Fest­kan­tate, Reiter­tur­nier und Commiß-Brod

30.09.2018 | Schlösser & Museen | 1 Kommentar

Die Hof- und Fest­kul­tur des Barock soll in einem neuen Veran­stal­tungs­for­mat dem baro­cken Bayern präsen­tiert werden: in einem der baro­cken Monu­mente des Landes, in Schloss Schleiß­heim. Die Premiere des “Chur­baye­ri­schen Freu­den­fes­tes”, insze­niert von dem in Lust­heim aufge­wach­se­nen Histo­ri­ker Marcus Junkel­mann, wurde am Sams­tag geboten.

Reiter­spiele und mili­tä­ri­sche Demons­tra­tio­nen im Schloss­park waren den gesam­ten Nach­mit­tag über öffent­li­che Attrak­tio­nen, gegen Abend hin verla­gerte sich das Fest eintritts­pflich­tig in das Schloss. An die 400 Besu­cher genos­sen dort dann eine Moden­schau baro­cker Gewän­der, Tanz­thea­ter, Bauern­mu­sik im Vesti­bül und Konzer­tan­tes in oberen Gemä­chern und in der Nacht abschlie­ßend eine Kampf­in­sze­nie­rung mit Kano­nen und Gewehr­sal­ven beim Kampf um die „Insel­fes­tung“ in der Kaskade im Schloss­park, die in ein fina­les Feuer­werk mündete.
Junkel­mann, in Schleiß­heim bekannt als Impres­sa­rio der Jubel­feier zur 1250-Jahr-Feier der Gemeinde, hatte den Proto­typ eines derar­ti­gen Freu­den­fes­tes zum 350. Geburts­tag von Kurfürst Max Emanuel 2012 kreiert, im Vorjahr gab es dann einen Versuch am Rande der Kutschen­gala, nicht recht fertig und dann auch noch vom Wetter zerzaust.
Anker­punkt der Auffüh­rung 2018 nun war im Großen Saal die erste Wieder­auf­füh­rung einer Fest­kan­tate exakt 300 Jahre nach ihrer Entste­hung. „Gia‘ dall‘ Isser ameno“, von der lieb­li­chen Isar her, kündet vom Ruhm der baye­ri­schen Kurprin­zen, der Söhne Max Emanu­els, die sich in der Feld­schlacht gegen die Osma­nen vor Belgrad bewährt hatten. Flora, die römi­sche Göttin der Pflan­zen, befiehlt, ihnen Kränze zu flech­ten, wobei die blaue Hyazin­the und die weiße Narzisse — weiß und blau bilden das baye­ri­sche Wappen — in Wett­streit um diese Ehre geraten.
Der Streit wird in einem Turnier ausge­tra­gen. Holde Jung­frauen präsen­tie­ren die Ringe und die beiden blauen und weißen Pfer­de­at­trap­pen preschen hier im Saal im Trip­pel­schritt mit ihren Lanzen, den Ring zu stechen (Bild ob.). „Valore“, die Göttin der Tapfer­keit, mit Engels­flü­geln einge­schwebt, kränzt den Sieger. Die Posau­nen schmet­tern, das Cembalo jubiliert.

Kostüme, Requi­si­ten, Musik, der Ablauf der einzel­nen Programm­punkte, Spei­sen und Getränke, alles lief in abso­lu­ter Treue zu den über­lie­fer­ten Origi­nal­vor­la­gen ab. Es sollte „nicht eine Art baro­ckes Okto­ber­fest” gebo­ten werden, betonte Junkel­mann. Auch das Büffet war nach baro­cken Origi­nal­re­zep­ten zube­rei­tet worden, etwa mit “einer guten Suppen von Zwie­beln und Commiß-Brod”, wie sie während des Türken­krie­ges serviert wurde, — und das war für manche Besu­cher arg gewöhnungsbürftig.…
Paula Klee­ber­ger, die Leite­rin der Schloss­ver­wal­tung, fand den Abend “toll”. Das neue Fest „passt total zur Schloss­an­lage“. Bayerns Finanz­mi­nis­ter Albert Füra­cker, der die Schirm­herr­schaft über das Spek­ta­kel über­nom­men hatte, freute sich über „eine groß­ar­tige Gele­gen­heit, die Barock­kul­tur in ihrer Fülle mit allen fünf Sinnen zu erle­ben“. Er hoffe, schrieb er im Vorfeld, „dass es sich zu einer Tradi­ti­ons­ver­an­stal­tung im baye­ri­schen Kultur­ka­len­der entwickelt“.

 

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1 Kommentar

  1. Pünkt­lich­keit ist bekannt­lich die Höflich­keit der Könige. Da darf der Kurfürst auch mal ein paar Minu­ten später kommen. Ärger­lich war nur, dass das Buffet eine halbe Stunde zu spät begann, lange Schlange bedingte und zum Ausgleich dann eine halbe Stunde früher abge­räumt würde. Wer sich die Tanz­sze­nen ange­schaut hatte, bekam daher keinen Nachtisch.
    Auch die Stühle waren knapp. Der Zeit­ge­nosse, der „seinen“ reser­vier­ten Stuhl gewalt­sam räumte, war hier fehl am Platze.

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