Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Ihrem offenen Brief zum Thema „Allee der Veterinärstraße erhalten!“ darf ich wie folgt Stellung nehmen und die von Ihnen gestellten Fragen beantworten:
Seit vielen Jahren ist die Auslagerung der tierärztlichen Fakultät der LMU nach Oberschleißheim bekannt. Der entsprechende Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans wurde am 20.03.2017 gefasst. Diese Erweiterung der Fakultät wird auf Flächen realisiert, die sich komplett und ausschließlich im Eigentum des Freistaates Bayern befinden.
Der fertiggestellte Campus wird nach Aussage der LMU (Stand 07.10.2020) ca. 900 – 1000 Beschäftigte (inkl. Doktoranden), 1600 – 1800 Studierende, 80 – 100 Patientenbesitzer Kleintiere und 10 – 15 Patientenbesitzer Großtiere mit sich bringen.
Es sind bis zu 555 KFZ-Stellplätze auf dem Campusgelände geplant. Am 15.06.21 wurde dem Gemeinderat ein Verkehrsgutachten vorgelegt, welches für das Vorhaben einen Neuverkehr von ca. 3700 KFZ-Fahrten/24h, wovon ca. 250 Fahrten/24 h Schwerverkehr ist, ermittelt hat.
Dieses Gutachten wurde bereits im Februar 2020 im Rahmen der Bauleitplanung für die tierärztliche Fakultät beauftragt und wurde im Juni 2021 fertiggestellt. Der Gutachter hat sich ausschließlich mit dem
Mehrverkehr beschäftigt, welcher durch die Fakultätserweiterung entstehen wird.
Die Anbindung der Neubebauung kann aufgrund der Gegebenheiten nur über 3 Knotenpunkte erfolgen:
1. Sonnenstraße beim bestehenden Kreisverkehr (Hauptanbindung)
2. Sonnenstraße/Veterinärstraße (Nebenanbindung)
3. St.-Hubertus-Straße (Anbindung bleibt zur Bestandsnutzung erhalten).
Diese 3 Knotenpunkte müssen den genannten Mehrverkehr aus allen Himmelsrichtungen bewältigen können. Zudem ist laut Gutachter der Ausbau des ÖPNV notwendig, da eine Erschließung des Geländes ansonsten nicht ausreichend gesichert wäre. Die bereits bestehende Route über die St.-Hubertusstr. – Veterinärstr. ist laut MVV weiterhin erforderlich.
Diese beiden Straßen sind jedoch momentan zu schmal, was den Begegnungsverkehr von Großfahrzeugen (LKW, Bus, landwirtschaftliche Maschinen, Müllabfuhr usw.) nicht oder nur erschwert möglich macht (siehe hierzu die Beantwortung der Frage 1). Daher besagt das Verkehrsgutachten deutlich, dass der Ausbau der Veterinärstr. zur Erschließung der tierärztlichen Fakultät dringend notwendig ist.
Der genannte Mehrverkehr entsteht ausschließlich aufgrund des Bauvorhabens der LMU, das wie bereits erwähnt seit dem Aufstellungsbeschluss aus dem Jahre 2017 bekannt ist. Jetzt ist es meines Erachtens an der Zeit, dieser Realität ins Auge zu blicken und die gemeindlichen Belange bestmöglich zu verfolgen.
Die Fakultät wird kommen und damit mehr Verkehr. Die ordnungsgemäße Erschließung der Fakultät ist zwingende Voraussetzung für die Baurechtsschaffung und daher ist ihr ein sehr hoher Stellenwert zuzuschreiben.
Dem Bau- und Werkausschuss wurde ein Erschließungskonzept vorgelegt, das in der Sitzung vom 22.03.2021 einstimmig beschlossen wurde. Der gefasste Beschluss sieht einen durchgängigen Geh- und Radweg an der Südseite der Veterinärstr. inkl. Neupflanzung der Allee vor.
Weiterhin ist unter anderem eine Ampelanlage an der Kreuzung Sonnenstr./Schönleutnerstr., verschiedene Querungsmöglichkeiten der Sonnenstraße und ein Radweg auf der westlichen Seite der Sonnenstr. vorgesehen. Dies entspricht voll und ganz sowohl unserem Verkehrsentwicklungsplan als auch dem gemeindlichen Radwegekonzept und sichert die geordnete Geh- und Radwegerschließung.
