Aus dem Rathaus
Die Tagesordnungen der Sitzungen von Bau- und Werkausschuss und Gemeinderat in dieser letzten Juli-Woche vor der Sommerpause waren vollgepackt mit wichtigen Themen für die Kommune. Unter anderem wurde über die Haushaltplanungen, die aktuelle und zukünftige Finanzlage der Gemeinde und die Kosten für wichtige Investitionsprojekte in Oberschleißheim diskutiert.
Ein Thema hat es aber sogar in die gedruckte Ausgabe der Süddeutschen Zeitung geschafft, die ihre Regionalberichterstattung inzwischen stark eingeschränkt hat. Das ist die — noch — freie Landschaft zwischen Ober- und Unterschleißheim, zwischen B13 und A92. Sie ist als offiziell definierter “Grünzug” Bestandteil der bayerischen Regionalplanung.
“Grünzüge” sind zusammenhängende Freiflächen zwischen Siedlungsgebieten, die zur Naherholung und zur Verbesserung des Bioklimas dienen und nicht zugebaut bzw. versiegelt werden sollen.
Der Erhalt dieses Grünzugs ist auch im Oberschleißheimer Gemeinderat unumstritten. Aber wie man damit weiter umgeht, darüber gab es geteilte Meinungen.
Auf der Tagesordnung in der Gemeinderatssitzung vom 29. Juli 2025 stand ein Beschlussvorschlag von der Gemeindeverwaltung für ein “interkommunales Projekt” zwischen Ober- und Unterschleißheim zur zukünftigen Gestaltung des Grünzugs.
Die Initiative ging von den beiden Bürgermeistern Christoph Böck und Markus Böck aus, unter Beteiligung der jeweiligen Bauämter. Auch der Bund Naturschutz Schleißheim war offenbar schon in Gespräche einbezogen und hatte sich offen gezeigt.
Manche erinnern sich vielleicht, dass eine solche Initiative für dieses Freigelände vor Jahren schon mal vom BN ausging, damals noch “Moos-Heide (oder Haide)-Park” genannt. Daraus wurde erstmal nichts.
Nun sollte das Projekt wieder angegangen werden, diesmal unter dem auch recht poetischen Label “Schleißheimer Landschaftsband”, unter anderem mit einem interkommunalen Workshop unter Beteiligung ausgewählter Gemeinderatsmitglieder. Ein Förderprogramm für solche Projekte in Höhe von bis zu € 50.000,- läuft zum Ende des Jahres aus. Deshalb sei in dieser Sache auch Eile geboten, so Bürgermeister Markus Böck.
Kompliziert wird die Angelegenheit noch dadurch, dass die von vielen Oberschleißheimern wegen der Verkehrsentlastung im Ort begrüßte und im Bundesverkehrswegeplan auch vorgesehene zukünftige westliche Umgehungsstraße berücksichtigt werden muss.
Zur Böcks großer Enttäuschung wurde der Vorschlag, jedenfalls in der vorliegenden Fassung, im Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt (8/9 Ja-Stimmen gegen 12/13 Nein-Stimmen), und zwar nicht nur von den Grünen.
Bei der Debatte war die Wortwahl etwas dramatischer als sonst üblich — die Kommunalwahlen im März 2026 lassen grüßen — und ging vom “Schwert der Ablehnung” (Peter Benthues, CSU) bis zum “Greenwashing”, damit der BN die Westumgehung um Oberschleißheim akzeptiert (Helga Keller-Zenth, Die Grünen).
Dritter Bürgermeister Casimir Katz (FDP) und Stefanie Haselbeck (CSU) plädierten dafür. Eine hohe Qualität und Weiterentwicklung der Grünflächen sei wichtig. Und es sei ein guter Schritt, um die Kommunikation zwischen den beiden Kommunen zu intensivieren und zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen. Oft sei man ja von Unterschleißheimer Entscheidungen eher überrumpelt worden.
Sebastian Riedelbauch (ÖDP) fand, so etwas gehe gar nicht ohne Bürgerbeteiligung.
