Leser­mail zum Arti­kel “Beet­ho­ven verschoben”

Keine Expe­ri­mente – Keine Kultur

Arti­kel 3 der Bayri­schen Verfas­sung besagt: “Bayern ist ein Rechts‑, Kultur- und Sozi­al­staat.” Von der Kultur war in den Erklä­run­gen der Bundes- wie der Staats­re­gie­rung zu Corona aber kein einzi­ges Wort zu hören. Beim Okto­ber­fest war man sich noch nicht sicher, für die Öffnung der Geschäfte gibt es genaue Regeln, über Kultur redete man nicht einmal. 

Am Tag drauf wurde die gesamte Spiel­zeit des Natio­nal­thea­ters „alter­na­tiv­los“ für been­det erklärt, da die Künst­ler aus dem Ausland auch zu den Proben nicht mehr anrei­sen können.

Jeden Tag schal­ten wir das Radio ein, um Musik zu hören. Dass diese Musik von Menschen gemacht wird, inter­es­siert nicht. Das Natio­nal­thea­ter bietet Opern per „video on demand“, es gibt ein paar kurze virtu­elle Konzerte, bei denen die Musi­ker jeder für sich zu Hause spie­len. (z.B.  aus Leip­zig)

Kinos blei­ben kommen­tar­los geschlos­sen. Es ist vor allem diese mangelnde Wert­schät­zung des kultu­rel­len Ange­bo­tes, welche die Künst­ler so betrof­fen macht.

Auch in Ober­schleiß­heim werden Konzerte abge­sagt, die freien Künst­ler haben es teil­weise sehr schwer. Die Bereit­stel­lung von Geldern nutzt nichts, sie müssen auch bei den Betrof­fe­nen ankom­men und es ist sehr zu bezwei­feln, dass dies vernünf­tig orga­ni­siert werden kann. Heute kam zumin­dest die Nach­richt, dass die Künst­ler-Sozi­al­kasse einge­schal­tet wurde. Aber soll­ten wir nicht einen Teil der Rück­erstat­tung unse­rer Karten spenden? 

Keine Expe­ri­mente ist die Devise. Das ist ein Synonym dafür, nicht nach­zu­den­ken. Risiko-Manage­ment bedeu­tet aber, nach­zu­den­ken. Darüber, wie man die Klip­pen umschif­fen kann, wie man Kultur-Vorstel­lun­gen noch durch­füh­ren kann. 

Wie hoch ist das Infek­ti­ons­ri­siko, wenn alle Zuschauer eine Maske tragen müssen, sich nicht gegen­über, sondern hinter­ein­an­der sitzen? Müssen Kultur­ver­an­stal­tun­gen auch von Perso­nen besucht werden können, die ein beson­ders hohes Risiko haben? 

Wie können Musi­ker, die zusam­men spie­len, sich schüt­zen? Warum können Kinos nicht öffnen, die nur die Hälfte der Karten verkaufen?

Ange­sichts der gigan­ti­schen Probleme, die uns bei den wirk­lich großen Wirt­schafts­un­ter­neh­men noch bevor­ste­hen, die bis zum Jahres­ende Kurz­ar­beit ange­kün­digt haben und deren Erhalt sich nicht mit dem Drucken von Geld absi­chern lässt, sind die Probleme mit der Kultur vernach­läs­sig­bar. Aber sie sind nicht irrele­vant. Es ist eine essen­ti­elle Grund­lage unse­res Zusammenlebens.

Jede Einschrän­kung der persön­li­chen Frei­heit muss regel­mä­ßig auf ihre Sinn­haf­tig­keit und Wirk­sam­keit über­prüft werden. Die Gesund­heit ist ein beson­ders hohes Gut, aber wenn sie allein entschei­dend ist, muss Rauchen, Trin­ken, Auto­fah­ren oder Sport­trei­ben auch komplett verbo­ten werden. Wollen wir das?

Casi­mir Katz

2 Kommentare

  1. Ein sehr guter Arti­kel. Da kann ich Herrn Katz nur in vollem Umfang recht geben.

    Antworten
  2. Mir fehlen die Worte.

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert