Baum­schutz­ver­ord­nung recht mäßig, aber nicht recht­mäßig

25.03.2021 | Rathaus | 3 Kommentare

Der umstrit­tene erst­ma­lige Erlass einer Baum­schutz­ver­ord­nung – es gab ihn gar nicht. Die Verord­nung, die der Gemein­derat im Februar vermeint­lich beschlossen hatte, wurde nie rechts­wirksam.

Die Satzung bestehe aus formellen, mate­ri­ellen und inhalt­li­chen Mängeln und wäre von der Rechts­auf­sicht in Bausch und Bogen verworfen worden. Das urteilte Bürger­meister Markus Böck (CSU), der sie zuvor genau so hatte beschließen lassen.

Stets hatte sich Ober­schleiß­heim einer Baum­schutz­ver­ord­nung verwei­gert, nun gab es eine Mehr­heit dafür – und plötz­lich musste es ganz schnell gehen. Noch die letzten drei Tage, bevor der Kalender ohnehin das saiso­nale Verbot von Holz­schnitt einläu­tete, musste die Rege­lung auf den Markt.

Der Gemein­derat verstän­digte sich mehr­heit­lich und mit der Stimme des Bürger­meis­ters auf unver­züg­li­chen Erlass eines Entwurfes aus Reihen der Gemein­de­räte, Details sollten später nach­ge­reicht werden.

Böck berich­tete nun, er sei „nach inten­siver Nach­ar­beit der Gemein­de­rats­sit­zung zur Auffas­sung gekommen“, die beschlos­sene Verord­nung besser nicht in Kraft zu setzen. Grob verein­facht, entbehrte das Papier jegli­cher Grund­lage.

Die nötige Betei­li­gung von Fach­stellen und die öffent­liche Ausle­gung fehlte, die Rechts­grund­lagen wurden nicht herge­leitet, funda­men­tale Bestand­teile wie die Höhe der ange­drohten Bußgelder waren ausge­spart, eine Rechts­fol­gen­be­leh­rung wurde igno­riert und inhalt­lich hätte es auch noch weitere Fehl­be­zie­hungen und Mängel gegeben. Vorab war das im Rathaus offenbar niemandem aufge­fallen.

Dass es die mit viel Getöse erlas­senen Regu­la­rien gar nicht gebe, habe er „natür­lich erstmal nicht groß kund­getan“, berich­tete Böck. Damit waren die Ober­schleiß­heimer im Glauben gelassen, an eine Verord­nung gebunden zu sein, die gar nicht exis­tierte.

Mit 19:3 Stimmen hat der Gemein­derat den dama­ligen Versuch nun wieder aufge­hoben und die Gemein­de­ver­wal­tung beauf­tragt, „eine recht­mä­ßige Verord­nung auszu­ar­beiten“. Damit sie wenigs­tens bis zur erneuten Garten­pe­riode im Herbst gültig sei, forderte Gaby Hohen­berger (Grüne) eine Vorlage bis April, beschlossen wurde schließ­lich eine Frist bis Mai.

Beitrag teilen:

3 Kommentare

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,

    über viele Jahre hinweg war Nach­ver­dich­tung das Maß der Dinge in Altschleiß­heim. Größt­mög­liche Gebäude auf kleinst­mög­li­chen Grund­stü­cken sollten es sein. Von den Maklern mit blumigen Worten als Vorstand­villen ange­priesen.

    Mit der neuen Bauord­nung kann zukünftig noch enger gebaut werden. Bäume sind bei der maxi­malen Ausnut­zung des Baurechts nur ein Stör­faktor. Auf den Mini­grund­stü­cken, die sich so ergeben, werden nie wieder große Bäume wachsen können.

    Jetzt, nachdem dieser Bauwahn in der Bergl­wald­sied­lung ange­kommen ist, soll es plötz­lich anders sein: Die noch vorhan­denen Bäume sollen geschützt und der Charakter dieser Sied­lung erhalten werden.

    Der endgül­tige Text der Verord­nung liegt noch nicht vor. Sicher ist jeden­falls, dass denen, die zukünftig ihre Bäume weiterhin erhalten wollen, großen Lasten aufer­legt werden, wenn es um die Verkehrs­si­che­rungs­pflichten geht. Dieje­nigen, denen es um maxi­malen Profit geht, werden sich nicht weiter darum kümmern. Die Bäume werden einfach abge­schnitten oder „zufällig“ so schwer beschä­digt, dass sie gefällt werden müssen.

    Die Strafen und Kosten für eine Ersatz­pflan­zung werden dabei einfach in den Verkaufs­preis für die Neubauten einkal­ku­liert. Denn gleich große Bäume kann man nicht nach­pflanzen. Bis ein als Alibi gepflanzter Ersatz­baum die Größe seines Vorgän­gers erreicht, vergehen Jahr­zehnte, wenn er denn auf einem Mini­grund­stück über­haupt jemals so groß werden kann.

