Stel­lung­nahme (2) zu „Rathaus verliert fünf Millio­nen bei Bankencrash“

Wie bereits ange­kün­digt, möchte ich weiter­hin naht­los und trans­pa­rent über die Umstände im Zusam­men­hang mit dem Greens­ill Desas­ter berich­ten. Die interne Über­prü­fung ergab bislang folgende Ergebnisse:

Aufgrund der Corona-Pande­mie wurde im Juni 2020 im Rahmen einer öffent­li­chen Finanz­aus­schuss­sit­zung ein Bericht zur aktu­el­len Haus­halts­ent­wick­lung vorge­stellt. Hier wurde unter Punkt 5 des Berichts die Aufstel­lung der Rück­la­gen, wo und mit welcher Lauf­zeit Gelder ange­legt wurden, darge­stellt. Die Rück­la­gen waren zu diesem Zeit­punkt auf zwei private Banken verteilt.

Frei­wer­dende Gelder werden nach Rück­spra­che mit Finanz­ver­mitt­lern, die seit vielen Jahren zuver­läs­sig für die Gemeinde Ober­schleiß­heim tätig sind, weiter ange­legt. Grund­sätz­lich wird auch durch die Finanz­ver­wal­tung die Boni­tä­ten der in Frage kommen­den Banken geprüft.

Die Gemeinde Ober­schleiß­heim hat bisher keine vom Gemein­de­rat beschlos­sene Anla­ge­richt­li­nie. Die Anlage der Gelder ist aber über eine Dienst­an­wei­sung für das Finanz- und Kassen­we­sen von den Verant­wort­li­chen der Finanz­ver­wal­tung gedeckt.

Anders als bei Privat­an­le­gern sind Geld­an­la­gen von Kommu­nen bei priva­ten Banken seit 2017 nicht mehr durch Einla­gen­si­che­run­gen geschützt. Daher stellt es sich sehr schwie­rig dar, Banken zu finden, die über­haupt noch Geld anneh­men. Um Nega­tiv-Zinsen zu vermei­den, wurden weiter­hin auch private Banken bei der Geld­an­lage berücksichtigt.

Die Greens­ill-Bank war zum Zeit­punkt der letz­ten Anlage, also im August 2020, mit “A-” bewer­tet und galt somit als sicher. Im Okto­ber 2020 wurde die Bank auf “BBB+” (= befrie­di­gend) zurückgestuft.

Bezüg­lich der Zustän­dig­keit bei Entschei­dun­gen zur Anlage von Rück­la­ge­mit­teln ist weder in der Kommu­na­len Haus­halts­ver­ord­nung noch in den dazu­ge­hö­ri­gen Kommen­ta­ren eine klare Rege­lung genannt.

Juris­ti­sche Schritte werden in jede mögli­che Rich­tung geprüft.

Die Gemeinde Ober­schleiß­heim hat sich dem Zusam­men­schluss von mehre­ren betrof­fe­nen Kommu­nen ange­schlos­sen und ist hier unter ande­rem mit der feder­füh­ren­den Stadt Monheim in Kontakt.

In der kommen­den Woche werde ich den Baye­ri­schen Kommu­na­len Prüfungs­ver­band verstän­di­gen und um eine außer­tour­li­che Prüfung der Vorgänge bitten.

Bislang kann jedoch fest­ge­stellt werden, dass von Seiten der Bürger­meis­ter Kuch­l­bauer und Böck oder der Verwal­tung nicht gegen derzeit bestehende Richt­li­nien oder Dienst­vor­schrif­ten versto­ßen wurde.

Da bereits von verschie­de­nen Frak­tio­nen Pres­se­mit­tei­lun­gen zu diesem Thema verfasst und verschickt wurden, möchte ich vorsorg­lich vor vorei­li­gen Schuld­zu­wei­sun­gen in jegli­che Rich­tung warnen.

