‘Sire­nen — für die Katz’

Die verstö­ren­den Bilder der Flut­ka­ta­stro­phen im letz­ten Jahr gehen nicht aus dem Kopf. Viele Opfer hätten sich vermei­den lassen, wenn die Alar­mie­rung recht­zei­tig funk­tio­niert hätte. 

Auch deshalb hat der Bund ein Sire­nen-Förder­pro­gramm über 90 Millio­nen EUR aufge­legt. Die Bayri­sche Staats­re­gie­rung ergänzte die Mittel mit 13,3 Millio­nen EUR. Durch­sucht man aber die Gemeinde-Websites im Land­kreis, ist das Ergeb­nis nieder­schmet­ternd: 18 der 29 Gemein­den igno­rie­ren das Thema völlig.

Bei Asch­heim tauchen 100 EUR im Gemein­de­haus­halt für die Wartung der Sire­nen­an­lage auf. Neubi­berg warnt: „Die Nach­bar­ge­meinde Otto­brunn hat Sire­nen instal­liert.“ Logisch: Die erwäh­nen die Probe­alarme sogar regel­mä­ßig im Gemeindeblatt. 

In der Website von Gras­brunn gibt es 3 Einträge, u. a. eine Beschwerde wegen Feuer­wehr-Alar­mie­rung per Sirene. Genau darin schei­nen viele Gemein­de­ver­wal­tun­gen die Haupt­auf­gabe einer Sire­nen­an­lage zu sehen.

Ausge­spro­chen krea­tiv war die Gemeinde Haar bei der Öffent­lich­keits­ar­beit für die Sire­nen­an­lage: Sie feier­ten damit die Einwei­hung der neuen Drehleiter. 

Weni­ger spek­ta­ku­lär machte das Straß­lach-Dingh­ar­ting: 2017 ließen sie einen Azubi eine halbe Seite im Gemein­de­blatt zum Thema gestal­ten. Der Groß­teil der sons­ti­gen Hinweise bezieht sich auf die über­ört­li­chen Probealarme.

Man kann das Thema auch offen­si­ver ange­hen: Der Bürger­meis­ter von Brunn­thal macht mit dem Thema Sire­nen sein Gruß­wort 2022 auf: Die Gemeinde will mit Hilfe des Förder­pro­gramms die bestehen­den Lücken im Sire­nen­sys­tem schlie­ßen. Die Gemein­de­ver­wal­tung muss tatsäch­lich am Thema dran sein, denn der Bürger­meis­ter klagt über Liefer­pro­bleme der einschlä­gi­gen Firmen.

Ein Problem haben fast alle Hinweise auf die Sire­nen­an­la­gen: Es gibt kaum Beschrei­bun­gen der Signale und welche Konse­quen­zen die Bewoh­ner daraus ziehen soll­ten. Vorbild­lich macht das die Feuer­wehr Neuried, die dazu eine eingän­gige Grafik veröffentlichte.

Eigene Erfah­rung: Ich war Sams­tag Mittag zu Fuß unter­wegs, als der Probe­alarm losging. Ein Jugend­li­cher fragte mich, was das denn für ein Geräusch sei. Vermut­lich ist diese Wissens­lü­cke bei Mitbür­gern unter 40 recht häufig. Die Zahl derje­ni­gen, die bei jedem Sire­nen­ton zusam­men­zucken, ist mitt­ler­weile sehr über­schau­bar – wer von uns saß je im Luftschutzkeller?

Den Gemein­den sollte man diese Miss­stände nicht zu sehr ankrei­den: Primär verant­wort­lich für den Kata­stro­phen­schutz ist das Land­rats­amt München und das ist hier reich­lich unbedarft. 

Als das Rathaus Ober­schleiß­heim deswe­gen anfragte, kam wenig mehr als: „Es bleibt der Gemeinde unbe­nom­men, z. B. Vorräte anzu­le­gen.“ Genau das ist aber nicht Aufgabe der Gemein­den, sondern jedes einzelnen. 

Umge­kehrt soll­ten sich die Gemein­den aber nicht hinter dem Land­rats­amt verste­cken: Jede Gemeinde hat dem Land­rats­amt einen Kata­stro­phen­schutz-Beauf­trag­ten zu benen­nen. Den könnte man bei Anfra­gen auch den Bürgern als Ansprech­part­ner anbie­ten. Aber das Thema ist unangenehm.

Egal, was passiert: Man sollte für ein paar Tage bis Wochen ohne externe Mittel auskom­men können. Dafür hat das Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hilfe den „Ratge­ber für Notfall­vor­sorge und rich­ti­ges Handeln in Notsi­tua­tio­nen“ heraus­ge­ge­ben, siehe bbk.bund.de. Erst kürz­lich fiel das Wasser­werk Schleiß­heim über Stun­den aus. So mancher war froh, ein paar Flaschen Wasser im Haus zu haben.

Die Notfall-Vorsor­ge­be­ra­tung Schleiß­heim errei­chen Sie unter 089 — 37 55 91 94 oder nvbs@gmx.de.

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