von Casimir Katz
Politik bedeutet immer, dass es mehrere Interessen und mehrere Meinungen gibt. Die müssen gegeneinander abgewogen werden. Und genau dies wurde auf der Sitzung erledigt. Da wird es schon gelegentlich schwierig, wenn z.B. eine Einwendung eigentlich im eigenen Sinne ist, aber dadurch die Maßnahme insgesamt befürwortet werden würde.
Wenn wir die Energiewende und die sozialen Projekte voranbringen wollen, wird uns das alle Geld kosten. Ein vorrangiges Ziel des Gewerbegebietes ist es, durch einen hochwertigen Technologiepark Gewerbesteuer zu erhalten. Es wurde in der Debatte gefragt, wass denn da möglich sei. Vieles, und auch wenn man ganz sicher deutlich unter den 1.6 Mrd der Stadt Mainz bleiben wird, sieht es die Mehrheit im Gemeinderat als sinnvoll an, das so umzusetzen. Im Gegensatz zu Unterschleißheim wo erst das Gewerbegebiet angelegt wird und nun nach Gewerbe gesucht wird, läuft es in Oberschleißheim umgekehrt. Erst werden die Betriebe gesucht und dann wird das Gewerbegebiet Zug um Zug umgesetzt. Damit das zügig erfolgen kann, müssen vorher einige Fragen grundsätzlich im Flächennutzungsplan und dann im Bebbaungsplan und später im Bauantrag geklärt werden.
Zum Thema des Abwägens möchte ich aus einem Artikel aus dem Green-Peace-Magazin zum Kunming-Montreal-Abkommen zitieren. Da wird auch die Frage zur Energiewende gestellt und wie folgt beantwortet: „Das ist in der Tat ein Problem. Klar ist: Fürs Klima und damit auch für den Artenschutz ist der schnelle Ausbau der Erneuerbaren unumgänglich. Es passt aber nicht zur Schutzgebietsidee, wertvolle Wälder mit Windrädern und Moore mit Fotovoltaik zu überbauen – sie dürfen keinesfalls der Biodiversität schaden.“ Was sich hinter diesem Statement verbirgt ist eine Prüfung im Einzelfall. Also Nachdenken über die Pros und Cons. Und dafür braucht es den Dialog.
Nur der Vollständigkeit halber: Auch Klimaschutz, Erhalt der (Moor)-Böden statt Versiegelung von 15 ha Fläche sowie Artenschutz sind Faktoren, die in der politischen Diskussion um das Gewerbegebiet eine Rolle spielen sollten. Dass das geplante Gewerbegebiet mit Startups gleich Gewinn machen wird, ist eine Illusion: Startups brauchen am Anfang nicht viel Fläche, werfen aber auch noch keinen Gewinn ab. Erst wenn sie in Richtung Gewinn-Zone marschieren, müssen sie expandieren – und brauchen noch weitere Flächen.
Das eigentliche Problem ist aber struktureller Art und liegt eine Ebene höher: Dass sich Gemeinden im gegenwärtigen Steuersystem quasi gezwungen sehen, ihre Aufgaben überwiegend aus Einkommens- und Gewerbesteuer zu decken, geht zu Lasten der Gemeinden und der Umwelt. Gemeinden müssen Flächen unwiederbringlich versiegeln, um Aufgaben wie Schulen-/Kita-/Straßenbau stemmen zu können? Das kann eigentlich nicht sein. Und: Was die letzten 50 Jahre Usus war, muss nicht richtig sein – und war es auch nie. Das von der EU geplante Renaturierungsgesetz will genau diese entstanden Schäden wieder gut machen. Und wir wollen die Schäden erst verursachen? Sinnvoll ist das nicht.
Sinnvoll und notwendig wäre vielmehr, auf eine Änderung der Steuergesetzgebung zu drängen, so dass sich Gemeinden grundsätzlich besser finanzieren können. Für Aufgaben wie den Erhalt der Infrastruktur — quasi staatliche Aufgaben – benötigen sie eine grundsätzlich bessere Finanzausstattung — vom Staat.
Dass das gegenwärtige deutsche Steuersystem ohnehin nicht die wirklichen Vermögenszuwächse (die beim Kapital erreicht werden), besteuert, also die Einnahmensteigerungen der sog. Superreichen, die seit 2021 nochmal enorm reicher geworden sind, wäre eine eigene Diskussion wert.