Leser­mail zur Debatte um ein Tempo­li­mit auf Autobahnen

Dieser Beitrag bezieht sich auf den Artikel "Kein pauschales Tempolimit".

Erst kürz­lich hat der Kaba­ret­tist Philip Weber in Oberschlei0heim das Thema „Tempo­li­mit“ wieder aufge­grif­fen. Warum ist das so ein hart­nä­cki­ges Thema?

Auf den ersten Blick erscheint es einfach, ohne Mehr­kos­ten einen posi­ti­ven Effekt zu haben für Klima und Sicher­heit. Auf den zwei­ten Blick ist es aber ein typi­sches Beispiel einer Symbol­po­li­tik mit gerin­gem Effekt. Weil man die großen Fragen nicht lösen kann, beschäf­tigt man sich mit den unwich­ti­gen klei­nen. Wie z. B. auch der Auto­bahn­maut für Ausländer.

Klar ist: Am meis­ten wird CO2 gespart, wenn der Verkehr gleich­mä­ßig mit einer mäßi­gen Geschwin­dig­keit dahin­fließt. Bei einem Verbren­ner wäre das beim maxi­ma­len Dreh­mo­ment im höchs­ten Gang. 

Die größte Leis­tungs­fä­hig­keit einer Straße ergibt sich bei freier Stre­cke bei einer Geschwin­dig­keit unter 80 km/h, aber es gibt auch das Inter­esse, möglichst schnell sein Ziel zu erreichen. 

Inter­es­san­ter­weise wird ein umso stren­ge­res Tempo­li­mit gefor­dert, je weni­ger derje­nige die Auto­bahn selbst benutzt. Außer Acht blei­ben also dieje­ni­gen, die früh­mor­gens oder spät­abends unter­wegs sind und sich durch­aus freuen, wenn sie eine halbe Stunde weni­ger auf der Straße verbrin­gen. Und diese Perso­nen sind nicht wesent­lich für die CO2-Bilanz.

Deut­lich weni­ger klar ist das Unfall­ri­siko. Auf 13.141 Kilo­me­ter Auto­bah­nen wurden im Jahre 2018 bei Unfäl­len 424 Menschen getö­tet, auf den 216.700 Kilo­me­ter sons­ti­gen Stra­ßen 1867, inner­orts 984 Perso­nen. Ohne die gefah­re­nen Perso­nen-Kilo­me­ter sind diese Zahlen aber kaum vergleichbar. 

Wenn man dies korrekt bezieht, ergibt sich pro Milli­arde Fahr­zeug-Kilo­me­ter insge­samt auf allen Stra­ßen 4,4 Getö­tete und 527 Verletzte, für die Auto­bah­nen hinge­gen nur 1,7 Getö­tete und 132 Verletzte (Quelle: “Verkehr in Zahlen 2019”, Bundes­mi­nis­te­rium für Verkehr und digi­tale Infrastruktur).

Das Statis­ti­sche Bundes­amt schreibt dazu: „Im Jahr 2018 sind bei Unfäl­len auf den deut­schen Auto­bah­nen 424 Menschen ums Leben gekom­men. Wie das Statis­ti­sche Bundes­amt weiter mitteilt, war nicht ange­passte Geschwin­dig­keit für 196 bezie­hungs­weise 46 Prozent der Auto­bahn-Verkehrs­to­ten mitverantwortlich. 

Auf Abschnit­ten ohne Tempo­li­mit war unan­ge­passte Geschwin­dig­keit bei 45 Prozent der Verkehrs­to­ten eine Unfall­ur­sa­che (135 von 301 Unfall­tote), bei Stre­cken­ab­schnit­ten mit Geschwin­dig­keits­be­gren­zung bei 50 Prozent der tödlich Verun­glück­ten (61 von 123 Unfall­tote). Insge­samt star­ben 71 Prozent der Todes­op­fer auf Auto­bah­nen auf Stre­cken ohne Tempolimit. 

Aller­dings liegt laut der Bundes­an­stalt für Stra­ßen­we­sen auch der Anteil von Stre­cken ohne Geschwin­dig­keits­be­gren­zung am gesam­ten Auto­bahn­netz bei 70 Prozent, was den hohen Anteil der Unfall­to­ten auf Stre­cken ohne Tempo­li­mit relativiert.“

Es ist nicht akzep­ta­bel, wenn bei schlech­ter Sicht oder dich­tem Verkehr einzelne mit hoher Geschwin­dig­keit durch­fah­ren. Aber wenn die Straße leer ist? Sind da nicht dyna­mi­sche Geschwin­dig­keits­re­ge­lun­gen sinnvoller?

Immer wieder wird auf das Ausland verwie­sen, wo es ja über­all Beschrän­kun­gen gibt. Das ist für sich allein kein zwin­gen­des Argu­ment. Aber wenn man nach Amerika schaut, dann fahren dort auch die LKWs mit einer höhe­ren Geschwin­dig­keit und man darf sich seine Fahr­spur frei aussu­chen. Prof. Heinz Zackor aus Kassel hatte mal gesagt, dass so etwas in Deutsch­land nicht durch­setz­bar sei. Also ist bei uns irgend­et­was anders als in ande­ren Ländern?

Tempo­li­mits auf Auto­bah­nen soll­ten daher berücksichtigen:

  • Wetter­be­din­gun­gen und Verkehrs­stärke (Unfall­ri­siko)
  • Verste­ti­gung des Gesamt­ver­kehrs für LKW und PKW (CO2-Bilanz)
  • Feste Werte abhän­gig von der Anzahl der Fahr­spu­ren (Sinn­haf­tig­keit)

Sich ange­sichts dieser Fragen nicht für ein Tempo­li­mit einzu­set­zen, zeugt nicht von Igno­ranz, sondern im Gegen­teil von einer klaren Bewer­tung der Wich­tig­keit und Effi­zi­enz von Maßnahmen.

Casi­mir Katz, Gemein­de­rat (FDP)

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