Bericht von der Bürgerversammlung 2024
Der Andrang bei der diesjährigen Bürgerversammlung in Oberschleißheim am 27.11.2024 war höher als erwartet. Die ursprünglich vorgesehenen ca. 100 Plätze reichten nicht aus. Es mussten deutlich über 50 zusätzliche Sitzplätze bereit gestellt werden.
Über so viele interessierte Bürgerinnen und Bürger freute sich Bürgermeister Markus Böck. Er konnte neben den Referenten Ernst Weidenbusch als stellvertretendem Landrat, Polizeioberrat Stefan Schraut und dem Kontaktbeamten Michael Hagl für die Polizeiinspektion 48 sowie Thomas Laser für die Freiwillige Feuerwehr auch viele Gemeinderäte, die Träger der Bürgermedaille, Altbürgermeisterin Elisabeth Ziegler, Pfarrerin Martina Buck, Dekan Ulrich Kampe und die Mitglieder des Lenkungskreises, unter anderem Helga Keller-Zenth und Gloria Streib, begrüßen.
Bei seinem Bericht über die Lage der Gemeinde versprach der Bürgermeister, sich kurz zu fassen, damit es ihm nicht ergeht wie kürzlich dem Bürgermeister von Garching, der auf einer Bürgerversammlung so lange redete, dass die Anwesenden protestierten, weil nicht mehr genügend Zeit für Fragen und Anliegen der Bürger blieb. Das Versprechen hielt Böck. Zu den erfreulichen Nachrichten zählten für ihn die Bauvorhaben in der Gemeinde, abzulesen an den zahlreichen Baukränen im Ort, dem hohen “Kran-Index”, der zeigt, dass sich was tut.
Einwohnerstatistik
Die Einwohnerzahl hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert und liegt derzeit bei 12.764, davon ein paar Hundert mit Nebenwohnsitz. Für die Zukunft ist allerdings durch den prognostizierten Zuzug mit deutlich wachsenden Zahlen zu rechnen. Es werden 200 Geburten im Jahr vermeldet, 3 der Babys kamen tatsächlich in Oberschleißheim selbst zur Welt. Die Anzahl der Eheschließungen ist nach Corona wieder gestiegen, vor allem das Schloss erfreut sich für die Hochzeiten großer Beliebtheit.
Derzeit leben 348 Geflüchtete in der Gemeinde, davon 202 aus der Ukraine. 157 Flüchtlinge aus der Ukraine sind privat untergekommen, was Böck als besonders positiv hervorhob. Oberschleißheim erfüllt eine Quote von 74 % nach dem Königssteiner Schlüssel. Es liegt damit bei der Unterbringung von Geflüchteten deutlich über den Quoten anderer Landkreisgemeinden und ist erst mal von weiteren Zuteilungen nicht betroffen. Das hob Ernst Weidenbusch hervor und wies ausdrücklich darauf hin, dass soviel Solidarität im Landkreis nicht durchgängig erkennbar sei.
Die Einwohnerstatistik und die vom Bürgermeister und den anderen Referenten präsentierten Daten, Fakten, Details und Abbildungen können auf der Homepage der Gemeinde nachgelesen werden unter https://www.oberschleissheim.de/buergerversammlung-2024-praesentation. Ausnahme: die Präsentation des Landratsamtes, denn Ernst Weidenbusch referierte frei und verzichtete auf die 70 Folien dicke Präsentation, die ihm seine Mitarbeiter vom Landratsamt zusammengestellt hatten. Wer sie einsehen will, kann sie gerne beim Landratsamt abrufen.
Gemeindehaushalt
Konservativ geplant und derzeit sei alles im Plan, so Böck. Das Gesamtvolumen beträgt 47 Mio €. Es wurde “gut gehaushaltet”. Es mussten bisher noch nicht mal alle geplanten Darlehen genutzt werden, und langsam ist wieder Rücklagenbildung möglich.
Allerdings steht wegen dem Defizit im Etat des Landkreises (unter anderem wg. Rückgang der Gewerbesteuer), das derzeit bei 46 Mio € liegt, für 2025 eine Erhöhung der Kreisumlage an den Landkreis am Horizont, die die Gemeinde zwingend abführen muss. Diese Erhöhung ist notwendig, obwohl fraktionsübergreifend alle im Landkreis München gemeinsam am Einsparpotenzial arbeiten, wie Weidenbusch hervorhob. Für Oberschleißheim kann das eine Steigerung von 8 Mio € im Jahr 2024 auf 10,5 Mio € im Jahr 2025 bedeuten.
