Leser­mail zum Arti­kel „Allee nicht der Gewer­be­er­schlie­ßung opfern“

Dieser Beitrag bezieht sich auf den Artikel "Allee nicht der Gewerbeerschließung opfern".

Ober­schleiß­hei­mer lehnen neue Part­ner­stadt ab: Schlida krachend abgeschmettert

Als Ex-Ober­schleiß­hei­mer verfolge ich auch im 16ten Jahr meines mittel­hes­si­schen Exils die Gescheh­nisse und Entwick­lun­gen meiner alten und immer noch innig gelieb­ten Heimat äußerst aufmerk­sam. Aus der Ferne quasi, aber dennoch auf dem Laufenden. 

Manch poli­ti­scher Narren­streich der Vergan­gen­heit hat mich schmun­zeln lassen und kam mir gar recht vertraut vor, manch ande­rer hat mich einfach nur sehr verwun­dert. Aber für mich galt und gilt seit meiner Kind­heit die Prämisse: Die Schleiß­hei­mer schaf­fens zum Schluss dann halt doch noch immer irgend­wie. Auch wenn’s mal gscheid eng naus­geht. Basta.

Das erste Mal Bauch­grim­men bekam ich tatsäch­lich beim Thema “Vabosch”. Ich musste mit ungläu­bi­gem Stau­nen beob­ach­ten, wie sich „meine“ Schleiß­hei­mer spek­ta­ku­lär blama­bel haben vor– und vor allem Nasfüh­ren lassen. Pein­lich und beschämend. 

Ok, ok – es ging ja nicht um Menschen­le­ben, sondern nur um „so einen ollen Bahn­hof“. Keines­falls um ein Ober­schleiß­hei­mer Kultur­gut. Einen unwie­der­bring­li­chen Soli­tär in der der beweg­ten Schleiß­hei­mer Geschichte. Keines­falls um einen sehr alten und histo­ri­en­schwe­ren Ort, der, einmal mit neuem Leben behaucht, sehr viel neues Leben ermög­li­chen und entste­hen hätte lassen können.

Nein, nein – keines­falls. Eben nur: ein „oller Bahn­hof“. Anyway – Deckel drauf. Vergra­ben und vergessen.

Beim Thema Rewe hatte ich dann ernst­haft über­legt, ob ich im Spie­gel irgend­wel­che grauen Haare im Gesicht oder auf meinem Kopf über­se­hen hätte. Kurz und gut: mal wieder mit voller Breit­seite mit Ruhm bekle­ckert. Klasse! Toll gemacht! Ange­merkt: ich bin nicht in der Park­sied­lung aufge­wach­sen, weiß aber natür­lich, wie wich­tig eine voll­sor­ti­men­tige Nahver­sor­gung für die Menschen dort ist. Und beileibe nicht nur für ältere und mobilitätseingeschränkte.

Will Schleiß­heim nicht attrak­tiv und lebens­wert sein? Zu lebens­wert gehört abso­lut untrenn­bar: Lebens­qua­li­tät! Tja – mal wieder verpennt, mal wieder versiebt. Mal wieder vera…schen lassen. Schade eigentlich.

Und jetzt – erst vor eini­gen Tagen – habe ich sie entdeckt: die grauen Haare. In meinem Gesicht, auf meinem Kopf. Viele davon. Ziem­lich viele. Eigent­lich viel zu viele.

Merk­wür­dig nur, dass ich mein „graues-Haare-Problem“ in enge Verbin­dung mit diesem unsäg­li­chen Gewer­be­ge­biet bringe, für das, gegen den erklär­ten Willen der Bevöl­ke­rung (ok — es waren ja „nur“ 700 Unter­schrif­ten, voll die Minder­heit halt, ätsch-bätsch!), auf Gedeih und Verderb eine Baum­al­lee umge­nie­tet wird.

Ich bin kein Träu­mer. Ich weiß sehr genau, dass Altes gehen muss – ster­ben muss –, damit Neues entste­hen und gedei­hen kann. Häuser, Bäume und auch wir Menschen selbst. Aber alles zu seiner Zeit. Oder anders herum: alles hat seine Zeit. Und diese Zeit machen defi­ni­tiv nicht wir Menschen. Auch nicht mit der Auswei­sung eines neuen Gewer­be­ge­bie­tes. Das oben­drein – aber was solls, inter­es­siert eh keinen – in einer uralt gewach­se­nen, schutz­wür­di­gen Land­schaft liegt.

Und schon tauchen sie wieder auf, die guten alten Bekann­ten – die voll­ende­ten Tatsa­chen. Einmal rein­ge­pflas­tert in die Land­schaft, ist’s dann halt da. Gut — das “Klee­blatt” kam dann irgend­wie doch nicht so rich­tig und die rest­li­che Planung war dann auch mal “plötz­lich” obso­let, aber jetzt ist’s halt so. Denn: wer will denn das alles wieder zurück­bauen und wer solls bezahlen? 

Und wieviel Lebens­qua­li­tät verliert dauer­haft die Ertl-Sied­lung? Aber mal ganz ehrlich – wen inter­es­siert schon die Ertl-Sied­lung? Ist ja jetzt (wie ich schau­dernd las) „Schleiß­heim-West“. Die krie­gen dann halt noch bessere Lärm­schutz­fens­ter und Luftfilteranlagen.