Wie bereits erwähnt, ist die Verbreiterung der Veterinärstr. ein Teil dieses Konzepts und zwingend erforderlich. Die hat zur Folge, dass aufgrund der Gegebenheiten die hier befindlichen Bäume der Straßenverbreiterung weichen müssen.
Eine Begutachtung der Bäume hat ergeben, dass von den 27 vorhandenen Bäumen lediglich 9 komplett gefällt werden müssen. Alle anderen können versetzt bzw. verpflanzt werden. Sie bleiben erhalten und werden im Bebauungsgebiet einen neuen Standort bekommen.
Die Begutachtung hat ebenfalls ergeben, dass einige der komplett zu fällenden Bäume in einem Zustand sind, der eine Fällung in den kommenden Jahren unausweichlich machen würde. Nach Abschluss der Straßenverbreiterung wird die Allee wieder mit neuen Bäumen bepflanzt und der ursprüngliche, historische Originalzustand wiederhergestellt.
Die Kosten all der genannten Erschließungsmaßnahmen hat der Vorhabenträger zu tragen. Dies wird in den städtebaulichen Verträgen mit dem Freistaat Bayern geregelt.
Nun zu den von Ihnen gestellten Fragen (im “Offenen Brief”):
1. Alle Schritte wurden eng mit allen von Ihnen genannten Stellen besprochen. Nahezu von allen Stellen liegen entsprechende Stellungnahmen vor, die jederzeit gerne eingesehen werden können.
Exemplarisch darf ich einen Ausschnitt der Stellungnahme des MVV zitieren: „…Die infrastrukturelle Gewährleistung eines Begegnungsverkehrs o. g. Fahrzeugklassen ist daher legitim, um den künftigen verkehrlichen Anforderungen gerecht zu werden… Hinsichtlich der Linienwegführung und Angebotsausgestaltung des MVV-Regionalbusverkehrs im Bereich in Oberschleißheim, im Speziellen der MVV-Regionalbuslinien 292 und X201 (ab 12–2021) im Bereich Sonnenstraße/Veterinärstraße/St.-Hubertus-Straße, und den damit einhergehenden Anforderungen an die Straßeninfrastruktur hat es im Rahmen der Erstellung des Nahverkehrsplanes des Landkreises München und der Umsetzungsplanung der Expressbuslinie X201 umfassende Abstimmungen des Landkreises München und des MVV mit der Gemeinde Oberschleißheim gegeben und erfolgen die Umsetzungen auch im Einvernehmen mit der Gemeinde Oberschleißheim. Die für beide o. g. Buslinien vorgesehene Linienwegführung ist erforderlich, um den Anforderungen einer ÖPNV-Erschließung des LMU-Standortes (aber auch des gesamten Oberschleißheimer Südwestens) adäquat gerecht zu werden. Die Fahrplanlage/-gestaltung ergibt sich primär aus der Erforderlichkeit der Anschlussbildung von/zur Schnellbahn (u.a. am Bahnhof Oberschleißheim), ist daher nur begrenzt variabel.“
2. Die Verbreiterung der Veterinärstraße steht wie oben beschrieben in keinem Zusammenhang mit der Erschließung bzw. Realisierung eines Gewerbegebietes.
3. Die Realisierung des „One Health Technology Campus“ wird noch einige Jahre dauern. Die Umsetzung wird in einzelnen Bauabschnitten erfolgen. Da bis zur Realisierung der Westumfahrung keine andere Möglichkeit der Erschließung des Campus besteht, wird die St.-Hubertus-Str. als Interimslösung dienen.
Als einzige Erschließung des angestrebten Campus wird dies jedoch niemals möglich sein, da die St.-Hubertus-Str. vermutlich nicht leistungsstark genug ist. Der Bau der Westumfahrung ist daher für die Erschließung des Gewerbegebietes zwingend notwendig.
4. Im Rahmen der städtebaulichen Verträge mit dem Freistaat Bayern wird vor allem auch Wert auf Mobilitätskonzepte, alternative Mobilitätsformen (z. B. Ladesäulen für E‑Bikes und eine hohe Anzahl an Fahrradstellplätzen) und die ordnungsgemäße Erschließung der Fakultät gelegt.
