Mit drei Jahren Verspätung soll das neue Gewerbegebiet am westlichen Ortstrand südlich der Dachauer Straße nun doch entwickelt werden. Der Gemeinderat leitete jetzt die nötige Änderung des Flächennutzungsplanes ein und beantragte im Landratsamt, für das Gebiet rund 15 Hektar Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet auszuklammern.
Die neuen Entwürfe sehen nun vor, dass sich westlich der St. Hubertus-Straße an den bestehenden Ortsrand zunächst eine Wohnzeile anschließt, in der Studentenwohnungen angesiedelt werden sollen oder auch Kurzzeit-Wohnungen für Gäste der Uni.
Auch für eine Erweiterung des Lehr- und Versuchsgutes der Universität soll eine Fläche reserviert werden. Westlich anschließend soll sich dann das neue Gewerbegebiet fast bis zur künftigen Umgehungsstraße des Ortes parallel zur Autobahn ziehen; von der Umgehgungsstraße aus soll es auch erschlossen werden.
Die Entscheidung für den Standort war schon 2017 getroffen worden, allerdings war es nie zu weiteren Schritten gekommen. Vom damaligen Bürgermeister war dies stets mit schwierigen Verhandlungen mit einer Grundstücksgesellschaft des Freistaats Bayern als Grundeigentümer begründet worden.
Im Kommunalwahlkampf wurde dann urplötzlich ein Bürgerworkshop zur Standortsuche für ein neues Gewerbegebiet eröffnet. Der neue Bürgermeister Markus Böck berichtete nun über eher kooperative Verhandlungen. Er sei „sehr froh, dass wir so weit sind“, sagte er. Es seien freilich „noch einige Hürden zu gehen“.
Bei der Entscheidung 2017 hatten CSU und Grüne einen anderen Standort favorisiert, die Grünen stimmten nun weiterhin gegen die Aufnahme des Gewerbegebiets in die Leitpläne, von der CSU nur noch Peter Benthues. Auch Hans Negele (FW) stimmte dagegen, so große landwirtschaftliche Flächen aufzugeben. Mit 16:7 Stimmen beschlossen SPD, die Mehrheiten in CSU und FW sowie die FDP die Planänderung zugunsten des Standorts.
Die Grafik der Gemeinde zeigt im schwarz gestrichelten Umgriff das Planungsgebiet; rechts rot hinterlegt ist das neue Wohngebiet, grau hinterlegt das Gewerbegebiet. Zur Dachauer Straße soll es von einem Grüngürtel getrennt sein, die Erschließung erfolgt über die gestrichelte Linie links von der künftigen Umgehungsstraße her, die ebenfalls gestrichelt ist. Das rot gezeichnete Wohngebiet jenseits der Dachauer Straße ist die Ertlsiedlung.
Muss die Gemeinde dafür eigentlich auch Ausgleichsflächen schaffen?
Grüne stellen sich gegen ein neues Gewerbegebiet im Landschaftsschutzgebiet
In der Gemeinderatssitzung am 29.09.2020 wurde die Herausnahme eines 15 ha großen Grundstücks südlich der B471 aus der Landschaftsschutzgebietsverordnung beschlossen, um diese Fläche als zukünftiges Gewerbegebiet ausweisen zu können.
Die Grüne Fraktion stimmte einstimmig gegen diesen Antrag und möchte nun ihr Abstimmungsverhalten erläutern:
Die Fläche des geplanten neuen Gewerbegebiets befindet sich derzeit noch im Landschaftsschutzgebiet „Münchner Norden“ und ist der entsprechenden Landschaftsschutzgebietsverordnung unterworfen. Ziel dieses Landschaftsschutzgebietes ist es, „die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und die Lebensbedingungen für eine standortgerechte Artenvielfalt zu sichern.“ Darüber hinaus soll laut Landschaftsschutzgebietsverordnung die Vielfalt und Eigenart des Landschaftsbildes der Münchner Schotterebene mit den sich abwechselnden verschiedenen Lebensräumen erhalten werden. Gerade die Fläche südlich der B471 spielt hierbei eine zentrale Rolle und ist daher auch als besonders sensibel festgelegt und hat laut Regionalplan “als regionaler Grünzug besondere Bedeutung für das Bioklima und den Luftaustausch, die Erholungsnutzung sowie die Gliederung des Siedlungsraums.“
Demzufolge ist die Umwandlung dieser Fläche in ein Gewerbegebiet ökologisch in keinster Weise zu rechtfertigen.
Da sich Gemeinden in der Regel zu großen Teilen über die Gewerbesteuer der ansässigen Unternehmen finanzieren, sind die Bemühungen der Gemeinde Oberschleißheim, neues Gewerbe an den Ort zu binden, richtig und wichtig. Dabei ist jedoch immer auf das richtige Augenmaß zu achten.
Während der Business-Campus Unterschleißheim in regelmäßigen Abständen ganzseitig in Zeitungen mit freien Gewerbeflächen wirbt und auch das Koryfeum in unserer Nachbargemeinde noch „Büroflächen in allen Größen“ zur Vermietung anbietet, ist es in unseren Augen ein fatales und falsches Zeichen, Landschaftsschutzgebiete in Gewerbeflächen umzuwandeln.
Nach den Worten unseres Bürgermeisters soll hochwertiges Gewerbe entstehen, dies sehen wir Grüne aber sehr skeptisch. Wir befinden uns in einer Zeit der Rezession und schaffen es momentan nicht einmal, die vorhandenen Gewerbeflächen in Unterschleißheim und die freien Gewerbeflächen in unserem Gemeindegebiet zu vermieten. Die Gemeinde muss bei der Ausweisung massiv in Vorleistung gehen und wir befürchten, dass in Zeiten von Homeoffice die erhofften Gewerbepartner (Büroflächen) ausbleiben. Für die autobahnnahe Fläche genau gegenüber des Plangebietes, also nördlich der B471, prognostiziert die Machbarkeitsstudie des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum wortwörtlich: “Für Verwaltungen, Büronutzungen und andere tertiäre Arbeitsstätten ist der Standort weniger geeignet, für überörtlich bedeutsame Transport‑, Lager‑, Großhandels- und Zulieferbetriebe mit einem hohen Bedarf an Fläche und leistungsfähigem Straßenanschluss sehr.”
Dasselbe gilt also für das aktuelle Plangebiet!
Dass der denkmalgeschützte Kanal mehrfach gequert werden muss und dadurch eine erhebliche Beeinträchtigung zur Folge hätte, blenden die meisten Gemeinderatskollegen und ‑kolleginnen komplett aus.
Aus diesen Gründen werden wir als Grüne uns auch weiterhin gegen ein Gewerbegebiet südlich der B471 einsetzen.
Freundliche Grüße
Christoph Münster
Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher