Ein besonderer Filmabend der Fairtrade-Gruppe in Oberschleißheim
In der Regel geht man von einem Kinobesuch nicht mit Tomatensoße in der Tasche nach Hause, nach dem besonderen Filmabend der Oberschleißheimer Fairtrade-Gruppe aber schon.
Wer der Einladung zur Vorführung der Dokumentation ‘Das neue Evangelium’ von Milo Rau im Planet ‘O’ folgte, war tief beeindruckt von der Geschichte, die darin erzählt wird. Es geht um Migranten und Geflüchtete, die in der Gegend von Matera in Süditalien in der Tomatenernte eingesetzt werden. Sie arbeiten unter sklavenartigen Bedingungen, erhalten einen Hungerlohn, haben keinerlei Rechte, geschweige denn so etwas wie Arbeitsschutz, und leben in Elendsquartieren, die von den Behörden geräumt werden, sobald die Ernte vorbei ist. Aber ohne diese Erntehelfer gäbe es die Tomatenernte nicht. Unter der Führung des gebürtigen Kameruners Yvan Sagnet streiken sie, fordern gerechtere Arbeitsbedingungen und ein “Haus der Würde”, eine Unterkunft, in der sie menschenwürdig leben können. Diesen Protest begleitet Regisseur Milo Rau. Gleichzeitig entsteht ein Theaterstück mit den Protestierenden als Hauptdarstellern, in dem das Leben Jesu und seine Passion erzählt werden. Was würde Jesus dazu sagen, wenn mit Menschen so umgegangen wird, ist die Frage.
Der Protest war erfolgreich. Die Migranten konnten in bessere Unterkünfte ziehen, bekamen bessere Löhne für die harte Arbeit sowie reguläre Verträge. Yvan Sagnet gründete den Verein No Cap (dt. Keine Ausbeutung), der Erntehelfer vermittelt — zu fairen und ökologischen Bedingungen und ohne die Mafia. Heute arbeiten in Italien schon viele Obst- und Gemüsebetriebe, deren Produkte auch in Deutschland verkauft werden, mit dem Verein zusammen.
Woher stammen die Produkte, die wir täglich kaufen? Wer hat sie produziert und zu welchen Bedingungen? Dafür will die Fairtrade-Kampagne ein Bewusstsein schaffen. Sehr viele Kommunen in Deutschland haben sich bereits angeschlossen, auch Oberschleißheim. 2022 wurde vor Ort eine Steuerungsgruppe gegründet. Und so kann man dank der Initiative der Fairtrade-Kommune Oberschleißheim nun auch hier No Cap-Produkte und andere fair produzierte Lebensmittel erwerben, im Einzelhandel, im Tourismus-Laderl oder auch bei einem Kino-Abend. Und so kam es, dass ich von einem Filmabend mit Tomatensoße in der Tasche nach Hause ging. Andrea Wörle
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