Ursprünglich wurde vom Vorhabenträger angedacht, die Geh- und Radwegeführung innerhalb des Campus zwischen den baulichen Anlagen und Stellplatzanlagen zu führen, was jedoch keinesfalls akzeptabel war. Das bereits oben genannte und von einem Ingenieurbüro erarbeitete Erschließungskonzept entspricht voll und ganz dem gemeindlichen Verkehrsentwicklungsplan und Radwegekonzept und wird somit Bestandteil des Bebauungsplans und des städtebaulichen Vertrages.
Ich darf darauf hinweisen, dass alle von mir genannten Stellungnahmen und Gutachten Teil des Verfahrens sind und dem Gemeinderat in öffentlichen Sitzungen vorgelegt wurden. Sämtliche Unterlagen sind im Ratsinformationssystem der Gemeinde Oberschleißheim öffentlich einsehbar.
Ich möchte nochmal klar und deutlich festhalten, dass die in der Einführung genannten Maßnahmen ausschließlich der Erschließung der tierärztlichen Fakultät der LMU zuzuordnen sind und ausschließlich aus diesem Bauvorhaben resultieren. Ein mögliches Gewerbegebiet ist nicht einberechnet oder berücksichtigt.
Dies wäre zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich, da noch keinerlei Einzelheiten hierzu bekannt sind. Wir haben hier erst vor kurzem die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen und können nun das Verfahren weiter verfolgen.
Ich hoffe, ich konnte darlegen, warum die Veterinärstraße verbreitert werden muss. Es ist nicht aus einem Vorschlag meinerseits entstanden oder dass ich keinen Wert auf Bäume lege oder mir die Erhaltung der Natur gänzlich egal wäre. Für mich stellt es eine Maßnahme dar, die aufgrund der Situierung der tierärztlichen Fakultät der LMU in unserer Gemeinde notwendig ist.
Markus Böck, Bürgermeister
Nun ist’s also auch im Lohhofer & Landkreisanzeiger vom Bürgermeister nochmals amtlich verkündet: Die Verbreiterung der Veterinär-Straße ist ausschließlich der ÖPNV-Verbindung zwischen S‑Bahnhof und dem LMU-Campus geschuldet.
In der dafür zitierten MVV-Stellungnahme ist zu lesen: „Die für beide o. g. Buslinien (also die bestehende und dem geplanten Expressbus USH-OSH-Feldmoching/Anm. des Verfassers) geplante Linienführung ist erforderlich, um den Anforderungen einer ÖPNV-Erschließung des LMU-Standortes (aber auch des gesamten Oberschleißheimer Südwestens) adäquat gerecht zu werden…ergibt sich … primär aus der Erforderlichkeit der Anschlussbildung von/zur S‑Bahn, ist daher nur begrenzt variabel.“
Nachdem ich den Artikel gestern gelesen habe, habe ich über die „Anbindung des Südwestens“ die halbe Nacht überlegt: Warum wurde über diese — anscheinend mangelhafte — Anbindung nicht schon früher nachgedacht?
Nun bin ich Bewohner eines Reihenhauses im „Südwesten“ seit mehr als 25 Jahren und habe über knapp 20 Jahre an 220 Arbeitstagen die S‑Bahn benutzt. Meist habe ich den Weg zur S‑Bahn fussläufig oder per Fahrrad zurückgelegt, bei schlechtem Wetter aber auch per Bus — eine Überfüllung konnte ich in den beruflichen Hauptverkehrszeiten zwischen 6:30 — 7:45 kein einziges Mal feststellen.
Vielleicht ist mir entgangen, dass unsere S‑Bahn in nächster Zeit einen 10-Minuten-Takt bekommt? Andernfalls fällt mir ein Grund für eine optimierte Anbindung unseres Ortsteils „Südwesten“ leider nicht ein. Also brauchen wir Anwohner im Südwesten keine „Taktverstärkung“ der bestehenden Buslinie.
Nun frage ich mich, ob allen Ernstes eine Linienführung des Expressbusses (!) (der also die schnellstmögliche Verbindung S‑Bahnhof zum Campus sicherstellen soll) wie die des bestehenden Busses überhaupt als „Variante“ von den „Experten“ (!) des MVV ins Auge gefasst wurde? Einzig mögliche, sinnvolle Variante für einen Expressbus? Bei 5 Kurven vom S‑Bahnhof kommend bis zur B471, die für einen „reibungslosen Begegnungsverkehr“ ja dann auch ausgebaut werden müssten? Wo Lieferwagen auf der Straße parken und parkende PKW‘s eine Begegnung Busverkehr — PKW unmöglich machen (so wie z. B. bei unserem Gemeinderat Florian Wagner vor seiner Metzgerei zu beobachten)? Einer Straße, wo aufgrund der baulichen Gegebenheiten bisher nicht mal eine Fahrradspur vorgesehen ist — hat die „fahrradfreundliche“ Kommune OSH sicher nicht übersehen?