Auch mein unbe­ding­tes Bestre­ben ist es, diese Situa­tion lücken­los und möglichst ohne offene Fragen aufzuklären.

Markus Böck,
Bürgermeister

1 Kommentar

  1. Es ist schon verwun­der­lich, wie versucht wird, ohne genaue Anga­ben die Unschuld zu beweisen.

    Ich habe in meinen Ausfüh­run­gen sowohl das Rating als auch die Agen­tur genannt. Herr Böck meint, mit der Angabe von “BBB+” ist alles im grünen Bereich. Es fehlt mir aber die Rating­agen­tur, die dieses BBB+ verge­ben hat. Nach meinen Recher­chen kann es sich nur um die Rating­agen­tur Scope handeln. Alle ande­ren Rating­agen­tu­ren, die eine Wertung abge­ge­ben haben, landen besten­falls in den Werten “B” (Schwei­zer Rating­agen­tur‚ Inde­pen­dent Credit View/I‑CV), wenn nicht nied­ri­ger in C.

    Darüber habe ich in der Börsen­zei­tung folgen­des gelesen:
    “Rating mit Geschmäckle
    Der Akti­ons­ra­dius von Maurice Thomp­son, Aufsichts­rats­chef der Greens­ill Bank, wirft Fragen auf: Der Mana­ger sitzt im Advi­sory Board der Rating­agen­tur Scope, welche der Bremer Bank bis zum von der BaFin verhäng­ten Mora­to­rium Mitte vergan­ge­ner Woche ein Invest­ment-Grade-Rating zuer­kannt hat. Diese hatten der von Thomp­son kontrol­lier­ten Greens­ill Bank ein Invest­ment-Grade-Rating von „BBB +“ zuer­kannt, bis die Finanz­auf­sicht Mitte vergan­ge­ner Woche die Bank für den Publi­kums­ver­kehr schloss. Auch vor dem Hinter­grund des freund­lich wirken­den Ratings wirft dies Fragen auf, etwa nach einem Zusam­men­hang zwischen Boni­täts­note und Thomp­sons Tätig­keit im Bera­tungs­gre­mium, entspre­chen­den Inter­es­sen­kon­flik­ten und deren Manage­ment, nach Thomp­sons Vergü­tung durch Scope bzw. Sonder­kon­di­tio­nen bei Ertei­lung des Rating-Mandats oder ande­rer Absprachen.”

    Deswei­te­ren ist in der Finanz-Szene.de zu finden: “Bekannt­lich ließ sich die Greens­ill Bank von keiner der drei großen Boni­täts­wäch­ter (also von S&P, Moody‘s oder Fitch) bewer­ten – sondern von Berli­ner Anbie­ter Scope.” (siehe auch “Rating mit Geschmäckle”). 

    Was hatte die Greens­ill-Bank zu verber­gen? Ein Rating der drei Großen hätte heute bestimmt einen ganz ande­ren Stellenwert.

    Ich empfehle, “Das Greens­ill-Proto­koll” zu lesen. Es hätte niemals eine Anlage bei dieser Bank erfol­gen dürfen. Im übri­gen hat mein ehema­li­ger Arbeit­ge­ber Kunden vor Inves­ti­tio­nen 2019 gewarnt. Aber es ist klar, wenn Vertre­ter der Bank, Finanz­dienst­leis­ter auf Provi­si­ons­ba­sis, die Anla­gen schön­re­den und drauf hinwei­sen, dass die Haus­bank nicht infor­miert werden soll, dann wird man die nega­ti­ven Werte kaum erfah­ren. Es wäre mit Sicher­heit hilf­reich gewe­sen, wenn man abso­lute Fach­leute, vor allem aus den örtli­chen Kredit­in­sti­tu­ten, befragt hätte. Die Ausfüh­run­gen in den vielen Berich­ten und Leser­brie­fen lassen bei mir nicht den Schluss zu, dass genü­gend Know-how und Spezi­al­wis­sen für eine Anlage in dieser Art und Form vorhan­den ist.

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