Leser­mail zum Arti­kel “Irgend­was mit Bürgern”

Bürger­be­tei­li­gung scheint ein Hype zu sein. Aber wurde sie nicht schon längst beschlos­sen und sogar umgesetzt?

Die Agenda 21 betont, dass auch regie­rungs­un­ab­hän­gige Orga­ni­sa­tio­nen und Einrich­tun­gen an poli­ti­schen Entschei­dun­gen zu betei­li­gen sind. Auch hier im Ort gibt es immer noch vier Agenda-Grup­pen, die in unter­schied­li­cher Inten­si­tät arbei­ten und in die poli­ti­schen Entschei­dun­gen auch unter­schied­lich einge­bun­den sind. Bei der Zukunfts­kon­fe­renz, dem Verkehrs­ent­wick­lungs­plan wurden die Bürger inten­siv einge­bun­den. Viel­leicht erin­nert sich noch jemand an das Jugend­par­la­ment vor ca. 25 Jahren.

Wir leben in einer reprä­sen­ta­ti­ven Demo­kra­tie. Im Gegen­satz zu klein­räu­mi­gen Voll­ver­samm­lun­gen bei den alten Germa­nen oder in den Schwei­zer Ur-Kanto­nen werden Entschei­dun­gen durch gewählte Vertre­ter getrof­fen. Diese gewähl­ten Vertre­ter sind nicht ihren Wählern, sondern der gesam­ten Bevöl­ke­rung verantwortlich.

Das ist untrenn­bar damit verbun­den, dass die Volks­ver­tre­ter ansprech­bar sein müssen. Und auch hier gilt das Grund­prin­zip, dass man auf Kunden bzw. Bürger hören muss, aber nicht genau das tun, was sie wollen, sondern alle Inter­es­sen gegen­ein­an­der abwä­gen muss. Die letz­ten Entschei­dun­gen trifft das gewählte Gremium.

Das Instru­ment des Bürger- und Volks­ent­scheids kommt daher ergän­zend hinzu, hat aber nicht nur recht­li­che Beschrän­kun­gen, sondern auch den Nach­teil, dass die einmal formu­lierte Frage auch mit neue­ren Erkennt­nis­sen nicht mehr verän­dert werden kann. Die einzige Korrek­tur­mög­lich­keit ist dann ein Gegen­ent­wurf des zustän­di­gen Gremiums.

Was dieser letz­ten Form der Bürger­be­tei­li­gung also fehlt, ist der Dialog. Und ein Dialog, in dem nur unver­än­der­li­che Posi­tio­nen ausge­tauscht werden, oder gar einsei­tig Eier oder Toma­ten flie­gen, ist in Wirk­lich­keit keiner. Ein echter Dialog muss Meinun­gen und Erkennt­nisse austau­schen. Fakten erleich­tern diesen Prozess deut­lich. Reine Anre­gun­gen neigen dazu, nicht verstan­den und dann igno­riert zu werden.

Sehr wich­tig ist dabei, dass ein gefun­de­ner Consens auch fest­ge­hal­ten wird und man darauf aufbaut. Wenn eine Entschei­dung mal demo­kra­tisch getrof­fen wurde, sollte sich der weitere Dialog auf das „wie“ und nicht auf das „ob“ konzen­trie­ren. Das wurde im heuti­gen Hearing im Mobi­li­täts­aus­schuss des Bayri­schen Land­tags noch mal klar formuliert.

Jede Baumaß­nahme hat verschie­dene Planungs­stu­fen, die sich auch in den Leis­tungs­pha­sen der HOAI wider­spie­geln. Aus einer Idee folgen: Grund­la­gen­er­mitt­lung, Vorpla­nung, Entwurfs­pla­nung, Geneh­mi­gungs­pla­nung, Ausfüh­rungs­pla­nung. Eine Bürger­be­tei­li­gung stellt sehr früh Fragen, die eigent­lich erst später behan­delt werden. Man braucht daher einen gewis­sen Planungs­vor­sprung, der aber fort­lau­fend ange­passt werden muss.

Wenn das nicht passiert, landet man ganz schnell in der Situa­tion, dass das finale Ergeb­nis nicht mehr den Inten­tio­nen der Idee entspricht. Dabei ist leider auch ein entspre­chend langer Zeit­raum der Betei­li­gung und des Abwä­gens erfor­der­lich, bei dem die Betei­lig­ten dabei sein sollten.

Es ist also komplex und man sollte wissen, wo man hin will, bevor man losrennt.

Casi­mir Katz, Gemein­de­rat (FDP)

1 Kommentar

  1. Vielen Dank, Herr Dr. Katz, für Ihre sehr ausführ­li­chen und anschau­li­chen Erklärungen. 

    Beson­ders inter­es­sant finde ich den Hinweis auf die Germanen!

    Gerlinde Kufer

    Antworten

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