Wie Frau Fischer dem Freistaat auf die Pelle rückte
An der Lindenstraße 1 in der Oberschleißheimer Berglwaldsiedlung gegenüber der Trinitatiskirche liegt ein völlig zugewachsenes und überwuchertes Gartengrundstück. Über die Gartentüre hinweg, die mit Kette und Vorhängeschloss gesichert ist, kann man einen Blick auf das alte Wohnhaus erhaschen, das auf diesem Grundstück steht.
Das Haus steht seit 14 Jahren leer, das Grundstück gehört dem Staat, man darf es nicht betreten. Dem ganzen Anwesen ist anzusehen, dass sich seit vielen Jahren niemand mehr darum kümmert.
Ganz anders sieht das sehr gepflegte Nachbargrundstück aus, auf dem seit nunmehr 57 Jahren Rosina Fischer lebt. Sie hat dort ihre drei Söhne großgezogen, sie hat ihren Mann vor seinem Tod gepflegt, sie hat in ihrem Leben viel geleistet, sich um vieles gekümmert und sie hat heute noch, mit ihren 87 Jahren, kaum etwas von der Energie verloren, die sie ein Leben lang begleitet hat.
Als Kind hat sie den Zweiten Weltkrieg miterlebt, in dem ihre Familie in München ausgebombt wurde, sie hat die kargen Zeiten nach dem Krieg erlebt und sie kann es nach wie vor schwer ertragen, dass man sich nicht kümmert, dass man Dinge verkommen lässt.
Das bekam auch der Freistaat Bayern zu spüren. Auf dem verwilderten Grundstück steht ein großer Apfelbaum, der nach wie vor schöne Früchte trägt. Sie sind sehr schmackhaft, das weiß Frau Fischer, denn sie bekam sie früher oft von den Nachbarn geschenkt. Aber niemand erntete sie seitdem, und einfach klauen, das wollte sie nicht. Man darf das Grundstück ja nicht betreten.
Sie hat den Freistaat Bayern bzw. die zuständige IMBY, die Immobiliengesellschaft des Freistaats, so lange mit Briefen und Anfragen traktiert, bis schließlich die amtliche Erlaubnis kam, dass man über den Zaun steigen und die Äpfel ernten dürfe.
Hier kommt nun der Oberschleißheimer Tisch ins Spiel, für den Frau Fischer auch schon lange spendet. Mit ihrer tatkräftigen Hilfe konnten Susanne und Wolfgang Golling sowie Rudolf Frankl vom Tisch eine reiche Apfelernte einfahren bzw. vom Baum holen, die am nächsten Freitag bei der wöchentlichen Ausgabe der Lebensmittel den Menschen zugute kommt, die es brauchen können.
Wenn auf dem Grundstück dann doch irgendwann neu gebaut wird, muss der alte Apfelbaum vermutlich dran glauben. Aber bis dahin gehen seine guten Früchte nicht mehr verloren.
Andrea Wörle
0 Kommentare