Landratsamt will illegale gewerbliche Nutzung nachträglich genehmigen
Bereits im Juni 2021 wurde das Bauamt der Gemeinde Oberschleißheim darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich im Gut Hochmutting zwei Gewerbebetriebe angesiedelt haben. Es setzte sich unverzüglich mit der Bauaufsicht im Landratsamt München in Verbindung, um eine rechtliche Klärung des Sachverhaltes zu erreichen.
Bei einer Ortseinsicht Ende 2021 stellte die Bauaufsicht fest, dass es sich bei dem gesamten Gebäude um ein Baudenkmal handelt. Der nordöstliche Eckbereich, eigentlich eine landwirtschaftliche Halle, werde von einer Schreinerei und von einer weiteren Firma als Palettenlager gewerblich genutzt. Letzteres ist mit erheblichem Schwerlastverkehr verbunden.
Die Bauaufsicht konstatierte damals unmissverständlich: „Eine bauaufsichtliche Genehmigung zur Nutzung dieses Gebäudetraktes zu gewerblichen Zwecken liegt dem Landratsamt München nicht vor, weshalb die Nutzung insofern als formell-rechtswidrig zu bezeichnen ist. Bereits die formelle Illegalität würde eine Nutzungsuntersagung rechtfertigen.” Weitere Bedenken bestanden, weil das Gut Hochmutting im Außenbereich liegt, also nicht im Bereich eines rechtsgültigen Bebauungsplanes oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils.
Die Bauaufsicht führte daraufhin eine „Anhörung zur Nutzungsuntersagung“ durch, mit der dem Eigentümer des Gutes noch Gelegenheit gegeben wurde, sich zu der vorliegenden Angelegenheit zu äußern. Weiter erfolgte der Hinweis, dass er die Zulässigkeit des Bauvorhabens mit der Einreichung eines Bauantrages überprüfen lassen könne.
Im Januar 2023 lehnte der Bau- und Werkausschuss der Gemeinde den eingereichten Bauplan bei Stimmengleichheit ab. Bürgermeister Markus Böck, CSU und FW waren der Meinung, dass man derart massive Rechtsverstöße einfach hinnehmen könne, und stimmten für die Beschlussvorlage. Danach war vom Landratsamt eineinhalb Jahre nichts zu hören.
Im Juli 2024 wendete sich dann nicht mehr die Bauaufsicht, sondern jetzt der Leiter der Abteilung „Baugenehmigung“ an unserer Gemeinde. Bei ihm war der Bauantrag angeblich „hängengeblieben“. Nun kündigte er an, dass er einen Anspruch auf Genehmigung des Bauantrages sehe und daher beabsichtige, die Gemeinde „zum Ersetzen des Einvernehmens anzuhören“.
Der Beschluss des Bau- und Werkausschusses unserer Gemeinde soll also aufgehoben werden. Das von der Bauaufsicht betriebene Verfahren zur Nutzungsuntersagung passt ganz und gar nicht zu dem jetzt geplanten Vorgehen. Nach über drei Jahren illegaler gewerblicher Nutzung soll der Bauwerber mit einer Legalisierung dafür belohnt werden, dass er unsere Rechtsordnung zum eigenen Vorteil missachtet hat.
Und die Folgen? Der vom Palettenlager ausgehende Schwerlastverkehr würde aus der Münchner Allee auf Dauer eine Gewerbestraße ohne Geh- und Radwege machen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was wir mit unserem neuen Fahrradkonzept erreichen wollen.
Dieses sieht vor, die Verbindung über die Münchner Allee, vorbei am Friedhof Hochmutting nach Neuherberg und München, zur Hauptroute für den Fahrradverkehr auszubauen und damit aufzuwerten. Auf die Auszeichnung „Fahrradfreundliche Kommune“, mit der sich unsere Gemeinde so gerne schmückt, müsste man ehrlicherweise verzichten, wenn das Landratsamt eine gewerbliche Nutzung mit Schwerlastverkehr zulässt und so unsere Planungen durchkreuzt.
Die Genehmigung von Gewerbebetrieben in Hochmutting würde einen weiteren Präzedenzfall für die Zulässigkeit privater gewerblicher Nutzungen im Landschaftsschutz- und Naherholungsgebiet auf dem Flughafengelände schaffen. Weitere Versuche, Gewerbe anzusiedeln, wären zu erwarten.
Das hier vom Landratsamt beabsichtigte Vorgehen würde die bei einer wachsenden Zahl unserer Bürgerinnen und Bürgern ohnehin schon vorhandenen Zweifel an der Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaats weiter nähren. Wenn selbst gröbste Verstöße gegen einschränkende baurechtliche Vorschriften nicht konsequent abgestellt, sondern mit einer nachträglichen Legalisierung belohnt werden, ist das vielen Menschen nicht mehr zu vermitteln. Landrat Göbel steht hier in der politischen Verantwortung.
Erich Elsner, Gemeinderat SPD Oberschleissheim mit Fraktion
Sehr geehrter Herr Elsner,
den von ihnen verfassten und scheinbar von ihrer ganzen Fraktion getragenen Artikel, kann man so nicht stehen lassen.
Richtig ist, dass die gewerbliche Nutzung wie von ihnen beschrieben nicht angezeigt war und auf unseren Hinweis ein bauaufsichtliches Verfahren beim LRA eingeleitet wurde.
Dass dieses Verfahren nun so lange dauerte ist bedauerlich aber für uns nicht zu ändern. Nun erreichte uns gemäß der BayBO eine Anhörung des LRA, in der klar und deutlich sämtliche Rechtsvorschriften dargelegt werden, dass der Bauantrag des Bauwerbers genehmigungsfähig sei.
Im Übrigen stellte dies auch schon unsere Verwaltung im Januar 2023 fest, weshalb richtigerweise ein positiver Beschlussvorschlag formuliert wurde und das gemeindliche Einvernehmen erteilt werden sollte. Die Fraktionen der CSU und FW sowie meine Wenigkeit haben schon damals erkannt, dass eine Ablehnung dieses Antrags planungsrechtlich rechtswidrig wäre und sind deshalb dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt.
Dieses Abstimmungsergebnis jetzt als Legitimierungsversuch rechtswidriger Sachverhalte darzustellen, ist falsch.
Da die Anhörung erneut im Gremium behandelt werden muss, wird die Beschlussvorlage (planungsrechtlich korrekt) erneut positiv formuliert sein. Sollte dieser Beschluss wieder mehrheitlich abgelehnt und das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt werden, so wird das LRA unseren Beschluss ersetzen und die Genehmigung aussprechen.
Denn, der Bauherr hat gemäß dem BauGB einen rechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung.
Die wachsende Zahl an Zweiflern zur Funktionstüchtigkeit unseres Rechtsstaates anzuführen, empfinde ich durchaus als fragwürdig. Ein rechtskonformer und vom LRA überprüfter Vorgang ist meines Erachtens genau der Beweis dafür, dass unser Rechtsstaat hervorragend funktioniert und wir uns als Gremium ebenfalls an die geltenden Rechtsvorschriften halten sollten. Auch wenn das vereinzelt nicht gefällt.
Die wachsende Zahl an Zweiflern zu unserem Rechtsstaat wird m.E. an anderer Stelle produziert. Aber sicher nicht hier in Oberschleißheim.
Die FW Oberschleißheim haben dem Bauantrag nicht zugestimmt um Rechtsverstöße zu legalisieren, sondern da wir der Meinung sind, dass im Gut Hochmutting durchaus Gewerbebetriebe angesiedelt werden können. In der Gemeindekasse knirscht es an allen Ecken, alle Fraktionen wollen weiteres Gewerbe an den Ort binden, aber wenn sich Gewerbe ansiedeln will, dann ist die Mehrheit wieder dagegen (siehe auch abgelehnte LKW- und Bus-Wasserstofftankstelle an der B471 Richtung Dachau, SPD, FDP und sogar die Grünen haben gegen die Zukunftstechnologie gestimmt). So auch bei einem möglichen Krematorium mit Aussegnungshalle und Cafe an unserem Friedhof, nach der Vorstellung des Investors im Gemeinderat und der damals sofort negativen Haltung der SPD hat sich der Investor nie mehr blicken lassen und sein Projekt wo anders umgesetzt. Unsere Aussegnungshalle müsste dringend komplett saniert werden, vielleicht hätte dieses neue Gebäude unseren Friedhof durchaus aufgewertet.
Fuß‑, Rad- PKW- und LKW-Verkehr in Hochmutting gehören dann geregelt, das ist aber durchaus machbar!
Stefan Vohburger
Fraktionssprecher Freie Wähler Oberschleißheim