    So richtig wirksam kann eine Baum­schutz­ver­ord­nung auch nur werden, wenn syste­ma­tisch alle Bäume in einem Kataster erfasst werden. Dieses Verzeichnis muss auch regel­mäßig, also mindes­tens jähr­lich, aktua­li­siert werden. Die so erfassten Bäume müssen auch kate­go­ri­siert werden.

    Bäume, die aufgrund des Klima­wan­dels nicht erhalten werden können, müssen anders betrachtet werden, als Bäume, die mit den geän­derten Bedin­gungen besser zurecht kommen. Auch der Zustand der Bäume und die jeweils durch­ge­führten Maßnahmen müssen erfasst werden. Aller­dings gibt es so ein Kataster nicht umsonst und somit stellt sich die Frage, welche Kosten anfallen und wer trägt diese. Ist eine Umlage auf die Baum­be­sitzer recht­lich möglich? Sollte dies so sein, werden diese sich sicher­lich bei den nächsten Kommu­nal­wahlen herz­lich dafür bedanken.

    Und was ist mit Bäumen, die als gebiets­fremd gelten, aber nun einmal da und groß­ge­wachsen sind? Müssen diese dann zwangs­weise gefällt werden? Ab wann ist eigent­lich ein Baum ein Baum?

    Diese und viele andere Fragen müssen bedacht und beant­wortet werden. Nicht, dass mit der Verord­nung das genaue Gegen­teil der eigent­li­chen Inten­tion erreicht wird.

    Mit freund­li­chen Grüßen
    Günter Braun

    Antworten
  2. Sehr geehrte Damen und Herren,

    der Beschluss­vor­schlag der Verwal­tung zu diesem Tages­ord­nungs­punkt am 23.02.21 lautete: “Die Verwal­tung wird beauf­tragt, ein(e) Sach­ver­stän­dige® im Bereich Umwelt­recht den Entwurf auf Rechts­si­cher­heit prüfen zu lassen. Danach wird der über­ar­bei­tete Entwurf dem Gemein­derat zur Abstim­mung vorge­legt.“ Dies wurde auch bei der münd­li­chen Sach­dar­stel­lung klar und deut­lich so geäu­ßert, da bereits vorab von Seiten der Verwal­tung entspre­chende Ergän­zungen und Ände­rungen vorge­schlagen wurden.

    Der Neben­satz “Vorab war das im Rathaus offenbar niemandem aufge­fallen” wäre somit wider­legt und schlichtweg falsch.

    Im Laufe der Debatte zu diesem Tages­ord­nungs­punkt gab es einen Antrag auf Beschluss­än­de­rung, dass die vorge­legte, frak­ti­ons­über­grei­fend erar­bei­tete Verord­nung, schnellst­mög­lich in Kraft treten soll. Diesem Antrag habe auch ich, fälsch­li­cher­weise, zuge­stimmt.

    In der Nach­be­ar­bei­tung kamen große Bedenken zur formellen und mate­ri­ellen Recht­mä­ßig­keit der vorge­legten Verord­nung auf, weshalb ich den oben genannten Beschluss außer Kraft gesetzt habe. Dies hatte zur Folge, dass die Verord­nung nicht bekannt­ge­macht wurde und somit nicht in Kraft treten konnte.

    Nach Rück­mel­dung des Land­rats­amtes war dieser Weg auch mehr als richtig, denn die Verord­nung wäre unter Verlet­zung zwin­gender Verfah­rens­vor­schriften erlassen worden und somit rechts­widrig gewesen.

    In der Sitzung am Dienstag wurde der im Februar getrof­fene Beschluss rück­wir­kend aufge­hoben, so dass wir jetzt eine rechts­si­chere Baum­schutz­ver­ord­nung ausar­beiten und vor dem notwen­digen Verfahren dem Gemein­derat vorlegen können.

    Es wird also nun der ursprüng­lich von der Verwal­tung vorge­schla­gene, rich­tige Weg gegangen.

    Mit freund­li­chen Grüßen

    Markus Böck
    Erster Bürger­meister

    Antworten
  3. Sehr geehrte Damen und Herren,

    jedem muss doch der Umwelt­schutz, dazu zählt auch der Wald, wieder ins Gewissen gerufen werden. Die Erhal­tung des Waldes, so auch der Föhren, muss uns doch ein Inter­esse sein. Sie prägen nicht nur unser Bild in Ober­schleiß­heim, sie fördern auch Frisch­luft für unsere Menschen. Ich genieße es, wenn ich durch die Villen­ge­gend Schleiß­heims gehe oder mit dem Fahrrad fahre. Sie stehen auch unter Natur­schutz.

    Es ist egal, von welcher Partei in Ober­schleiß­heim die Forde­rung kommt, eine Baum­schutz­ver­ord­nung zu fordern und zu erlassen. Herr Markus Böck, ich würde als Mitglied meiner Partei und als Bürger vorschlagen, noch einmal eine Gemein­de­rats­sit­zung abzu­halten, um die Baum­schutz­ver­ord­nung drin­gend fest­zu­legen und sie auch zu erlassen.

    Vielen Dank,
    ihr Chris­tian Sommer

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert