Stel­lung­nahme der SPD zum Bürger­ent­scheid 2019

13.05.2019 | Parteien | 1 Kommentar

“Ein eigen­ar­tiger Kommu­ni­ka­ti­ons­stil — oder schon „Fake News“?

Als “Fake News” werden Falsch­mel­dungen bezeichnet, die verbreitet werden, um ganz gezielt die öffent­liche Meinung zu beein­flussen. Der Kommu­ni­ka­ti­ons­stil von Bürger­meister Kuch­l­bauer entwi­ckelt sich mehr und mehr in diese von Donald Trump und Rechts­po­pu­listen wie dem Ungarn Viktor Orban gerne genutzten Rich­tung.

Während Bürger­meister Kuch­l­bauer im Gemein­derat behauptet, er würde sich aus der Diskus­sion um das von seinen Freien Wählern initi­ierte Bürger­be­gehren zum Bau einer Stra­ßen­un­ter­füh­rung „raus­halten“ — eine ohnehin völlig unsin­nige Behaup­tung — hat er sich nun erst­mals ausführ­lich dazu geäu­ßert. Aller­dings in dem nicht jeder Person zugäng­li­chen Medium Face­book. Gekenn­zeichnet ist der Beitrag mit der Bezeich­nung “1. Bürger­meister”.

Unserer Ansicht nach ein klarer Verstoß gegen das Neutra­li­täts­gebot, das mit dem Amt als Bürger­meister einher­geht. Weiter geteilt wurde der Beitrag dann von einer dem Bürger­meister nahe­ste­henden Face­book-Seite, die sich als neutrales Ober­schleiß­heimer Portal darstellt. Dort wurde sogar noch zusätz­lich die Kommen­tar­funk­tion geblockt, sodass Erwi­de­rung, Diskus­sion, Rich­tig­stel­lung nicht möglich sind. Offen­sicht­lich ist eine sach­liche öffent­liche Ausein­an­der­set­zung nicht gewünscht oder die Befür­worter des Bürger­be­geh­rens sind dazu nicht in der Lage.

Zusammen mit der Euro­pa­wahl werden die Ober­schleiß­heimer Bürge­rinnen und Bürger über ein Bürger­be­gehren aus dem Kreis der Freien Wähler abstimmen, das die Gemeinde auffor­dern soll, eine Verle­gung der B471 unter die Bahn zu bean­tragen. Dazu ist nur eine Planung bekannt, die in einem Mons­ter­bau­werk von etwa 900 Meter Länge zweimal den Schloss­kanal über­quert und unter Bahn und Sonnen­straße hindurch­führt. Die Sonnen­straße als wich­tigste Süd-Nord-Verbin­dung kann nicht direkt ange­bunden werden.

Alle anderen poli­ti­schen Parteien in Ober­schleiß­heim, SPD, CSU, Grüne und FDP, haben sich eindeutig gegen dieses Vorhaben ausge­spro­chen. Ein Argu­men­ta­ti­ons­blatt wird derzeit an die Haus­halte verteilt.

Bürger­meister Kuch­l­bauer behauptet in seinem Post in Face­book, die letzte uns bekannte Planung einer Bahn­un­ter­füh­rung aus dem Jahr 2000 sei mit der Vorgabe erstellt worden, sie “möglichst teuer und unrea­lis­tisch zu machen”. Das ist eine Unter­stel­lung, die jeder sach­li­chen Grund­lage entbehrt. Er sollte schleu­nigst offen­legen, mit welchen Quellen er diese alter­na­tiven Fakten belegen will. Dazu müsste er ja wohl die Personen nennen, die solche Mani­pu­la­tionen begangen haben sollen. Diese würden sich dann sicher auf dem Rechtsweg gegen derar­tige Unter­stel­lungen wehren.

Welches Inter­esse sollte das Staat­liche Stra­ßen­bauamt Frei­sing daran haben? Die Planung ist viel­mehr Rand­be­din­gungen geschuldet: Die Zufahrten zu den Grund­stü­cken an der Dach­auer Straße müssen zugäng­lich bleiben. Deswegen muss die Stra­ßen­un­ter­füh­rung südlich des Schloss­ka­nals gebaut werden inklu­sive zweier zusätz­li­cher Brücken über den Kanal. Zudem ist der Abstand zwischen Bahn und Sonnen­straße zu kurz, um aus der Unter­füh­rung (ca. 6 m tief) wieder auf die Ebene zu kommen. Diese Rand­be­din­gungen haben sich seither nicht verän­dert.