Und ausschließlich wegen dieser Einschätzung der „MVV-Experten“ soll die Veterinär-Straße verbreitert werden?
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Gemeinderäte des Bau- und Werksausschusses, es ist keine Schande, einen einstimmig gefällten Beschluss (vom 22.03.2021) — der einzig und alleine auf der MVV-Stellungnahme basiert (!) — nochmals zu überprüfen.
Deshalb fordere ich Sie auf, die Bauamtsleitung zu beauftragen, meine Überlegungen zu einer sinnvollen (!) Linienführung des geplanten X201 mit den MVV-Experten zu verifizieren. Zu einer Ortsbesichtigung (gemeinsam mit eventuell ortsunkundigen Anwohner*innen von OSH-Nordwest, Badersfeld oder Hackermoos) stehe ich jederzeit bereit.
Es steht ja eine Sitzung dieses Gremiums am 22.11.2021 an — könnte ja auf die Tagesordnung genommen werden?
Joachim Dähler
P.S.: nichts für ungut, wenn ich mich der neuen Namensgebung angeschlossen habe — ich wohne gerne in der Ertlsiedlung, so wie die „Nordwestler“ sich in Altschleissheim wohl fühlen.
Zunächst ein großes Lob an unseren 1. Bürgermeister, dass hier die wichtigsten Zahlen zum Campus genannt werden. Ich unterstelle ihm auch nicht, dass er die „geerbte“ Problemstellung nicht optimal zu lösen versucht. Nur für die zugrundeliegenden Gutachten vermisse ich eine Vernetzung und habe Probleme mit der Datenqualität.
Deshalb habe ich hier ein paar Verständnisprobleme zusammengestellt, wenn man die Gutachterzahlen gegenüberstellt und mit anderen Zahlen vergleicht:
- bei einer Gesamtzahl von rd. 2.600 — 2.800 Personen am Campus werden 3.700 Kfz-Neufahrten pro Tag prognostiziert = 1.850 Zu- und Abfahrten von Personen am Campus zzgl. Besuchern: wie passt diese Prognose zu dem vollmundigen Bekenntnis zum ÖPNV?
- falls diese Kfz-Zahl wirklich eintreffen sollte: wie passt dies zu 555 Parkplätzen? Es dürften also nur knapp 1/3 der PKWs gleichzeitig auf dem Campus sein?
- die Gesamtzahl steht einer bisherigen Anzahl von Einpendlern 3.841 täglich (statistisches Bundesamt) gegenüber. Geht man davon aus, dass in Zeiten des HomeOffice nicht alle Menschen täglich anwesend sind und durch die geplanten Wohnungsbaumaßnahmen nicht alle rd. 2.500 Menschen pendeln, kann man trotzdem von einem Zuwachs von knapp 50 % täglicher Einpendler ausgehen.
- möchte man möglichst viele Menschen per ÖPNV transportieren, sollten die kürzesten Fahrtwege angeboten werden = S‑Bahnhof OSH oder U‑Bahnhof Feldmoching direkt zum Campus ohne ortsinterne Führung. Wozu braucht man dann einen „Begegnungsverkehr“ von Bussen in der Veterinärstraße/St. Hubertus-Straße? Denn bisher wurde für eine Verbreiterung der Veterinärstraße als ausschließlicher Grund genau dies herangezogen.
- sollten vielmehr die 250 LKWs der Grund sein, warum können diese nicht überwiegend den Kreisel in der Sonnenstraße zur Zu- und Abfahrt nutzen? Falls dies anders geplant sein sollte: Wird die Campus-interne Logistik nicht über die Interessen von Oberschleißheim gestellt?
Schön, dass Oberschleißheim zu einer bedeutenden „Universitätsstadt“ heranwächst — aber bitte wohlüberlegt.
Meine Bedenken bezüglich des Gewerbegebietes ordne ich den letzten „Lesermails“ unseres 3. Bürgermeisters Casimir Katz zu, dort werde ich sie verknüpfen.