Leser­mail zum Artikel “Deckungs­lücke 21 Millionen”

Dieser Beitrag bezieht sich auf den Artikel "Deckungslücke 21 Millionen".

Liebe Lese­rinnen und Leser,

der Finanz­aus­schuss hat sich die letzten 3 Tage intensiv mit der Haus­halts­pla­nung 2022 befasst.

Am Montag haben sowohl Herr Elsner von der SDP sowie ich explizit darauf hinge­wiesen, dass der vorge­legte Entwurf nicht umsetzbar ist und wir sämt­liche Ausgaben prüfen und gege­be­nen­falls strei­chen müssten. Es folgten danach 10 Stunden Sitzung an 3 Abenden mit dem Ergebnis, dass wir statt knapp 24 Mio € Schulden nur 23 Mio € Schulden in den nächsten 3 Jahren aufnehmen würden.

Dies ist aber nicht auf den Spar­willen der Gemein­de­räte zurück­zu­führen, sondern es wurden Infra­struk­tur­kos­ten­ein­nahmen und Verän­de­rungen in den Kinder­garten-Perso­nal­kos­ten­zu­schüssen einge­bucht, welche einen posi­tiven Effekt hatten.

Die Sitzung am Mitt­woch­abend gegen 23:30 Uhr endete dann mit dem Resümee der Verwal­tung: Der Haus­halt ist so nicht umsetzbar, wir müssen nun noch­mals ran und rigoros strei­chen.

Wir stehen also genau da, wo wir zu Beginn der Sitzungen am Montag bereits waren, und vor genau dem Problem, welches die SDP-Frak­tion und ich bereits dort erläu­tert hatten. 12 Gemein­de­räte, 1 Bürger­meister und 4 Mitar­beiter der Gemein­de­ver­wal­tung haben 3 Abende und 10 Stunden einen nicht umsetz­baren Haus­halt verhan­delt.

Die Aufgabe, den Haus­halt nun trag­fähig zu gestalten und Kosten zu strei­chen, wurde wieder an den Finanz­aus­schuss über­tragen. Dieser soll nun noch­mals tagen und Kosten strei­chen, welch Hohn nach 10 Stunden Sitzung, in der viele Strei­chungs­an­träge abge­lehnt und nahezu alle weiteren frei­wil­ligen Zuschüsse bewil­ligt wurden.

Was bedeutet diese finan­zi­elle Lage nun für Ober­schleiß­heim: Ein Gemein­de­haus­halt besteht aus 2 Bestand­teilen, einem Verwal­tungs- und einen Vermö­gens­haus­halt. Der Verwal­tungs­haus­halt beinhaltet alle laufenden Kosten, wie Personal, laufender Unter­halt für Gebäude, Schulen, Feuer­wehren, usw. sowie die Steu­er­ein­nahmen.

Ober­schleiß­heim hat es geschafft, durch ständig stei­gende Ausgaben auf nahezu allen Haus­halts­stellen den Über­schuss im Verwal­tungs­haus­halt gegen 0 zu bringen. Unsere Ausgaben für Personal sind extrem ange­stiegen, aber auch die Kosten für Strom, Heizung, Betriebs­stoffe usw. steigen natür­lich an.

Die Steu­er­ein­nahmen bleiben bei uns leider relativ konstant. Dies hat zur Folge, dass jede weitere Ausgabe zu einem Defizit führt. Um nun notwen­dige Inves­ti­tionen in Gebäude, Fahr­zeuge der Feuer­wehr oder des Bauhofs, die S‑Bahn Brücke usw. vornehmen zu können, fehlt uns der Über­trag vom Verwal­tungs- in den Vermö­gens­haus­halt.

Die Aufgabe des Finanz­aus­schusses ist nun, sowohl im Verwal­tungs­haus­halt Ausgaben zu strei­chen, wie Projekte im Vermö­gens­haus­halt zu strei­chen. Aber was bedeutet dies nun für die Bürger*innen von Ober­schleiß­heim?

Kurz: Es muss gespart werden und dies dras­tisch und auf allen Ebenen, sonst werden wir keine 15 Mio € Ausgaben strei­chen können.

