Die Bautätigkeit in Oberschleißheim führt zu sensationellen Spuren in die Vergangenheit
In Oberschleißheim wird derzeit viel gebaut. Damit eventuell vorhandene archäologische Funde erhalten oder zumindest dokumentiert und in anderer Form bewahrt werden können, müssen dem Landesamt für Denkmalpflege, genauer gesagt, der Archäologische Denkmalpflege als einem Träger öffentlicher Belange, alle öffentlichen und privaten Planungen zu Bauvorhaben angezeigt werden. Das Landesamt beauftragt dann Archäologen oder Archäologenteams mit der Sondierung.
Dass es auf Oberschleißheimer Gemeindegebiet schon seit weit mehr als tausend Jahren Siedlungen oder zumindest einzelne Anwesen gab, wissen wir. Sliusheim respektive Schleißheim taucht schließlich schon 785 (vielleicht sogar schon 775) zum ersten Mal in einer Urkunde auf und es gibt Grabstellen, Siedlungsspuren und andere Funde aus noch viel früherer Zeit. Aber dass jetzt innerhalb kurzer Zeit gleich zwei neue archäologische Funde gemacht wurden, ist schon bemerkenswert.
Der eine Fund, die Reste eines alten Brunnens auf dem Baugebiet des neuen Wohnquartiers in Mittenheim, lässt sich, so Ortschronist Otto Bürger, leicht zuordnen. Der Brunnen gehörte zu einer früheren Franziskus-Klause beim heutigen Hans-Scherer-Haus. Die alte Klause und die zugehörige Kapelle verschwanden schon im 18. Jahrhundert bzw. wurden abgerissen und durch andere Gebäude ersetzt.
Der andere Fund ist erheblich umfangreicher und gibt erheblich mehr Rätsel auf, wie in der ‘Süddeutschen Zeitung’ vom 7. August 2024 zu lesen. In Neuherberg errichtet das Bundesamt für Strahlenschutz ein neues Gebäude. Dabei stellte sich heraus, dass es auf dem Baugelände offenbar vom 9. bis zum 13. Jahrhundert ein richtiges Dorf mit Kirche, Friedhof und Häusern gegeben hat, ein Dorf, von dem bisher noch nie jemand gehört hatte.
In den Gräbern wurden Skelette gefunden, die Wohnhäuser sind etwas Besonderes, anders als sonst in dieser Zeit, in der die Menschen auf dem Land in langgestreckten Gebäuden mit dem Vieh unter einem Dach lebten. Es wurden auch eine Schere und Reste von einem Webstuhl gefunden.
Das Landesamt für Denkmalpflege meint, dieser Fund werde den Blick auf die mittelalterliche Geschichte unserer Region verändern. Wir werden sehen, was Archäologen und Historiker über dieses geheimnisvolle Dorf noch herausfinden. Aber man kann jetzt schon sehen, dass hier ein faszinierendes neues Kapitel der Ortsgeschichte entsteht.
Andrea Wörle
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