Stefan Vohburger (FW) sprach sich gegen den Vorschlag für diese Zusammenarbeit aus, weil er ihn “kontraproduktiv” fand. Erst vor kurzem habe die Gemeinde beschlossen, sich an dem staatlichen Förderprogramm für Stadtentwicklung ISEK (Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept: betrifft mit Projekten und Einzelmaßnahmen gesteuerte Planung mit Zeithorizont 15 Jahre) zu beteiligen. Dazu gehöre auch Bürgerbeteiligung. Da könne man nicht schon jetzt etwas vorgeben. (Böck: “kein Vorgriff, keine Konkurrenz”).
Von den Grünen gab es auch mehrere Wortmeldungen. Fritz Kropp hielt es für “widersinnig”, weil es den gemeindlichen Umgriff störe und womöglich auch zukünftige Gewerbegebiete (z.B. Erweiterung Bruckmannring) verhindere. Die Eile sei nicht nachvollziehbar. Das Ganze habe ja noch nicht mal im Stadtrat Unterschleißheim auf der Tagesordnung gestanden. Ingrid Lindbüchl und Christoph Münster plädierten ebenfalls dafür, erstmal alles innergemeindlich zu klären und sich in Oberschleißheim vor Ort auf ein gemeinsames Ziel zu verständigen.
Man sieht, falls jetzt doch noch die Schlagzeile “Grüne gegen Grünzug” (Zitat Markus Böck) aufploppt: Das ist Fake News. Aber trotzdem fehlt mir im Augenblick die Phantasie, wie aus der mehrheitlich landwirtschaftlich genutzten Freifläche zwischen Ober- und Unterschleißheim jemals etwas wie eine Art Landschaftspark oder Parklandschaft werden sollte. Abwarten und Tee trinken? Das Wetter passt ja.
Andrea Wörle
Ich finde die Entscheidung der Grünen sowie den Mitgliedern der weiteren Parteien richtig, dass dagegen entschieden wurde! Wie wichtig dieses Thema ist, zeigen die zwischenzeitlichen Kommentare und Lesermails.
Es wird so oft von Grüngürtel, Landschafts- und Naturschutz gesprochen, dazu gemischt werden noch Naherholung und Gewerbegebiete und gleichzeitig braucht man gegen den Verkehrskollaps eine notwendige Entlastung. Was denn nun von allem?? Manches veträgt sich halt gar nicht und manche Naturprojekte scheinen nur aufgesetzt. Wie soll eine Grünfläche als Agrar- und Erholungslandschaft aufgewertet werden, wenn dann später eine Umgehung durchführen soll? Grünfläche auf Zeit? Eine Aufwertung wäre dann doch nach dem Bau der Umgehung ratsam. Es gibt doch ohnehin kaum mehr größere, zusammenhängende landwirtschaftliche Flächen. Dann sollen diese auch noch gestückelt werden, erst für Erholung, dann noch die Umgehung. Auf der einen Seiten benötigen Planungen zum Teil Jahrzehnte und sind bis zu ihrer Umsetzung in der heutigen schnellen Zeit dann schon wieder überholt. Und hier ist jetzt „Eile geboten“, wegen der Fördergelder? Man muß wissen, was man eigentlich will, um es vernünftig und dauerhaftumzusetzen. Bestehende Landschaftsschutzgebiete sollen aufgehoben werden, um neues Gewerbegebiet zu schaffen. Manchmal macht es den Eindruck, als wäre Landschaftschutzgebiet ein anderer Begriff für Bauerwartungsland. Weitere Natur- und Landwirtschaftsflächen opfern. Da wäre es doch sinnvoller, das bestehende Gewerbegebiet vom Bruckmannring dann doch Richtung Unterschleißheim auszuweiten und anzuschliessen, um diese Lücke zu schließen, wenn ohnehin zukünftig eine Straße durchführt. Andere Grünzüge könnten dann erhalten bleiben, beispielsweise der Bereich südlich der B471 fast schon durchgängig bis zur Fröttmanniger Heide als Naturfläche/Landschaftsfläche. Dann hätte man eine vernünftige Fläche und kein Flickwerk. Bemerkenswert ist auch, wie manch ein Kommunalpolitiker, der vor kurzem noch für eine Änderung im Landschaftsschutzgebiet war, plötzlich so interessiert am Erhalt einer Grünfläche ist (die dann doch nicht erhalten bleibt). Der Verkehr in und um Schleißheim ist schlimm und da sollte auch was getan werden. Aber auch betreffend der Landschaft und der Natur. Man sollte sich halt aber mal entscheiden, in welche Richtung es gehen soll! Will man Gewerbe und ein gut ausgebautes Straßennetz, muss man Abstriche bei den anderen Sachen wie Landschafts- und Naturschutz machen oder anders herum. Beides geht halt nicht. Aber was ist wichtiger? Aufgesetzte Kompromisse sollten es nicht sein.
