Um die weitere Planung der anstehenden Neubaugebiete am Kreuzacker und am Schäferanger gibt es nun offenen Streit zwischen der Gemeinde und den Grundeigentümern und ihren beauftragten Bauträgern. Das Rathaus hat jetzt einen eigenen Planer bestellt, der die Baupläne gestalten soll. Die potentiellen Bauträger fühlen sich nun „vor den Kopf gestoßen“, wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme heißt, und drohen mit dem “endgültigen Aus für neue Wohnungen in Oberschleißheim“.
Die zwei Neubaugebiete hatte der Gemeinderat 2016 gestartet und außer der Verpflichtung der Eigentümer auf die neue „soziale Bodennutzung“ keine Vorgaben gemacht. Als die Bauherrn mit diesem Blankoauftrag ihre Baupläne vorlegten, fiel dem Gemeinderat auf, dass schon auch diverse planerische Vorgaben einzuhalten gewesen wären.
Ende 2017 wurden dann Eckdaten zu Baudichte, Gebäudehöhe und anderen Parametern verabschiedet, mit denen die ersten Pläne zur Makulatur wurden. Die Bauträger ließen neu planen, doch noch bevor diese angepassten Papiere in der Sitzung am Montag vorgestellt werden sollten, stand auf der Tagesordnung ein Punkt davor ein neuer Antrag von SPD, FW und FDP, einen eigenen Planer einzuschalten.
Die Bauträger boykottierten darauf die Sitzung und reagierten mit einem dreiseitigen Schreiben, in dem sie „ein unverständliches Gegeneinander“ monieren. Im Bauausschuss des Gemeinderates nannte die CSU die Zusammenstellung der Tagesordnung durch Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FW) „unhöflich und unredlich“, so Peter Lebmair. Man habe den Bauträgern damit „die Tür vor der Nase zugeschlagen“ und das sei in dem bereits fortgeschrittenen Verfahren „ein No-go“.
SPD, FW und FDP begründeten ihren Antrag mit den im Planungsfortschritt aufgetretenen Defiziten. Unter anderem fehlten in den Einzelplanungen weitgehend ausreichend öffentliche Freiflächen und abgestimmte Verkehrserschließungen. Zudem müssten mindestens Anpassungsmöglichkeiten für das Grundstück zwischen den beiden Neubaugebieten vorgesehen werden, das akut zwar nicht bebaut werden soll, aber in einer Gesamtschau integriert werden müsse.
Mit den nach der Eckdatenvorgabe nachgebesserten Plänen, die zwar öffentlich nicht mehr vorgestellt wurden, aber dem Gemeinderat bekannt waren, „fühlen wir uns einfach nicht wohl“, sagte SPD-Sprecher Florian Spirkl. Man erkenne kein Gesamtkonzept für die drei Grundstücke, zudem sah er auch Vorgaben der Eckwerte nicht restlos erfüllt. „Wenn wir das in die eigene Hand nehmen, ist ein besseres Konzept möglich“, erwartet er.
Stefan Vohburger (FW) sagte, eine isolierte Planung für jede der drei Parzellen in der innerörtlichen Baulücke sei „das Schlechteste, was uns passieren kann“. Jetzt eine eigene Planung vorzulegen, werde zudem auch schneller gehen, „als weiter mit den Investoren ihre Pläne zu diskutieren“, versicherte er.
Peter Benthues (CSU) nannte den Vorstoß dagehen „unmöglich“, der Gemeinderat mache sich „in der Öffentlichkeit lächerlich“. Gaby Hohenberger (Grüne) hätte es als effektiveren Weg angesehen, durchaus weiter mit den Plänen der Bauträger zu arbeiten. Die Abweichungen von den Gemeindevorgaben in den jetzt vorliegenden Plänen hätte man einfordern können. Stattdessen aber eine eigene Planung für von ihr genannten 80.000 Euro Kosten vorzulegen, sei „nicht unsere Aufgabe“.
In der Sache halten es die Bauträger für völlig verfehlt, dass der Gemeinderat schon in seinem Eckdatenbeschluss eine verhältnismäßig maßvolle Bebauung eingefordert hatte. „In Oberschleißheim wird Grund und Boden anscheinend immer noch als Ressource angesehen, die man sorgenlos verschwenden kann“, klagen sie. Der Eckdatenbeschluss verhindere nicht nur eine größere Zahl von Wohnungen, sondern führe auch dazu, „dass jene, die zum Verkauf angeboten werden, teurer werden“.
Mit 8:5 Stimmen setzten SPD, FW und FDP im Ausschuss gegen CSU und Grüne zunächst durch, die umstrittene Tagesordnung beizubehalten und dann, einen eigenen Planer zu beauftragen. Die Eckdaten und die Pläne der Bauträger sollen ausdrücklich Grundlage der Planung werden.
(mit einem Kommentar)
Zur Vervollständigung der Berichterstattung haben die betroffenen Grundstückseigentümer und Vorhabenträger ihren offenen Brief an die Gemeinde auf http://www.anwalt44.de eingestellt. Er kann damit von jedermann nachgelesen werden. Es befindet sich dort auch eine Chronologie der letzten 2 Jahre, die die Untätigkeit der Gemeinde unter Bürgermeister Kuchlbauer in Sachen Wohnungsbau am Kreuzacker aufzeigt.
Herr Köbele ist möglicherweise noch Parteimitglied der Freien Wähler (BM Kuchlbauer, GR Negele). Er sollte sich erst erkundigen und die Pläne ansehen, bevor er etwas schreibt.
