Leser­mail zum Artikel “Start­schuss für Gewer­be­ge­biet”

Grüne stellen sich gegen ein neues Gewer­be­ge­biet im Land­schafts­schutz­ge­biet

In der Gemein­de­rats­sit­zung am 29.09.2020 wurde die Heraus­nahme eines 15 ha großen Grund­stücks südlich der B471 aus der Land­schafts­schutz­ge­biets­ver­ord­nung beschlossen, um diese Fläche als zukünf­tiges Gewer­be­ge­biet ausweisen zu können.

Die Grüne Frak­tion stimmte einstimmig gegen diesen Antrag und möchte nun ihr Abstim­mungs­ver­halten erläu­tern:

Die Fläche des geplanten neuen Gewer­be­ge­biets befindet sich derzeit noch im Land­schafts­schutz­ge­biet „Münchner Norden“ und ist der entspre­chenden Land­schafts­schutz­ge­biets­ver­ord­nung unter­worfen. Ziel dieses Land­schafts­schutz­ge­bietes ist es, „die Leis­tungs­fä­hig­keit des Natur­haus­halts zu erhalten und die Lebens­be­din­gungen für eine stand­ort­ge­rechte Arten­viel­falt zu sichern.“ Darüber hinaus soll laut Land­schafts­schutz­ge­biets­ver­ord­nung die Viel­falt und Eigenart des Land­schafts­bildes der Münchner Schot­ter­ebene mit den sich abwech­selnden verschie­denen Lebens­räumen erhalten werden. Gerade die Fläche südlich der B471 spielt hierbei eine zentrale Rolle und ist daher auch als beson­ders sensibel fest­ge­legt und hat laut Regio­nal­plan “als regio­naler Grünzug beson­dere Bedeu­tung für das Bioklima und den Luft­aus­tausch, die Erho­lungs­nut­zung sowie die Glie­de­rung des Sied­lungs­raums.“

Demzu­folge ist die Umwand­lung dieser Fläche in ein Gewer­be­ge­biet ökolo­gisch in keinster Weise zu recht­fer­tigen.

Da sich Gemeinden in der Regel zu großen Teilen über die Gewer­be­steuer der ansäs­sigen Unter­nehmen finan­zieren, sind die Bemü­hungen der Gemeinde Ober­schleiß­heim, neues Gewerbe an den Ort zu binden, richtig und wichtig. Dabei ist jedoch immer auf das rich­tige Augenmaß zu achten.

Während der Busi­ness-Campus Unter­schleiß­heim in regel­mä­ßigen Abständen ganz­seitig in Zeitungen mit freien Gewer­be­flä­chen wirbt und auch das Kory­feum in unserer Nach­bar­ge­meinde noch „Büro­flä­chen in allen Größen“ zur Vermie­tung anbietet, ist es in unseren Augen ein fatales und falsches Zeichen, Land­schafts­schutz­ge­biete in Gewer­be­flä­chen umzu­wan­deln.

Nach den Worten unseres Bürger­meis­ters soll hoch­wer­tiges Gewerbe entstehen, dies sehen wir Grüne aber sehr skep­tisch. Wir befinden uns in einer Zeit der Rezes­sion und schaffen es momentan nicht einmal, die vorhan­denen Gewer­be­flä­chen in Unter­schleiß­heim und die freien Gewer­be­flä­chen in unserem Gemein­de­ge­biet zu vermieten. Die Gemeinde muss bei der Auswei­sung massiv in Vorleis­tung gehen und wir befürchten, dass in Zeiten von Home­of­fice die erhofften Gewer­be­partner (Büro­flä­chen) ausbleiben. Für die auto­bahn­nahe Fläche genau gegen­über des Plan­ge­bietes, also nörd­lich der B471, prognos­ti­ziert die Mach­bar­keits­studie des Planungs­ver­bandes Äußerer Wirt­schafts­raum wort­wört­lich: “Für Verwal­tungen, Büro­nut­zungen und andere tertiäre Arbeits­stätten ist der Standort weniger geeignet, für über­ört­lich bedeut­same Transport‑, Lager‑, Groß­han­dels- und Zulie­fer­be­triebe mit einem hohen Bedarf an Fläche und leis­tungs­fä­higem Stra­ßen­an­schluss sehr.”

Dasselbe gilt also für das aktu­elle Plan­ge­biet!

Dass der denk­mal­ge­schützte Kanal mehr­fach gequert werden muss und dadurch eine erheb­liche Beein­träch­ti­gung zur Folge hätte, blenden die meisten Gemein­de­rats­kol­legen und ‑kolle­ginnen komplett aus.

Aus diesen Gründen werden wir als Grüne uns auch weiterhin gegen ein Gewer­be­ge­biet südlich der B471 einsetzen.