Bürgermeister und Gemeinderäte wollen ihre Arbeit machen, ihre Parteien vertreten, aber doch auch die Interessen der Bürger. Ich finde, bei solchen Vorhaben sollten die Bürger mehr beteiligt werden. Es gibt doch viele Möglichkeiten, die Bürger miteinzubeziehen, um zu erfahren, was diese möchten und sich vorstellen könnten, vielleicht auch was für Ideen sie haben. Vorhandene Konzepte vorstellen und eine Bürgerbefragung im Vorfeld durchführen. Dann weiß man die Richtung, wo es im Interesse und zum Wohle der Bürger hingehen sollte, ohne vorher schon hohe Kosten mit Planungsbüros oder Workshops. Wichtig sollte doch sein im Interesse der Bürger zu handeln, und wirklich Lösungen für die Zukunft zu finden und nicht, wie jetzt scheinbar schon auf die Kommunalwahl 2026 hinzuarbeiten.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
lieber Markus,
lieber Casimir,
ich bedanke mich bei euch für die rege öffentliche Diskussion und auch Kritik rund um das Projekt „Schleißheimer Landschaftsband“. Auch die allgemeine Beteiligung zeigt: Dieses Thema bewegt viele – und verdient eine differenzierte Betrachtung, jenseits von verkürzten Schuldzuweisungen.
Zunächst: Die Grünen sind nicht gegen die Aufwertung des Landschaftsraumes zwischen Ober- und Unterschleißheim – im Gegenteil. Unser zentrales Anliegen war und ist, ihn zu sichern, ökologisch aufzuwerten und behutsam weiterzuentwickeln.
Aus meiner Sicht erfolgte die mehrheitliche Anlehnung des Beschlussvorschlages auch nicht aufgrund einer möglichen Trassenführung der Umgehungsstraße – nicht einmal bei den Grünen. Denn dass nicht nur wir, sondern auch Teile der FDP, der Freien Wähler und der SPD abgelehnt haben, zeigt: Die Bedenken sind vielfältig und über Parteigrenzen hinweg vorhanden.
Mehrheitlich ging es bei der Ablehnung um die geplante Vorgehensweise, das Thema ohne weitere Vorbereitung verfrüht in einem Workshop mit Unterschleißheim abzuhandeln.
Unser Vorschlag, die Abstimmung zu verschieben und zunächst in einem internen Workshop Klarheit über die internen Zielsetzungen zu schaffen, wäre meines Erachtens eine pragmatische Lösung gewesen, um die Akzeptanz zu erhöhen und den Konflikt zu entschärfen.
Zur Frage der Kompromissbereitschaft: Ja, Politik lebt vom Kompromiss – aber nicht um jeden Preis. Wir sind bereit, aufeinander zuzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden, die dem Schutz unserer Umwelt und der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden.
Mir ist bewusst, dass Verkehrslösungen, Naturschutz und Stadtentwicklung gemeinsam gedacht werden müssen – von CSU über die FDP bis hin zu den Grünen. Dies auch im Trenngrün zwischen Ober- und Unterschleißheim hinzubekommen ist, nach interner Abstimmung der weiteren Vorgehensweise und der einzelnen Vorstellungen für dieses Gebiet, immer noch möglich.
Liebes Schleißheimer-Zeitung-Team.
Auch von meiner Seite Danke für diesen Bericht. Allerdings muss ich unserem 3. Bürgermeister zustimmen, dass hier doch ein wenig “Washing” enthalten ist.