Länger argu­men­tiert er über Schleich­ver­kehr zur Umge­hung der Bahn­schranke. Die von Bürger­meister Kuch­l­bauer dazu genannten Zahlen belegen nicht seine Aussage: „über die Hälfte der Pkw (fährt) durch den Ort und verur­sacht… unsin­nigen Verkehr“. Richtig ist, dass über die Hälfte genau in den Ort will oder von dort kommt.

Nach der Verkehrs­un­ter­su­chung 2003 haben weit mehr als die Hälfte aller Fahrten nach Ober­schleiß­heim hinein oder aus dem Ort heraus ihr Ziel oder ihren Start in Ober­schleiß­heim. Diese Fahrten müssen natür­lich irgendwo von der B471 abbiegen oder auf sie einbiegen. Der Verkehr durch Orts­straßen entsteht also haupt­säch­lich durch Ober­schleiß­heimer. Und für diese Fahrer würde eine Bahn­un­ter­füh­rung ohne Anschluss an die Sonnen­straße keine Verbes­se­rung bringen.

Sie müssten dann nach Querung der Bahn durch die St.-Margarethen-Straße fahren, was zu einer Zunahme des Schleich­ver­kehrs dort führt! Fahrer aus dem Osten, die aus Rich­tung Garching in Rich­tung Unter­schleiß­heim unter­wegs sind, werden weiter, wie bisher, die Mitten­heimer Straße nutzen.

Nach diesem Gutachten beziehen sich von den gezählten 17.000 Fahrten im Durch­gangs­ver­kehr zwei Drittel auf Unter­schleiß­heim, sind also von der Bahn­schranke nicht betroffen. Hier wird die auch von der SPD gefor­derte Verle­gung der Staats­straße helfen. Auch dazu, einen starken Strom des Verkehrs in der Verbin­dung Unter­schleiß­heim – Dachau besser zu führen (ca. 2000 Fahrten pro Tag, von denen sicher viele „Schleich­ver­kehr“ sind).

Zwischen Osten (Rich­tung Garching) und Westen (Rich­tung Dachau) betrug seiner­zeit (Gutachten 2003) der Durch­gangs­ver­kehr etwa 2800 Fahr­zeuge pro Tag. Das hat sich inzwi­schen durch den häufigen Stau auf der A99 und dem sich daraus erge­benden Ausweich­ver­kehr sehr stark geän­dert. Die SPD vertritt die Ansicht: Durch den Bau einer Stra­ßen­un­ter­füh­rung unter der Bahn und des “Klee­blatts” an der Auto­bahn­auf­fahrt zur A92 fiele jede Hinde­rung für diese Auto­bahn­aus­weich­route weg, die Folge wäre eine weitere massive Zunahme des Verkehrs. Außerdem entsteht der Stau an der Anschluss­stelle Ober­schleiß­heim der A92, die Schranke wäre dann weg und auf der freien Straße gäbe es
weiterhin Stau.

Natür­lich ist jeder Schleich­ver­kehr für die betrof­fenen Anwohner ärger­lich. Die Frage ist aber, ob eine Bahn­un­ter­füh­rung wirk­lich geeignet ist, ihn zu verrin­gern. Wir meinen: Nein, sie wird ihn eher verla­gern und noch zusätz­li­chen Verkehr erzeugen!

Um genau diese Probleme zu beleuchten, lässt die Gemeinde gerade für 130.000 Euro einen Verkehrs­ent­wick­lungs­plan erstellen, der übri­gens von den Freien Wählern bean­tragt wurde. Der ausge­wählte Planer hat in der Gemein­de­rats­sit­zung am 9. April ausdrück­lich davon abge­raten, im Vorfeld dieser Planung einzelne Maßnahmen zu beschließen. Dieser Ansicht ist auch die SPD in Ober­schleiß­heim.

Warum sollten wir für teures Geld eine Planung beauf­tragen, wenn bereits jetzt voll­endete Tatsa­chen geschaffen werden? Dadurch drängt sich der Eindruck auf, dass das Bürger­be­gehren nur ein Wahl­kampf-Gag für Bürger­meister Kuch­l­bauer und kein seriöses Anliegen ist, die Verkehrs­pro­bleme in unserem Ort anzu­gehen.

