Der Gemeindehaushalt für 2020, dessen Entwurf die Gemeinderäte vor Weihnachten zugestellt bekamen, schien zunächst eine Wohlfühllektüre. Obwohl sich an der Finanzstruktur nichts geändert hatte, ließ sich der Etat auf einmal viel müheloser bewältigen als zuletzt.
Die Wohlfühlblase platzte freilich noch vor der Verabschiedung des Papiers: In den Ansätzen war eine Fehlbuchung, die bis zum Ende der Finanzplanung 2023 verfügbare Mittel von 6,5 Millionen Euro vorgaukelte, die es nicht gibt.
Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FW) hatte es offenkundig nicht verwunderlich gefunden, dass der von ihm verantwortete Etat plötzlich über etwa sieben Prozent mehr Mittel verfügte, ohne dass es dafür eine inhaltliche Erklärung gegeben hätte.
Am Donnerstag wiesen dann die Gemeinderäte der SPD intern auf den Fehler hin. In Windeseile korrigierte die Gemeindekämmerei den Lapsus; zur Kompensation des bereits verplanten Geldes strich der zufällig am gleichen Abend tagende Hauptausschuss neue Personalstellen, die im Rathaus vorgesehen waren.
Der Haushaltsentwurf wurde für die Beratungen im Finanzausschuss, die am Montag begannen, teilweise noch handschriftlich korrigiert, die Gemeinderäte mussten sich übers Wochenende rasch in völlig neue Zahlen einarbeiten. Im Ausschuss zeigten sich SPD, CSU und Grüne massiv empört über den Vorgang und Kuchlbauers Schlamperei.
In den Ansätzen war die Einnahme aus dem staatlichen Anteil zur Finanzierung der Kindertagesstätten mit zwei Millionen Euro auf eine neue Haushaltsstelle umgebucht worden, aber die alte Haushaltsstelle mit dem Ansatz 1,85 Millionen von 2019 nicht gelöscht. Dadurch liefen ab 2020 in jedem Jahr zwei Millionen plus 1,85 Millionen als Einnahmen für die gleiche Leistung. „Solche Fehler dürfen nicht erst den ehrenamtlichen Gemeinderäten auffallen“, sagte SPD-Sprecher Florian Spirkl.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Ja, es ist sehr ärgerlich, was passiert ist, aber Dank ein paar aufmerksamer Gemeinderäte konnten weitere Unannehmlichkeiten abgewendet werden. So sollte eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Gemeinderat, also erwachsenen Menschen, sein.
Ein reißerisches Plakat der SPD, das Einschalten der Presse und eine extra anberaumte Veranstaltung, um die Bevölkerung von dem Fehler zu unterrichten und gleichzeitig mitzuteilen, dass er berichtigt worden ist, geht aber schon ein bisserl in Richtung Kindergarten. Haben wir in Oberschleißheim sonst keine Probleme?
Die Bürgerinnen und Bürger wollen machbare Vorschläge zur Lösung vieler anstehender Aufgaben im Ort. Dafür sollten Energien eingesetzt werden. Nur aus wahltaktischen Gründen werden hier von SPD und den Grünen die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, die jeden Tag die Grundlagen für ihre Tätigkeit als Gemeinderat/rätin erarbeiten, in der Öffentlichkeit vorgeführt. Das ist kein guter Stil! Die angesprochenen Überstunden der Gemeindemitarbeiter sind wohl eher der klammen Haushaltskasse der Gemeinde allgemein geschuldet, die derzeit wahrscheinlich (leider) keine Einstellungen zulässt.
Und „jährlich“ grüßt das Murmeltier. So lassen sich in Anlehnung an den bekannten Film die Haushaltsberatungen in Oberschleißheim überschreiben. Die ehrenamtlichen Gemeinderäte prüfen in ihrer Freizeit die Plausibilität der Haushaltsansätze und blicken bei Nachfragen in das ahnungslose Gesicht des Bürgermeisters, der für diese Aufgaben bezahlt wird.
In diesem Jahr wurde noch eine Schippe draufgelegt. Es wurden für 3 Jahre Einnahmenposten in Höhe von jeweils 1,85 Millionen doppelt angesetzt. Das bedeutet, dass insgesamt 5,55 Millionen Einnahmen zu viel angesetzt wurden. Das fiel auch nur den Gemeinderäten auf. Weil die SPD-Fraktion den Kämmerer vor den Beratungen darauf hingewiesen hat, wurde 3 Tage vor den Beratungen noch schnell ein neuer Haushalt zusammengeschustert, der auch wieder jede Menge nicht plausible Daten enthielt.
Die Aufgaben des Bürgermeisters bestehen aus mehreren Komponenten. Das ist zum einen die Repräsentation, die ist wichtig und wird auch gut ausgefüllt. Genauso wichtig ist aber die administrative Komponente. Der Bürgermeister ist Chef der Verwaltung und muss die Mitarbeiter führen und über die wichtigen Vorgänge Bescheid wissen. Er muss in Zusammenarbeit mit seiner Verwaltung die Prozesse definieren und die korrekte Ausführung durch Stichproben auf Plausibilität prüfen.
Hier liegt meines Erachtens ein großes Defizit vor. Selbst nach fast 6 Jahren Amtszeit hat man den Eindruck, dass dem Bürgermeister wesentliche Verwaltungsabläufe fremd sind. Die Mitarbeiter werden bei ihren Aufgaben allein gelassen und schieben Berge von Überstunden vor sich her. Das Oberschleißheimer Rathaus hat eine kompetentere Führung verdient.