Welche Konse­quenzen könnte dies haben? Frei­wil­lige Zuschüsse an Vereine werden gestri­chen. Kosten­lose Nutzung der Sport­stätten wird gestri­chen, das Hallenbad wird geschlossen, der Kirch­platz und die Orts­mitte werden nicht fertig­ge­baut, das First-Responder-Team der FFW wird aufge­löst, das Perso­nal­ge­bäude am Frau­en­feld wird nicht gebaut, die Kegel­bahn und das Schüt­zen­st­überl im Bürger­zen­trum werden geschlossen, da kein Brand­schutz vorhanden ist, die frei­wil­lige Sprach­för­de­rung in den Schulen und im Kinder­garten werden gestri­chen usw.

Sie sehen, dies alles sind wich­tige und wunder­volle Dinge, die keiner strei­chen will. Aber wir müssen Kosten strei­chen oder verrin­gern und Projekte verschieben. Dies wird nicht passieren, weil uns Themen nicht wichtig sind, sondern weil wir kein Geld mehr haben.

Die nächste Sitzung wird nun span­nend, wie sollen sich 13 Gemein­de­räte, die alle unter­schied­liche Prio­ri­täten haben, auf eine Streich­liste einigen? In den ersten 10 Stunden ging schon mal nichts vorwärts, eher im Gegen­teil, es wurden weiter fleißig Kosten in den Haus­halt geplant.

Und zum Schluss noch ein kleines Beispiel, wieso wir zusätz­lich viele neue Dinge strei­chen müssen: Im Haus­halt 2022 sind bereits einige laufende Dinge einge­plant, die bereits beauf­tragt wurden (ohne einen geneh­migten Haus­halt – bzw. auf Grund einer neuen Logik der Buch­füh­rung). Das bedeutet, dass wir viele Kosten gar nicht strei­chen können.

Der Gemein­derat hat letztes Jahr beschlossen, die Planung für den Neubau eines Hallen­bades zu Ende zu führen, damit zügig ein Neubau starten könnte (meiner Meinung nach eine dieser Steu­er­ver­schwen­dungs­be­schlüsse, die im Schwarz­buch landen).

Diese Kosten stehen nun aber mit ca 700.000 € im Haus­halt 2022. Die Aufträge wurden erteilt und die Arbeiten wurden vorge­nommen. Wir müssen dies zahlen und können es nicht mehr strei­chen. Ich bin gespannt, welcher Gemein­derat den Vereins­mit­glie­dern erklären möchte, dass die Planung eines Hallen­bades, welches wir uns niemals werden leisten können, dazu führt, dass wir keine Vereins­zu­schüsse mehr zahlen können.

Ich bin auf die nächste Sitzung gespannt, ob unser Bürger­meister uns einen trag­fä­higen Haus­halts­ent­wurf vorstellen möchte, oder ob wir das nächste Desaster erleben werden.

Viele Grüße
Sebas­tian Riedel­bauch, Gemein­derat (ÖDP)

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1 Kommentar

  1. Photo­vol­taik und Bürger­be­tei­li­gung

    Zeitungs­lek­türe ist derzeit sehr depri­mie­rend aufgrund der allum­fas­senden Bericht­erstat­tung über diesen grau­en­vollen Krieg in der Ukraine und seine Folgen. Die Nach­richt, dass im Haus­halt von Ober­schleiß­heim anschei­nend eine wahre Strei­chungs­orgie statt­finden muss, damit die Rech­nung eini­ger­maßen aufgeht, erhei­tert das Gemüt auch nicht gerade.

    Umso mehr hat es mich gefreut, als ich heute in der “Süddeut­schen” an promi­nenter Stelle, im Politik‑, nicht im Land­kreis­teil, auf unsere Gemeinde stieß, wenn auch leicht krän­kend als Vorort von München bezeichnet. Es ist ein Bericht über die Büro­kra­tie­monster, die die Ener­gie­wende behin­dern, und darüber, dass eben in Ober­schleiß­heim auf der Klär­an­lage ein solches fort­schritt­li­ches Projekt reali­siert wird.

    Da kann ich nur sagen, weiter so!

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