Die juristische Aufarbeitung beginnt
Rund 50 Kommunen in Deutschland hatten bei der Bremer Greensill-Bank einen Teil ihrer Rücklagen investiert, weil das britisch-australische Unternehmen seinerzeit keine Negativ-Zinsen verlangte, anders als Banken und Sparkassen. Im März 2021 wurde die Bank von der Bafin wg. drohender Überschuldung geschlossen. Das Management wurde wegen lückenhafter Bilanz angezeigt.
Das Kerngeschäft der Bank bestand darin, durch eine sogenannte Lieferkettenfinanzierung Lieferanten gegen Abschlag vorzeitig zu bezahlen, damit sie nicht auf ihr Geld warten mussten. Um das zu finanzieren, wurden auch in Deutschland Sparanlagen akquiriert.
Oberschleißheim war mit 5 Millionen Euro dabei. Es stand damals der Vorwurf im Raum, dass das Risiko zum Zeitpunkt der Anlage bereits bekannt gewesen sei. Der Gemeinderat war mit der Anlage nicht befasst — dazu gab es auch keine Verpflichtung — und es hatte auch niemand nachgefragt. In der Schleißheimer Zeitung wurde darüber berichtet. Die Konsequenz daraus ist immerhin, dass inzwischen solche Anlagen im Gemeinderat zwingend vorab besprochen werden müssen.
Nach der Insolvenz war das Geld verloren, denn anders als private Sparer wurden die Gemeinden nicht durch den Einlagensicherungsfonds entschädigt. Für viele Gemeinden bedeutete das, dass Investitionen vorrangig durch Kredite finanziert oder bis auf Weiteres zurückgestellt werden mussten.
In Oberschleißheim gilt das z. B. für den Neubau des Hallenbads und die Sanierung des Max-Mannheimer-Platzes am S‑Bahnhof. Es ist doppelt schmerzlich, erstens, weil die Projekte nicht umgesetzt werden können, und zweitens, weil die aufwendigen Planungen, die die Gemeinde im Vorfeld finanziert hat, damit auch auf Eis gelegt sind. Ob sie in fernerer Zukunft und unter anderen Umständen so wie geplant umgesetzt werden können, steht in den Sternen.
Mit der Insolvenz waren die strafrechtlichen Vorwürfe verbunden. Es wurde wegen Verdacht auf Bilanzfälschung, Insolvenzverschleppung, Untreue und Betrug ermittelt. Der Insolvenzverwalter klagt nun vor dem Landgericht Bremen auf Schadenersatz.
Dass die Gemeinde Oberschleißheim von dem verlorenen Geld jemals etwas wiedersieht, ist nicht sehr wahrscheinlich. Aber es erfüllt einen doch mit einer gewissen Genugtuung, dass zumindest endlich eine juristische Aufarbeitung beginnt.
Andrea Wörle
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