Wer im Hofladen vom Landwerk in Mittenheim einkauft, hat eine große Auswahl und tut etwas Gutes für sich und andere
Im Hans-Scherer-Haus im ehemaligen Mittenheimer Franziskanerkloster in Oberschleißheim leben Menschen, vorrangig Männer, inzwischen auch ein paar Frauen, die Arbeit und Wohnung verloren haben, suchtkrank oder straffällig geworden sind. Ihnen bietet der Katholische Männerfürsorgeverein dort eine Zuflucht. Es ist ein geschützter Raum für Therapie, Rehabilitation und Integration.
Zur Zuflucht gehören aber nicht nur Unterkunft und therapeutische Betreuung, sondern seit inzwischen 15 Jahren auch die Chance für eine sinnvolle Beschäftigung in der ökologischen Landwirtschaft. Die Sozialarbeit findet dann sozusagen “auf dem Bauernhof” statt. Jeder Bewohner, der will, findet dort seinen Platz für naturnahe Arbeiten, die den eigenen Möglichkeiten entsprechen.
Mit einem hochmotivierten Team von “Überzeugungstätern” wurde aus kleinen provisorischen Anfängen des Landwerks ein erfolgreicher Betrieb mit professionellem Auftritt. Dazu gehört auch, dass bei den — seltenen — kritischen Rezensionen des Hofladens auf der Homepage nachgefragt wird. Seit den Anfängen vor 15 Jahren haben sich die Zahlen vervierfacht: die der Mitarbeiter und der Klienten und die der Anbauflächen.
Zum Jubiläum gab es am 5. Juli 2024 einen liebevoll organisierten und sehr informativen Tag der offenen Tür, der zahlreiche Besucher anlockte. Der offizielle Teil wurde mit Liedern im Indie-Sound von Singer-Songwriter Ronja Anders begleitet. Altbürgermeisterin Elisabeth Ziegler, Brigitte Scholle und die Gemeinderät*innen Irene Beck, Irene Bogdain, Gaby Hohenberger und Dr. Fritz Kropp fanden sich zur Begrüßung und den Vorträgen am Vormittag ein.
Zweiter Bürgermeister Harald Müller sprach in Vertretung von Bürgermeister Markus Böck ein launiges Grußwort, demzufolge in der sozialen Landwirtschaft des Landwerks zentrale Kriterien der japanischen Lebenskunst Ikigai verwirklicht seien. Danach ist Arbeit nicht nur Lohnerwerb: Wichtig ist, macht man es gern, kann man es gut, und kann man es brauchen.
Alexander Schuchmann (Landkreisleitung kmfv) und Ludwig Mittermeier (Vorstand) hoben in ihren Grußworten die Bedeutung der Arbeit des Landwerks, der Einbindung in das Gemeindeleben und den Dank an die Mitarbeiter hervor und waren sich einig darin, dass es “ein schöner Ort” sei. Ann-Kristin Schmidt von “Naturland”, dem größten Verband für ökologische Landwirtschaft, mit dem das Landwerk zusammenarbeitet, schilderte, wie gut sich Inklusion mit Nachhaltigkeit, mit der Arbeit für die Gesundheit des Planeten, verbinden lässt. Danach kamen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Gartenbau, der Hauswirtschaft und der Sozialarbeit zu Wort mit sehr sympathischen und eindrucksvollen Schilderungen ihrer Anliegen und Aufgaben.
Es gibt schöne Pläne für die Zukunft. Es werden Zisternen gebaut, um Regenwasser aufzufangen und für die Trockenzeiten im Klimawandel besser gerüstet zu sein. Derzeit ist an Krautgärten für die einheimische Bevölkerung gedacht. Das ist natürlich alles auch eine Frage der Finanzierung, für die grundsätzlich der Bezirk Oberbayern zuständig ist. Aber der Bau der neuen Gewächshäuser zum Beispiel wurden durch die Stiftung Obdachlosenhilfe ermöglicht.
Unter kundiger Führung von Holger Pfahl, dem Verantwortlichen für den Gartenbau, konnte man im Anschluss das weitläufige Gelände mit seinen üppigen Gartenanlagen, Gewächshäusern und Anbauflächen besichtigen — und durfte ungehemmt von den reifen Himbeeren naschen. Im Innenhof waren blumengeschmückte Tische für die Bewirtung, eine Bastelecke für Kinder sowie eine fantastische Hüpfburg aus Stroh vorbereitet.
Ich habe es zutiefst bedauert, dass ich angesichts meines Alters darauf nicht herumhüpfen konnte, ohne mich lächerlich zu machen. Ansonsten habe ich viel gelernt und mir vorgenommen, deutlich häufiger im Hofladen des Landwerks einzukaufen. Denn es ist wirklich “ein schöner Ort”.
Andrea Wörle
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