Freund­liche Grüße
Chris­toph Münster
Bündnis 90/Die Grünen, Spre­cher

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2 Kommentare

  1. Blockade um jeden Preis?

    Die Planung des neuen Gewer­be­ge­biets im Land­schafts­schutz­ge­biet hätte gar nicht sein müssen.

    Zur Erin­ne­rung: 2013 — das von SPD und FDP befür­wor­tete Gewer­be­ge­biet entlang der A92 war nicht in einem Land­schafts­schutz­ge­biet, wäre über die geplante Umge­hungs­straße ange­bunden worden und hätte den Lärm­schutz hin zur Auto­bahn verbes­sern können. Wäre es tatsäch­lich so gekommen, hätten wir schon seit Jahren höhere Gewer­be­steu­er­ein­nahmen. Aber dieses Gebiet wurde durch eine sehr emotio­nale Kampagne, die maßgeb­lich durch die Grünen gepusht wurde, letzt­lich per Bürger­ent­scheid abge­lehnt. Das haben wir von der SPD und die FDP damals zähne­knir­schend akzep­tiert. Der Land­kreis boomt — in Ober­schleiß­heim wird blockiert.

    Nach Jahren des Still­stands sollten wir endlich die Chance nutzen, weiteres Gewerbe in Ober­schleiß­heim anzu­sie­deln, auch wenn jetzt der Land­schafts­schutz tangiert wird. Denn auch die von den Grünen bevor­zugte Fläche südlich der LMU ist im selben Land­schafts­schutz­ge­biet, da sämt­liche Flächen außer­halb der im Bürger­ent­scheid abge­lehnten Fläche im Land­schafts­schutz­ge­biet liegen.

    Wir als SPD nehmen den Land­schafts­schutz sehr ernst, aber gleich alle Planungen abzu­lehnen, ist nicht ziel­füh­rend: Kein neues Gewer­be­ge­biet — keine zusätz­li­chen Einnahmen. Das heißt, dass drin­gend notwen­dige Inves­ti­tionen immer weiter in die Zukunft verschoben werden müssen.
    Das sind meines Erach­tens unter anderem…
    — ein neues Hallenbad
    — Gemein­de­woh­nungen
    — die Fertig­stel­lung der neuen Orts­mitte
    — die Umge­stal­tung des Bahn­hofs­vor­platzes und
    — die Brücken­sa­nie­rung.

    Oder soll der allei­nige Fokus fortan darauf liegen, nur noch zu sparen und am Ende notge­drungen sogar frei­wil­lige Leis­tungen zu strei­chen?

    Ober­schleiß­heim braucht mehr Einnahmen. Ein neues Gewer­be­ge­biet war schon 2013 eine notwen­dige Maßnahme und ist es heute umso mehr. Ich bin auf konstruk­tive Vorschläge der Kritiker dieser Gewer­be­an­sied­lung gespannt, wie sie die ange­spannte finan­zi­elle Lage der Gemeinde ohne zusätz­li­ches Gewerbe verbes­sern wollen.

    Ralf Bönne­mann

    Antworten
  2. Lieber Chris­toph, liebe Frak­tion Bündnis 90/Die Grünen,

    die hier zitierte Mach­bar­keits­studie des Planungs­ver­bandes Äußerer Wirt­schafts­raum ist ein Papier von 2010.

    Eine im Juli 2019 von der Fa. Colliers erstellte Nach­fra­ge­ana­lyse für Gewer­be­ge­biete in Ober­schleiß­heim zeigte deut­lich, dass sehr wohl Nach­frage an Gewer­be­flä­chen in allen Berei­chen gegeben ist.

    Nicht richtig ist, dass der gewählte Standort Teil des Regio­nalen Grün­zugs ist. Im aktu­ellen Regio­nal­plan vom 25.02.2019 ist dies klar und deut­lich erkennbar und bereits als Sied­lungs- und Versor­gungs­fläche vorge­sehen.

    Richtig ist, dass es Teil des Land­schafts­schutz­ge­bietes ist, weshalb ein Heraus­nah­me­an­trag aus der entspre­chenden Verord­nung notwendig ist. Dies wäre aber auch beim von Ihrer Frak­tion favo­ri­sierten Standort E der Fall gewesen.

    Dass niemand über­ört­lich bedeut­same Transport‑, Lager‑, Groß­han­dels- und Zulie­fer­be­triebe mit einem hohen Bedarf an Fläche am Ort haben möchte, darüber sind wir uns einig. Hoch­wer­tiges Gewerbe an den Ort zu bekommen, ist daher für mich oberste Prio­rität.

    Markus Böck
    Erster Bürger­meister

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