Fazit: Der Bau einer Stra­ßen­un­ter­füh­rung unter der Bahn hindurch, die keine Anbin­dung an die Sonnen­straße haben kann, ist zwar ein theo­re­ti­scher Ansatz, löst aber in der Realität keine wesent­li­chen Probleme und erzeugt oben­drein weiteren Verkehr. Die Bürger von Ober­schleiß­heim sollten deshalb das effekt­ha­sche­ri­sche Bürger­be­gehren der Freien Wähler unbe­dingt ablehnen.

Für sich selbst spricht der amateur­hafte Versuch von Bürger­meister Kuch­l­bauer, sich einer öffent­li­chen Diskus­sion zu entziehen und mit gezielten Fehl­in­for­ma­tionen unsere Bürge­rinnen und Bürger hinters Licht zu führen.”

Für die Gemein­de­rat­frak­tion und den Orts­ver­band der SPD
Florian Spirkl

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1 Kommentar

  1. Liebe Lese­rinnen und Leser,
    mich mit Rechts­po­pu­listen zu verglei­chen, finde ich schon ein starkes Stück. Wenn Argu­mente ausgehen, begibt man sich halt viel­leicht auf so ein Niveau. Ich weiß es nicht.
    Meine Face­book-Seite ist öffent­lich und für jeden, auch nicht-Face­book-Nutzer einsehbar. Die Kommen­tar­funk­tion in dem genannten Forum wurde von mir unter­bunden, auf meiner Seite kann man dazu gerne antworten. Face­book ist ein Medium, das nicht nur von mir, sondern auch von den Gegnern der Stra­ßen­un­ter­füh­rung sehr rege genutzt wird. Anschei­nend darf ein Gemein­derat eine eigene Meinung haben, ein Bürger­meister nicht.
    Damit sich jeder eine eigene Meinung bilden kann, hier nun der öffent­liche Post in Face­book. Ich lese hier nichts von Popu­lismus und Falsch­in­for­ma­tionen. Das Verkehrs­gut­achten wurde damals mit der Maßgabe erar­beitet, dass die Bahn­schranke wegfällt. Die Zahlen stammen aus dem Gutachten.

    Liebe Schleiß­hei­me­rinnen und Schleiß­heimer,
    jetzt möchte ich hier an dieser Stelle doch ein paar Fakten und meine persön­liche Meinung mit einbringen.

    Die momen­tane Beschluss­lage der Gemeinde ist eine Fest­le­gung auf eine Tiefer­le­gung der Bahn, mit einem Versuch einer Verwirk­li­chung eines zweiten Bahn­hofes in der Nähe der zukünf­tigen Uni. Durch die Fest­le­gung auf eine Tiefer­le­gung der Bahn ist der Versuch einer Besei­ti­gung des Bahn­über­gangs durch andere Lösungen ausge­schlossen. Eine Aussage des Staat­li­chen Bauamtes (Stra­ßen­bauamt München-Frei­sing): Wir werden nicht gegen den Willen der Gemeinde OSH planen. Sollte das Bürger­be­gehren zur Stra­ßen­un­ter­füh­rung durch­gehen, kann das Stra­ßen­bauamt zumin­dest mit Planungen beginnen. Bei der Umset­zung sind wir abhängig von anderen Trägern. Diese Aussage der Gegner ist zwar richtig, aber es könnten endlich auch offi­zi­elle Über­le­gungen des Stra­ßen­bau­amtes beginnen und eine Umset­zung ist keine Utopie mehr.

