Das neue Gewerbegebiet südlich der Dachauer Straße (Bild ob.) soll sich an „Ankerpunkten“ des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und des Uni-Campus der Tierärztlichen Fakultät ausrichten. Auf etwa 15 Hektar Fläche am westlichen Ortsrand soll der „One Health & Technology Campus“ entwickelt werden.
Der Gemeinderat hat die „asto business group“ mit Sitz in Gilching mit dem Aufbau, der Vermarktung und dem Management des künftigen Gewerbegebiets betraut. Der Projektentwickler hat bereits in mehreren Regionen auch im Großraum München ähnliche Cluster aufgebaut, so das Biotechnologiezentrum in Martinsried oder den „asto park“ auf dem einstigen Areal des Flugzeugbauers Fairchild-Dornier in Oberpfaffenhofen.
„asto“ verspricht die Ansiedlung handverlesener Betriebe. Der Campus soll von der Gesellschaft nicht nur aufgebaut, sondern auch betreut werden. „Wir decken die ganze Nahrungskette ab“, sagte Bernd Schulte-Middelich, einer der beiden Gründer und Inhaber, „vom Grundstückskauf bis zum Management.“
Basis sei „ein breiter mittelständischer Mix“. Die Unternehmen für den „One Health & Technology Campus“ sollen sich allesamt mit Gesundheit von Mensch und Tier, Medizin- und Arzneimitteltechnik, Lebensmittelsicherheit und Umweltaspekten beschäftigen.
Auch studentisches Wohnen soll in dem Gewerbepark realisiert werden, ebenso wie die nötige Nahversorgung mit Gastronomie oder Kinderbetreuung. Versorgt werden soll der Campus autark über ein Blockheizkraftwerk, die Betreiber wollen sich sogar über mögliche Geothermie-Nutzung informieren.
Für den Ort soll das Areal offen und zugänglich sein und mit seinen gestalterischen Aspekten, seinen Freiräumen und seiner Gastronomie sogar einen attraktiven Mehrwert bieten.
Bürgermeister Markus Böck nannte “asto” bei der Vorstellung im Gemeinderat einen „hervorragenden Partner“. Das Konzept sei „für unsere Gewerbeentwicklung wie zugeschnitten“.
Das Rathaus hatte einen Katalog an kommunalen Zielen vorgelegt, der mit der Gewerbeentwicklung erreicht werden solle. Der reichte von ansprechender Architektur, Maßstäblichkeit und der Berücksichtigung der Schleißheimer Spezialitäten wie Schloss und Flugwerft über ausreichende Nahversorgung und Infrastruktur bis hin zu Anforderungen an moderne Mobilität unter „Minimierung des Kfz-Verkehrs“.
Gefordert waren insbesondere „nachhaltig positive Auswirkungen für Oberschleißheim“ wie Zukunftsfähigkeit des angesiedelten Gewerbes, Krisenunanfälligkeit und eine enge Bindung an den Ort.
Der Projektentwickler verspricht einen „ganzheitlichen Ansatz“ mit „Nachhaltigkeit auf allen Ebenen“. Von der Erschließung über die Architektur, von der Mobilität bis zum Management werde „der Mensch im Mittelpunkt“ stehen, heißt es im Konzeptpapier.
So solle ein Gewerbegebiet mit ansehnlicher Gestaltung, hoher Aufenthaltsqualität und modernen Mobilitäts- und energetischen Ansätzen entwickelt werden. Der Campus verspricht einen Austausch und Begegnungen innerhalb der verwandten Branchen plus kurze Wege zu den nahen wissenschaftlichen Einrichtungen.
Mit 17:6 Stimmen bestellten CSU, vier FW-Räte, SPD und FDP gegen die Stimmen der Grünen und von Hans Negele (FW) „asto“ zum Projektentwickler. Negele befürchtete, dass die direkte Nachbarschaft zum Lehr- und Versuchsgut der Uni, einem groß angelegten landwirtschaftlichen Betrieb, Probleme bereiten könnte, was “asto” verneinte. Die Grünen lehnen das Gewerbegebiet an der Stelle grundsätzlich ab.