Zu ihrer Überschrift: Was wird aus dem Grünzug zwischen Ober- und Unterschleißheim? Erstmal nichts! Die Möglichkeit, diesen Naturraum sowie die momentane Nutzung wirklich zu erhalten und aufzuwerten, ist leider erstmal vertan.
Dass die Umgehungsstraße meines Erachtens zwingend Teil dieses Projektes sein muss, liegt auf der Hand. Aber die Berücksichtigung einer möglichen Trassierung durch diesen Landschaftsraum, ist zwar ein großer, aber nur ein Teil von vielen, die im Rahmen dieses Projektes berücksichtigt hätte werden sollen. Und wenn eine Straße durch einen solchen Landschaftsraum geführt werden muss (weil es keine andere Lösung gibt), dann sollte doch unser Ziel sein, den noch vorhandenen Raum so zu schützen und so zu gestalten, dass er einen Mehrwert für uns alle darstellt.
Ob und wann diese Umgehung tatsächlich kommen wird, liegt noch in weiter Ferne. Aber diese einzige Option, die den Durchgangsverkehrs von Nord nach Süd und Süd nach Nord, lösen könnte, nicht zu berücksichtigen, wäre ein fataler Fehler.
Mein Zitat “Grüne gegen Grünzug” ist meines Erachtens auch ein wenig zu kurzgefasst. Mein wirkliches Zitat: “Das eine Grünenfraktion gegen die Entwicklung dieses Grünzuges stimmt ist doch sehr verwunderlich. Ich bin sehr gespannt, welche Lösungen zur Behebung unserer Verkehrsprobleme von den Grünen kommen wird.”
Die Antwort aus der Grünen-Fraktion darauf war: “Wir sind für einen solchen Landschaftsraum. Aber nicht wenn eine Straße durchführt.” Grundsätzlich erhält diese Aussage aus Sicht der Grünen mein Verständnis. Aber nicht, wenn diese Straße, die nahezu alternativlose Möglichkeit darstellt, unsere Bürgerinnen und Bürger in Zukunft über Generationen zu entlasten.
Herzlichst
Lieber Herr Dr. Katz,
bitte kein Grünen-Bashing.
Wir haben unsere Ablehnung hinlänglich und wohl begründet.
Selbst Ihre eigene FDP-Kollegin hat nicht zugestimmt. Das wäre auch eine wichtige Stimme gewesen, genau wie die drei Stimmen der SPD, die auch nicht dafür waren. Lauter Befürworter der Umgehungsstraße. Daran kann’s also nicht gelegen haben.
Die drei Bürgermeister (Böck, Katz und Müller) hätten nach ihrem Vorgespräch mit den Unterschleißheimer Bürgermeistern und dem Bund Naturschutz, wo dieses Vorhaben und Vorgehen ausgekartelt worden ist, besser kommunizieren müssen und alle Oberschleißheimer Gemeinderäte gedanklich einweihen und mitnehmen müssen.
Stattdessen wollte man gestern mit dem Kopf durch die Wand und ist auf keine Vorschläge zur Güte eingegangen. Ich hatte vorgeschlagen, den Tagesordnungspunkt nicht abzustimmen und zu verschieben, um uns erst einmal Oberschleißheim-interne Klarheit über die möglichen Zielsetzungen des Landschaftsbandes zu verschaffen, in einem Workshop, der nur wenig Geld kostet und nicht schon einen Ideenwettbewerb und die Beauftragung eines Stadtplaners beinhaltet. Das war wirklich unglücklich gestern.
Herzlichen Dank für diesen Bericht. Aber etwas Green-Washing der Grünen ist da schon vorhanden.
Die Grünen haben nicht zugestimmt. Ihre Stimmen wären aber erforderlich und ausreichend gewesen.
Hauptargument war die Ablehnung der Umgebungsstraße, die den übrigen Fraktionen aber wichtig ist. Politik lebt von Kompromissen und nicht vom kleinsten gemeinsamen Nenner!
Die vorgebrachten Argumente waren daher nur vorgeschoben.