Ach ja — und wenn noch Geld gefun­den wird, kann man ja den Wall zur B471 ein bisserl erhö­hen. Also ein bisserl reicht bestimmt. Wurscht – ist dann halt eben so und da müssens dann halt durch, gell?

Wie war das noch­mal mit unse­ren großen Themen von jetzt und heute und hier: Klima­ka­ta­stro­phe, Wasser­knapp­heit und ‑Verschmut­zung, Baum­ster­ben, Co2, Biodi­ver­si­tät, Insek­ten- und Vogel­ster­ben, Nach­hal­tig­keit, gene­ra­ti­ons­über­grei­fen­des Planen? Ist das alles nur gesell­schafts­kom­pa­ti­bles Geschwätz? Sind das tausend­fach gehörte und gebets­müh­len­ar­tig abge­spulte Worthülsen?

Wer der Verant­wort­li­chen sieht sich die wahren Gründe dafür an, weshalb unsere Jugend, unsere Kinder, frei­tags unter Straf­an­dro­hun­gen auf die Straße gehen? Sie machen’s, weil sie Angst um ihre eigene Zukunft haben. Bittere und berech­tigte Angst! Das sind keine „klei­nen Erwach­se­nen“ – das sind Kinder! Unsere Kinder!

Ja – auch Kinder haben Zukunfts­ängste. Und nicht nur die vor der Hexe und dem schwar­zen Mann. Und genau diesen Kindern ziehen wir grade mal wieder ein weite­res Stück Zukunft unter dem A… weg. Und deren Kindern. Und deren Kindes­kin­dern. Toll! Super!

Da wird’s in der Zukunft mal ganz sicher eine Menge Menschen geben, die sich mit beson­ders großer Freude an ihre Vorfah­ren und deren Hirn- und Verant­wor­tungs­lo­sig­keit erin­nern werden. Gut gemacht – weiter so!

Viel­leicht mal exakt darüber nach­den­ken? Und zwar wirk­lich nach­den­ken und nicht nur “mit halbem Ar…”

Soweit mir erin­ner­lich ist, gab es vor Jahren (ich meine, es war in der Amts­zeit von Frau Zieg­ler, bin aber nicht sicher) eine schon recht weit gedie­hene Planung zu einem Gewer­be­ge­biet südlich des heuti­gen Campus, nahe der A92. Sollte ich da falsch liegen, lasse ich gerne berich­ti­gen. Ich meine, dass diese Planung mehr oder weni­ger „druck­reif“ war, dann aber – aus irgend­wel­chen Grün­den – hint­an­ge­stellt wurde. Wahr­schein­lich gab’s damals dring­li­chere Probleme zu lösen.

Egal – wäre es nicht sehr, sehr dring­lich und sinn­voll, sich diese dama­li­gen Planun­gen noch­mals und wirk­lich ernst­haft und mit vollem Herz­blut vorzu­neh­men? Würden sich damit – auch zukünf­tige – Erschlie­ßungs­pro­bleme nicht even­tu­ell besser lösen lassen? Wäre das mögli­cher­weise ein aus ehrli­cher Über­zeu­gung heraus geleb­ter Ansatz zur gene­ra­ti­ons­über­grei­fend nach­hal­ti­gen Planung?

So schön neu hinzu­kom­mende Part­ner­städte für Ober­schleiß­heim sein können – bei mir würde die Stadt Schilda nicht auf Platz Eins der Auswahl stehen. Sie wissen schon: diese Stadt mit dem fens­ter­lo­sen Rathaus­neu­bau. Aber ich habe ja auch nicht die Auswahl zu tref­fen. Das machen – wie immer – andere. Schein­bar. Oder lässt sich auch bei „den ande­ren“ noch etwas ansto­ßen und verändern?

Mit ganz herz­li­chen und verbun­de­nen Grüßen an meine sehr wert­ge­schätzte alte Heimat
Hendric Wehr

1 Kommentar

  1. Jaja, aus dem “exoti­schen Ausland” (Hessen) redet es sich ganz schlau daher.

    Die alte Bahn­hofs­ruine hat ein priva­ter Eigen­tü­mer (Akti­en­ge­sell­schaft) einem ande­ren priva­ten Eigen­tü­mer verkauft. Wie hätte das anders laufen sollen? Hätte die Gemeinde (die eh kein Geld dafür hätte) irgend­et­was tun sollen? Wohl eher nicht, da solche Geschäfte nicht öffent­lich sind und die Eigen­tü­mer damit machen können, was sie lustig sind.

    Eben­falls der Rewe: Priva­ter Eigen­tü­mer sperrt den Laden zu und verkauft an einen ande­ren priva­ten Eigen­tü­mer. Nicht schön, aber der Eigen­tü­mer kann da tun, was er will. Wenn er will, kann er auch einfach garnichts machen und die Gebäude zusam­men­fal­len lassen.

    Was hat jetzt die Gemeinde damit zu tun?

    Und bei einer jetzt schon viel­be­fah­re­nen Bundes­straße werden ein paar mehr Autos sicher­lich plötz­lich die Sied­lung, die nebenan hinter einer riesen Lärm­schutz­an­lage liegt, unle­bens­wert machen…

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