Warum die Fraktion der Grünen im Gemeinderat Oberschleißheim das Gewerbegebiet südlich der B471 nicht befürwortet:
Die Gemeinde Oberschleißheim plant ein 15 ha großes, neues Gewerbegebiet südlich der B471 zwischen dem Lehr- und Versuchsgut der LMU und der Autobahn A92. Die Grundstücke gehören der IMBY (Immobiliengesellschaft des Freistaats Bayern) und würden an einen privaten Investor veräußert werden. Dieser soll das Gebiet entwickeln und anschließend kann er eventuell einzelne Grundstücke weiterveräußern bzw. im Bestand halten.
Die Fläche liegt im Landschaftsschutzgebiet und muss hierzu erst durch Beschluss des Kreistages herausgenommen werden.
Das Gelände grenzt nördlich an den denkmalgeschützten Schleißheimer Schlosskanal, in unmittelbarer Nähe liegt das Wohngebiet Ertlbau-Siedlung. Es kann nur über die B471 mit Hilfe von Brückenkonstruktionen über den Kanal erreicht werden, in Zukunft eventuell noch durch die Verlängerung einer geplanten Umgehungsstraße.
Es wird voraussichtlich zu einer massiven Mehrbelastung durch Individualverkehr über die B471 kommen, da das Gelände nur so zu erreichen ist. Eine vernünftige Erschließung durch den ÖPNV ist an dieser Stelle so gut wie unmöglich. Wegen der unmittelbaren Nähe zur Autobahn ist dieses Gebiet laut Gutachten prädestiniert für Logistik– und Transportunternehmen.
Als Nebenaspekt wird durch die jetzige Planung die dringend notwendige Erweiterung des Lehr- und Versuchsgutes nach Westen, entgegen dem Sinne des Tierwohls, komplett verbaut. Eine Weidehaltung für die Rinder wird dann dort nicht mehr möglich sein, die Tiere müssten sich dann mit Laufställen im Freien begnügen.
In Zeiten von prognostizierter Wirtschaftsflaute, Corona-Pandemie und zunehmender Homeoffice-Regelungen ist die Ausweisung neuer Gewerbegebiete ohnehin grundsätzlich in Frage zu stellen. Auf dem in Unterschleißheim im Bau befindlichen Koryfeum herrscht zur Zeit eine gut sichtbare Bauverzögerung, im Business-Campus gibt es erhebliche Leerstände. Der Bedarf an Büroflächen wird sich in Zukunft durch den neuen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice vermutlich deutlich verändern.
Es besteht die Gefahr, dass es zu Fehlplanungen mit der Folge von Leerständen kommt, so wie es seinerzeit auch schon in der Sonnenstraße geschehen ist. Auch hier blieben die langersehnten Bürogebäude aus, statt dessen finden sich dort Logistikunternehmen. Die Installation von weiteren Supermärkten am Ortsrand haben den Innenraum veröden lassen.
Wir, die Fraktion der Grünen, haben im Gemeinderat gegen den Standort des geplanten Gewerbegebietes gestimmt, weil wir den Standort für nicht geeignet halten. Dementsprechend haben wir natürlich konsequenterweise auch gegen den Investor gestimmt.
Natürlich haben die Investoren ein attraktives, ökologisches Gewerbegebiet in den schönsten Farben vorgestellt. Wir haben es aber schon des öfteren erlebt, wie schnell die schönen Kartenhäuser, die uns potentielle Investoren erbaut haben, in sich zusammengefallen sind. Dafür ist unser Landschaftsschutzgebiet einfach zu schade.
Wir Grünen haben früher schon gefordert, wenn schon ein solches Gewerbegebiet geplant würde, dann südlich der LMU mit gleichzeitigem Anschluss an eine zweite S‑Bahn-Haltestelle.
Bis ein neues Gewerbegebiet die so dringend benötigte Gewerbesteuer abwirft, werden aber sicher noch 5–7 Jahre vergehen, so lange müsste die Gemeinde in Vorleistung gehen.
Deswegen sind wir der Meinung, dass zunächst das Gewerbegebiet an der Mittenheimer Straße und der Bruckmannring besser gestaltet und überplant werden müssten, hier besteht noch erhebliches Entwicklungspotential, bevor man Gebiete aus dem Landschaftsschutzgebiet herausnimmt.
Für die Fraktion der Grünen
Dr. Fritz-Gerrit Kropp / Fraktionssprecher