Es wurde bereits im Jahr 2014 vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum untersucht und festgestellt, dass die neuen Baugebiete verkehrstechnisch verträglich sind. Beide Grundstücke erhalten nach den vorliegenden Plänen großzügige Tiefgaragen. Auf beiden Grundstücken entstehen im Umfang von 30 % des neu entstehenden Baurechts Sozialwohnungen mit einer Miete von 9,90 €/m².
Je mehr gebaut werden kann, desto mehr Sozialwohnungen entstehen. So einfach ist das.
Auf beiden Grundstücken wurden öffentliche Durchwegungen, Grünanalgen und sinnvolle Anschlüsse an das Grundstück Negele geplant. Monsterbauwerke gibt es keine. Sämtliche Beschlussvorlagen des Gemeinderates wurden eingehalten und auch die Bereitschaft zu einer Infrastrukturabgabe für ursächliche Infrastrukturfolgen erklärt. Im Falle der Vorhabenträgerin Baywobau kommt noch der Glücksfall für die Gemeinde hinzu, dass sich dieses Unternehmen langfristig vor Ort als Vermieterin engagiert. Mehr können die Grundstückseigentümer und Vorhabenträger nicht machen und sie müssen sich auch nicht alles gefallen lassen.
Ich gehe ferner davon aus, dass alle Nachbarn bis auf Herrn Negele Verständnis dafür aufbringen, dass neue Wohnungen für wohnungssuchende Menschen vor Ort entstehen sollen. Das Problem der Wohnungsnot ist längst in der Bevölkerung angekommen und die Bevölkerung ist auch nicht so rückständig, wie manche annehmen.
Thomas Guldenkirch
Gott sei Dank hat endlich der Gemeinderat das Heft des Handelns bei der Planung der Neubaugebiete am Kreuzacker und am Schäferanger übernommen. Ich bin der gleichen Meinung wie Herr Bachhuber in seinem Kommentar. Die Planungshoheit hat die Gemeinde und sollte, wie die bisherige Entwicklung zeigt, tunlichst vermeiden, Bauträgern und Eigentümern die Planung überlassen. Es ist doch klar, dass Bauträger und Eigentümer nur ihre Interessen vertreten und aus den Bauvorhaben möglichst viel Gewinn herausschlagen wollen. Aus diesem Grund wurden ja Monsterbauwerke geplant.
Zur Feststellung der Bauträger, dass der „Eckdatenbeschluss eine größere Anzahl von Wohnungen verhindere und damit die restlichen Wohnungen teurer werden“, kann ich einen Satz aus dem Kommentar zum § 1 BauGB zitieren: „An der Planungsbefugnis der Gemeinde fehlt es, wenn die Aufstellung eines Bebauungsplanes nur deshalb erfolgt, um dem Eigentümer aus wirtschaftlichen Gründen den Verkauf von Baugrundstücken zu ermöglichen.“
Dreist halte ich die Aussage der Bauträger von einer „Lex Negele“. Sie vergessen wohl die umliegenden Anwohner der Baugebiete, die Verschattungen und eine überdimensionale Verkehrsentwicklung bei gleichbleibender Verkehrserschließung in Kauf nehmen müssen. Ich hoffe, die Bewohner von Ertlbausiedlung und Moosweg wehren sich gegen mögliche Monsterbauwerke.
Im übrigen war sich der Gemeinderat vor über 10 Jahren einig (da war ich auch dabei), dass nur eine Gesamtüberplanung in Frage kommt. Als Höhenmaßstab sollte die Ertlbausiedlung und das Anwesen Negele dienen. Während meiner ganzen Gemeinderatszeit konnte ich nicht feststellen, dass Herr Negele seine eigenen Interessen verfolgt hat. Er hat sich immer für die Bürger und Bürgerinnen eingesetzt. So war und ist ihm wichtig, dass keine Monsterbauten erstellt werden und die Ertlbau- und Mooswegsiedlung nicht im Verkehr ersticken.
Mich wundert auch, dass die Grünen, die immer für eine Verkehrsreduzierung plädieren, eine derartige Baudichte zulassen wollen, die nur Verkehr anzieht. Auch die Parksituation wird sich drastisch verschlimmern. In den Planungen wurde bisher nicht berücksichtigt, dass den Wohnquartieren nicht nur ein Auto zugerechnet werden muss. Wo stehen sie dann? Natürlich auf öffentlichem Straßengrund.
Mich wundert auch, dass die Gemeinde keine Infrastrukturabgabe erhebt. Beim Baugebiet „Hirschplanallee“ wurde den Eigentümern fast 40 % als Infrastrukturabgabe abverlangt. Die Grundstücke wurden von der Gemeinde zu einem Preis von 20 % des Verkehrswertes erworben. Warum nicht beim Kreuzacker und Schäferanger? Diese Grundstücke könnten dann für Wohnungen mit Mieten unter 10 Euro verwendet werden. Warum spricht sich die CSU nicht dafür aus, nachdem Ministerpräsident Söder die Kommunen zum Erwerb von günstigen Grundstücken auffordert?
Ich habe bisher noch nichts gelesen über einen Vermerk im Bebauungsplan, dass zwischen Kreuzacker und Schäferanger ein landwirtschaftlicher Betrieb angesiedelt ist. Oder muss Herr Negele seine Hühner beseitigen, wenn es den neuen Bewohnern vom Kreuzacker und Schäferanger nicht gefällt?