    1. Die Gegner der Stra­ßen­un­ter­füh­rung behaupten, es kommt mehr Verkehr. Ja, diese Aussage ist wahr­schein­lich richtig. Ich gehe danach ausführ­lich auf diese Argu­men­ta­tion ein.
    2. Es soll ein Mons­ter­bau­werk sein? Erstens kann keiner von uns wissen, wie die Planung aussieht, und zwei­tens sieht man nur die Einfahrten. Der Mitt­lere Ring in München ist mit großen Tunneln (Mons­ter­bau­werk?) zum Wohle der Bevöl­ke­rung mit Bürger­ent­scheid ausge­führt worden. Tech­ni­sche Lösungen für die Querung mit der Staats­straße sind Sachen der Verkehrs­planer und nicht von vermeint­li­chen „Fach­leuten“ in diesem Gremium. Die alte bestehende Planung wurde mit der Vorgabe gemacht, möglichst teuer zu sein und unrea­lis­tisch, um eine even­tu­elle Tiefer­le­gung der Bahn über­haupt ins Rennen zu schi­cken.
    3. Ein vier­spu­riger Ausbau der B471 durch den Ort ist nicht möglich und auch nicht vorge­sehen. Planungen hierzu sind von Garching kommend bis zur B13, hierbei sind die Wider­stände der Stadt Garching auch zu berück­sich­tigen, und ab der Regatta, Rich­tung Dachau.
    4. Fakt ist, die Gemeinde Ober­schleiß­heim versucht seit Jahr­zehnten mit mehr oder weniger Energie und Erfolg, die Lösung der Verkehrs­pro­bleme anzu­gehen. Vor 10 Jahren ist durch mein Bürger­be­gehren und das daraus resul­tie­rende Rats­be­gehren endlich wieder Bewe­gung rein­ge­kommen. Das “Klee­blatt” an der Auto­bahn wird 2020/21 begonnen, die West­um­ge­hung ist in der Dring­lich­keits­stufe eins und wird eben­falls in den nächsten Jahren verwirk­licht. Ich gehe die Verkehrs­pro­bleme in OSH aktiv an und befür­worte daher die Stra­ßen­un­ter­füh­rung.
    5. Nochmal zu Punkt 1 und der Proble­matik mit mehr Verkehr. Ja, wenn mehr Verkehr kommt, wer ist denn tatsäch­lich betroffen, wer profi­tiert? An der B471 ist eine Seite mit Wohn­häu­sern bebaut, die andere Seite mit Rathaus, Schloss, LGL, der Schleich­ver­kehr durch den Ort wird abnehmen. Hierzu nun ein paar Fakten aus den Verkehrs­zäh­lungen 2014 und dem Verkehrs­gut­achten 2002 (mit Empfeh­lungen den Bahn­über­gang zu besei­tigen).
    6. Zwischen Lust­heim und Rathaus fahren täglich 12650 Fahr­zeuge, die erste Möglich­keit für den Schleich­ver­kehr, Theodor-Körner-Straße: 1350, Hasels­berger Straße 450, Mitten­heimer Straße 6300, dadurch über die Brücke 6550, über die Effner­straße 2250, es kommen an der Bahn­schranke nur noch 5400 Fahr­zeuge an, ab der Sonnen­straße sind wieder 7300 Fahr­zeuge unter­wegs, St. Marga­re­then­straße 3750, Huber­tus­straße 2800 und somit 11300 kurz vor der Auto­bahn. Also fährt über die Hälfte der PKW durch den Ort und verur­sacht für einen Groß­teil der Bevöl­ke­rung einen unsin­nigen Verkehr.
    7. Auf der Staats­straße sind täglich durch den Ort ca. 16000 Fahr­zeuge unter­wegs, deshalb ist die West­um­ge­hung für uns dementspre­chend notwendig und wird die nächsten Jahre auch kommen.
    8. Wört­li­ches Zitat aus dem vom dama­ligen Gemein­derat verab­schie­deten und nie umge­setzten Verkehrs­kon­zept: “Durch die Höhen­frei­ma­chung der DB-Kreu­zung und die West­um­fah­rung wird der Verkehr im Ort flüs­siger. Die Belas­tung der Anwohner durch lange Rück­staus bei geschlos­senen Schranken fallen dadurch künftig ebenso weg wie Schleich­ver­kehr in den Wohn­ge­bieten. Beson­ders profi­tieren werden davon vor allem die Bereiche, die beson­ders durch den Schleich­ver­kehr belastet sind“ (aus 2003!).
    9. Lasst uns den nächsten Schritt tun, um endlich einer Lösung näher zu kommen. Dazu gehört auch das jetzige neue Verkehrs­gut­achten, auch mit Einbahn­stra­ßen­lö­sungen. Warum nicht? Es muss etwas passieren und hier ist ein eindeu­tiges Votum der Bevöl­ke­rung durchaus hilf­reich, um endlich Planungen aufnehmen zu können, auch wenn es hier keine kurz­fris­tigen Lösungen gibt, aber zumin­dest realis­ti­schere Lösungen als die derzei­tige Beschluss­lage.

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