Aus dem Bau- und Werk­sau­schuss:

07.03.2023 | Rathaus | 0 Kommentare

Zank­apfel Birke

Eine zur Fällung bean­tragte Birke in der Hasels­ber­ger­straße war vergan­gene Woche am Montag Abend, Streit­punkt im Bau und Werk­aus­schuss des Gemein­de­rates Ober­schleiß­heim. Die direkt am Michaeli­ang­er­graben (auch Kirchen­bacherl genannt) verwur­zelte ca. 17,50 Meter hohe Birke, mit einem Stamm­um­fang von 1,88 Metern, soll wegen der anste­henden Baumaß­nahme auf dem bereits zweimal über­planten Grund­stück an der Hasels­ber­ger­straße prophy­lak­tisch gefällt werden.

Diese stehe, so in der Beschluss­vor­lage des Bauamts begründet, nur 2,50 Meter von der neu geplanten Gebäu­de­kante entfernt.

Beim Eintreiben von mehreren den Bach­lauf schüt­zenden Spund­wänden ins Erdreich, würde zu viel des Wurzel­raumes der flach wurzelnden Birke wegge­nommen werden, so dass das Über­leben des Baumes als gering einge­schätzt wird. Diese Aussage stütze sich “auf die Inau­gen­schein­nahme der Birke von vier gemeind­li­chen Spezia­listen”, wie Bauamts­mit­ar­beiter Sebas­tian Machl erklärte. Zudem sei durch den Eingriff die Stand­si­cher­heit gefährdet. „Wer haftet, wenn der Baum auf das Gebäude fällt?“, fragte Bauamts­lei­terin Chris­tiane Kmoch in die Runde.

Einen altge­wach­senen, orts­bild­prä­genden Baum, präventiv zu fällen, wollte die Frak­tion der Grünen nicht erlauben. Ihr Frak­ti­ons­spre­cher, Dr. Fritz-Gerrit Kropp forderte, die Birke stehen zu lassen, bis sich tatsäch­lich bewahr­heite, dass sie irrepa­ra­blen Schaden genommen hätte – “dann könne sie immer noch gefällt werden”. „In Wirk­lich­keit sind es mehr als 4,50 Meter Abstand zum geplanten Gebäude“, berich­tigte Dr. Fritz Kropp, „im Bebau­ungs­plan Nr. 47 ‘Eigen­heim­straße’, von 2001, ist der als erhal­tens­wert einge­stufte Baum falsch einge­zeichnet und dieser Fehler wurde nie korri­giert.” Der Frak­ti­ons­spre­cher weiter: “In unmit­tel­barer Nach­bar­schaft wurden auch Spund­wände in ähnli­cher Nähe zum Kirch­bacherl einge­setzt. Hier wachsen mehrere Nadel­bäume (über­wie­gend Flach­wurzler), die alle erhalten wurden und sehr viel näher an der Spund­wand stehen als die Birke”.

Florian Spirkl, Frak­ti­ons­spre­cher der SPD, argu­men­tierte, dass die Äste der Birke viel zu sehr in das neue Gebäude hinein­ragten und mahnte: “So kann man doch nicht bauen!”

Als Ersatz­pflan­zungen plant der Bauherr eine Robinie, einen Kirsch- und einen Apfel­baum. Daran störte sich Stefan Vohburger, Frak­ti­ons­spre­cher der Freien Wähler und kriti­sierte, dass in jüngster Zeit vornehm­lich Obst­bäume als Ersatz­pflan­zungen vorge­schlagen würden. “Obst­bäume fallen nicht unter die Baum­schutz­ver­ord­nung und diese macht dann irgend­wann keinen Sinn mehr.” sagte er.

Mit den Gegen­stimmen der Grünen folgten die übrigen Bauaus­schuss­mit­glieder dem Verwal­tungs­vor­schlag und stimmten mit dem Bauan­trag der Fällung der Birke zu.

Diese alte und gesunde, direkt am Bach wurzelnde Birke, soll gefällt werden

Heftig kriti­siert wurde das Vorhaben schon im Vorfeld von Gabriele Kämpf, einer Anwoh­nerin aus der Nach­bar­schaft. In ihrem der Redak­tion bekannt gewor­denen Brief an das Land­ratsamt, das bei Entschei­dungen von Bauvor­haben im Land­kreis das letzte Wort hat, verweist die Land­schafts­ar­chi­tektin darauf, dass die Birke direkt am Kirchen­bacherl stehe und ihre Haupt­wur­zeln in Rich­tung Bach hätte.

Die enga­gierte Umwelt- und Klima-Schüt­zerin kämpft schon seit Jahren gegen die massive Flächen­ver­sie­ge­lung und Nach­ver­dich­tung in Schleiß­heims Wald­viertel. Laut Bebau­ungs­plan Nr. 47 „Eigen­heim­straße“ soll das in seinem Umgriff beinhal­tete Wohn­ge­biet den Charakter einer Garten­stadt haben und behalten. „Mit der Nach­ver­dich­tung speziell auf dem betrof­fenen Grund­stück wird das Kirchen­bacherl gera­dezu verge­wal­tigt“, schreibt die Akti­vistin. „Die Klima­krise zwingt uns dazu, endlich umzu­denken, beschei­dener zu bauen, Bäume als die Retter in der Klima­krise zu betrachten und lieber die Gebäude so zu planen, dass Bäume erhalten werden“, so Gabriele Kämpf.

Die Birke ist im Übrigen Baum des Jahres 2023. Alle Birken­arten gehören zu den Über­le­bens­spe­zia­listen unserer heimi­schen Baum­arten. Die Moor­birke leitete beispiels­wiese die Wieder­be­wal­dung Mittel­eu­ropas nach der Eiszeit ein. Dieser anspruchs­losen und wider­stands­fä­higen Art gelang es dabei von Mittel­eu­ropa bis weit in den Norden und in alpine Regionen vorzu­dringen.

Am 1. März hat die 7‑monatige, gesetz­lich vorge­schrie­bene Vogel­brut­schutz­zeit begonnen. Bis zum 1.Oktober darf ohne Ausnah­me­ge­neh­mi­gung vom Land­ratsamt kein Baum gefällt werden. Ingrid Lind­büchl

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