Stel­lung­nahme des Katho­li­schen Pfarrverbands

Liebe Pfarr­ge­mein­den,
nach der Veröf­fent­li­chung des Miss­brauchs­gut­ach­tens im Erzbis­tum München und Frei­sing fehlen uns eigent­lich die Worte. Als Seel­sor­ger, Mitglie­der der Kirchen­ver­wal­tun­gen und Pfarr­ge­mein­de­räte im Pfarr­ver­band Ober­schleiß­heim wollen wir dennoch unsere Haltung zu diesen Vorfäl­len in Worte fassen.

Wir sind beschämt und wütend über die Verant­wort­li­chen im Dienst der Kirche, die ande­ren Menschen wieder­holt und ohne Konse­quen­zen befürch­ten zu müssen, körper­li­che und seeli­sche Gewalt antun konnten.

Wir sind bestürzt von der Tatsa­che, dass den Verant­wort­li­chen (vor allem Bischö­fen) in so vielen Fällen der Schutz und die Würde der Opfer weni­ger wert­voll erschie­nen als der Schutz der „Heilig­keit“ der Insti­tu­tion Kirche
und der Täter in ihr.

Das Ausmaß der immer noch statt­fin­den­den Verharm­lo­sung und Nicht­ak­zep­tanz von Schuld, gerade durch unse­ren emeri­tier­ten Papst, ist ein zusätz­li­cher Schlag ins Gesicht all der Opfer. Eigent­lich sollte es ausschließ­lich um die inten­sive Aufklä­rung aller Fälle, abso­lute Trans­pa­renz und klare straf­recht­li­che und kirchen­recht­li­che Konse­quen­zen für die Schul­di­gen gehen. 

Das Macht­sys­tem der Kirche und ihre verschlei­ern­den Struk­tu­ren muss sehr kritisch hinter­fragt werden. Hier­bei darf es kein Tabu mehr geben. Auch das Thema Sexua­li­tät bei zöli­ba­tär leben­den Pries­tern und Ordens­leu­ten darf genauso wenig außen vorge­las­sen werden wie die Themen Homo­se­xua­li­tät und Diversität.

Bei all der Scham, der Bestür­zung und der Wut über die Vorfälle sexua­li­sier­ter Gewalt und ihrer syste­ma­ti­schen Vertu­schung, stellt sich natür­lich auch uns die Frage, wie man weiter­hin als Mitglied der Katho­li­schen Kirche seinen Frie­den finden kann. 

Wie kann man für eine Kirche arbei­ten und sich einset­zen, wenn heraus­ra­gende Verant­wor­tungs­trä­ger die Täter mehr schützte als die Opfer? Wie kann man die Zuge­hö­rig­keit zu einer Insti­tu­tion recht­fer­ti­gen, deren Struk­tur Macht­miss­brauch und sexua­li­sierte Gewalt unge­ahn­det
ermög­lichte?

Dieser Wider­spruch ist schwer auszu­hal­ten und fordert viel Über­zeu­gung. Aber ja, wir sind über­zeugt davon, dass die Kirche nicht deckungs­gleich ist mit dem erkrank­ten System, das wir grund­le­gend ableh­nen. Die Menschen, mit denen und für die wir arbei­ten, sowie die guten Dinge, für die wir unsere Zeit inves­tie­ren, haben es mehr denn je verdient, dass wir weitermachen. 

Wir sind von der Botschaft des Evan­ge­li­ums aus tiefs­tem Herzen über­zeugt. Die Botschaft dient der Würde und dem Heil der Menschen, wenn sie glaub­wür­dig gelebt und verkün­det wird. Daran hat das System mit seiner verach­ten­den Doppel­mo­ral nichts geändert.

Eine tief­ge­hende Verän­de­rung eines bestehen­den Systems muss von den Menschen ausge­hen, die sich der Insti­tu­tion zuge­hö­rig fühlen. Sie kann dauer­haft und tief­grei­fend nicht von außen aufer­legt werden.

Wir wollen Teil dieser Verän­de­rung, viel­leicht sogar Erneue­rung sein und hoffen, dass viele von Ihnen diesen Weg mit uns gehen.

Seel­sor­ger, Pfarr­ge­mein­de­räte und Kirchen­ver­wal­tun­gen
im Katho­li­schen Pfarrverband

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