi­niert den Begriff „Bürger­dialog“ neu. Als Gast der sog. Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung mit Bürger­dialog „Gewer­be­stand­orte“ fragte ich mich während des Abends häufig, worum es Kuch­l­bauer wirk­lich geht und warum bestehende Fakten von ihm nicht erwähnt werden.

    Nach einem einfüh­renden Monolog des Bürger­meis­ters und einem Impuls­re­ferat eines Vertre­ters des Planungs­büros wurde das weitere Proce­dere zum Ablauf erläu­tert. Die Möglich­keit, inhalt­liche Rück­fragen im Plenum zu stellen, wurde nicht offe­riert: Dialog — land­läufig als Rede und Gegen­rede bekannt — Fehl­an­zeige. Bei der Vorstel­lung der Ergeb­nisse in der gemein­samen Abschluss­runde lautete das Motto erneut „Dialog — Fehl­an­zeige“. Nur auf eigene Initia­tive hin kam man über­haupt zu Wort, um dann zu hören, dass keine Zeit dafür sei, die gestellten Fragen zu beant­worten. Gnädi­ger­weise ging der Bürger­meister zumin­dest auf eine kurz ein, ohne wirk­lich konkret zu werden. Wer kein Inter­esse an einem inhalt­li­chen, auf soliden Argu­menten fußenden Austausch hegt, sollte zukünftig lieber Abstand von der Einbe­ru­fung von Bürger­dia­logen nehmen und sie als Wahl­kampf­ver­an­stal­tung titu­lieren.

    Doch was ist das eigent­liche Problem im Kontext der Gewer­be­an­sied­lung? Bürger­meister Kuch­l­bauer hat in den letzten Jahren schlichtweg versäumt, den Beschluss des Gemein­de­rates vom 14.02.2017 („Auswei­sung eines neuen Gewer­be­ge­bietes“) mit Nach­druck umzu­setzen. Dem Gemein­derat wurde bereits am 25.10.2016 eine ausführ­liche „Mach­bar­keits­studie Gewer­be­ge­biets­ent­wick­lung“ des renom­mierten Planungs­büros Dragomir vorge­stellt, in der alle Stand­orte mit Vor- und Nach­teilen darge­legt werden. Neu am 15.10.2019 war ledig­lich die Fläche A im Norden Ober­schleiß­heims, die sich an der Gemar­kungs­grenze zu Unter­schleiß­heim befindet und im Zuge einer mögli­chen BMW-Ansied­lung in aller Munde war.
    Der gefasste Beschluss aus dem Jahr 2017 (siehe oben) legt fest: „Der Bürger­meister verhan­delt über die Größe des Gewer­be­ge­bietes, gewünscht ist eine Fläche mit mehr als 10 ha.“ Eine klare Mehr­heit im Gemein­derat entschied sich für die Fläche 7a direkt südlich der B471, west­lich im Anschluss an die Tier­ärzt­liche Fakultät. Probleme mit dem sog. Anbin­dungs­gebot bestehen hier übri­gens defi­nitiv nicht.
    Was ist also in den mehr als zwei­ein­halb Jahren seit dem Beschluss passiert? Eines steht fest: Egal, ob oder wie oft Kuch­l­bauer mit dem Frei­staat über die Fläche verhan­delt hat, erreicht hat er nichts. Bester Beleg dafür ist seine eigene Veran­stal­tung am 15.10., bei der der geltende Beschluss nicht ein einziges Mal erwähnt und der Prozess im Vorfeld als „ergeb­nis­offen“ ange­kün­digt wurde. So viel Chuzpe muss man erstmal haben.

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  2. Anhand der Karten und Daten, die in der Veran­stal­tung vorge­stellt wurden, hat sich einmal mehr gezeigt, dass der Standort B optimal ist: Die Schallim­mis­sion zu den Wohn­ge­bieten und die Einbußen beim Land­schafts- und Natur­schutz sind hier am geringsten einge­stuft. Zusammen mit der aktuell tatsäch­lich in Planung befind­li­chen Orts­um­ge­hung wäre auch die Erschlie­ßung perfekt. Dass diese Fläche “ausdrück­lich ausge­schlossen” wurde, hat nichts mit dem Anbin­de­gebot zu tun, sondern ist ausschließ­lich poli­tisch moti­viert.
    In der Veran­stal­tung wurde ausge­führt, dass es sich bei der ange­strebten “Klientel” eher um “leichtes, produ­zie­rendes Gewerbe” handelt, da die Nach­frage nach Büro­flä­chen durch das Unter­schleiß­heimer Kory­feum schon gut bedient sei. So eine Nutzung hat in der direkten Nach­bar­schaft von Wohn­be­bauung nichts zu suchen!

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