Einladung zum Leben
Bei schönstem Wetter feierte der katholische Pfarrverband Oberschleißheim vor barocker Kulisse das katholische Hochfest Fronleichnam
Etwa 300 Gläubige, Kommunionkinder und einige Fahnenabordnungen versammelten sich vor dem Altar, der vor dem Neuen Schloss aufgebaut war. In dem Karree zwischen den beiden Schlössern befanden sich auch die weiteren Stationen des kleinen Prozessionsweges. Die vier Stationen stehen symbolisch für die vier Himmelsrichtungen und die Öffnung des Glaubens in und für die ganze Welt.
Pfarrer Ulrich Kampe interpretierte in seiner Predigt das Fronleichnamsfest als mutmachende „Einladung zum Leben“. Eine lesenswerte Anregung, wie der Einzelne das Abstrakte des Glaubens im eigenen Alltag leben kann, hat der Pfarrverband in einer kleinen Broschüre zusammengefasst „Gott – mitten in der Welt“ (im Internet unter: http://www.mittendrin.world/). Anschaulich erinnerte Pfarrer Kampe an Fronleichnamsfeste seiner Kindheit, in einem Staat, in dem Religion nicht willkommen war. Weit außerhalb der Stadt, bei der Pferderennbahn, wurde der Fronleichnams-Gottesdienst genehmigt – und über 3.000 Magdeburger bildeten eine Gemeinschaft unter widrigen Umständen.
Der Berichterstatter erinnert sich, dass vor vielen Jahrzehnten auch in Oberschleißheim alle zur Fronleichnamsprozession zusammenkamen. An den Straßen entlang der Prozession waren junge Birken aufgestellt, an den Häusern waren die Fensterbänke mit roten und blauen Tüchern und Blumen geschmückt. Kein Verein, der nicht mit Fahnen und starker Präsenz der Prozession Feierlichkeit verlieh. Nicht jedes Musikstück der vollzählig mitmarschierenden Blasmusik hatte zwingend einen liturgischen Kontext. Die Prozession war eher eine Machtdemonstration und unterschied sich deutlich von den ebenfalls stattfindenden Bittprozessionen. Der Himmel wurde von den Honoratioren der Gemeinde getragen, der ziemlich komplette Gemeinderat folgte auf dem Fuße. Fast die ganze Gemeinde war bereit, stolz und erhobenen Hauptes zu demonstrieren, nichts anderes war der ewig lange Zug durch unsere damals noch kleine Gemeinde. Der ziemlich weltliche Ausklang in den Schleißheimer Gastwirtschaften, vor allem im Blauen Karpfen (damals auch noch im großen Saal im ersten Stock), stand natürlich auch bei den Ministranten hoch im Kurs, gab es für sie doch kostenlos Weißwürste. Ein Luxus in den 50-er-Jahren des letzten Jahrhunderts.
Heute kommen zum Volksfesteinzug der Vereine viermal so viele Bürger wie zur Fronleichnamsprozession. Vermutlich wird auch in Magdeburg die Zahl der Teilnehmer am der Fronleichnams-Prozession geringer sein als in Zeiten der Bedrängnis. Rudolf Frankl
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