Deutschlands Erfolgsmodell in der Welt sieht der Buchautor Christoph von Marschall bedroht. Bei einer Lesung in der Jugendfreizeitstätte „Planet O“ forderte er “eine strategische Debatte über Deutschlands Interessen in Europa und in der Welt und über seine Handlungsoptionen”.
Von Marschall ist Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion des „Tagesspiegel“ in Berlin, war lange Jahre Korrespondent in den USA und hat gerade das Buch „Wir verstehen die Welt nicht mehr. Deutschlands Entfremdung von seinen Freunden“ publiziert.
Seine Analyse: Deutschlands Erfolg als viertgrößte Wirtschaftsmacht der Erde und Export-Champion beruhe auf der liberalen internationalen Ordnung, die heute aber vielfältig bedroht sei durch den Nationalpopulismus in vielen Staaten oder auch durch das autoritäre Vorgehen vieler Staatenlenker.
Deutschland müsse in der Situation “seinen Nachbarn und engsten Partnern mehr zuhören, statt ihnen zu predigen, was sie aus deutscher Sicht tun sollen”, empfahl von Marschall. Die Deutschen hielten ihr Regierungshandeln meist für pro-europäisch, rational, und rechtstreu, was er aber an zahlreichen Beispielen widerlegte. Statt europäisches Recht zu achten, verstosse auch Deutschland immer wieder gegen gemeinsame Regeln, statt “mustereuropäisch” handelten die Deutschen selbstbezogen, beschwörten europäische Lösungen, stimmten sich aber mit den Partnern nicht ab. Die Außenpolitik zeige eine „Neigung zum Moralisieren und zur Hysterie“.
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