Zusätzliche Steuereinnahmen
Alle Kosten steigen, auch für die Gemeinde. Wie Gemeinderat Casimir Katz kürzlich noch einmal klarstellte, gibt es bei den Steuereinnahmen aber nur drei Steuern, auf die eine Kommune wirklich Einfluss hat, die Gewerbesteuer, die Grundsteuer und die Hundesteuer. Die Hundesteuer können wir vielleicht außen vor lassen, bei der Gewerbesteuer wird vor allem auf die Entwicklung des neuen Gewerbegebiets an der B471 gesetzt, dessen zukünftige Erträge aber tatsächlich weit in der Zukunft liegen. Eine aktuelle Erhöhung des Grundsteuersatzes von 310 auf 350 Hebepunkte wurde kürzlich im Gemeinderat mit einer Mehrheit von 15:8 Stimmen abgelehnt. Darüber wurde auch auf schleissheimer-zeitung.de berichtet.
Bauvorhaben
Viele Bauvorhaben auf Gemeindegebiet, die neuen Wohnquartiere, die LMU sind in der Umsetzung und im Plan. Das gilt für alle Bauträger. Daher ja der hohe “Kran-Index”.
Der Neubau in der Ortsmitte mit Wohnungen und Supermarkt ist so weit fortgeschritten, dass zumindest der Penny-Markt vermutlich schon Mitte 2025 eröffnet werden und damit die Nahversorgung in der Parksiedlung wieder sichergestellt werden kann. Ebenfalls eine gute Nachricht: der Rohbau für das neue Kinderhaus ist im Dezember fertiggestellt. Die Kosten liegen derzeit unter Plan.
Nicht so gut lief es beim Mitarbeiterhaus am Frauenfeld, bei dem es durch Fehlplanung und mangelhafte Bauaufsicht zu erheblichen Verzögerungen und Kostensteigerungen kam. Inzwischen gibt es aber ein Dach und der Innenausbau läuft. Die Fertigstellung ist nun für das 2. Quartal 2025 geplant.
Regenwasserbeseitigung
Die inzwischen regelmäßig auftretenden Starkregen führen an manchen Stellen in der Gemeinde dazu, dass die Gullys dauernd überlaufen. Das passiert insbesondere, wenn die Sickerschächte in keinem guten Zustand mehr sind.
Bei ca 60 % der 772 Sickerschächte in der Gemeinde besteht kleinerer oder größerer Sanierungsbedarf. Schlamm muss abgesaugt werden, Wurzelwerk muss entfernt werden, die Filterschicht muss ausgetauscht werden oder die Schächte müssen ganz erneuert werden. Derzeit wird die Situation jeweils vor Ort überprüft, damit die Probleme beseitigt werden können.
Klimaschutz und Energiewende
Hier ist die Gemeinde inzwischen wieder ein Stück vorangekommen. Bürgermeister Böck bedankte sich besonders für die Unterstützung durch den Lenkungskreis Energie und Klima. Neben den vorhandenen Ladestationen werden ab Januar auf den Parkplätzen am Bürgerplatz, am Hallenbad, am Rathaus und am Schloss sowie Am Stutenanger und Am Frauenfeld Ladestationen für E‑Autos eingerichtet.
Einstimmig beschlossen wurde auch die Einleitung eines Bauleitverfahrens für einen “Solarpark Oberschleißheim”, errichtet von IBC Solar. 16 ha Freiflächen-Photoltaik sollen entstehen, die rund 8.100 Haushalte mit emissionsfrei erzeugter elektrischer Energie versorgen können. Das bedeutet Wertschöpfung vor Ort mit Bürgerbeteiligung, die zudem zu langfristigen Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde führen.
Stadtentwicklung
Die Gemeinde hat beschlossen, sich nach dem Auslaufen des Programms “Soziale Stadt” wieder an einem Förderprogramm für Stadtentwicklung zu beteiligen. Es heißt ISEK, “Integriertes städtebauliches Entwicklungs-Konzept” und wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert.
Dieses Mal geht es nicht um einzelne Ortsteile, sondern um das gesamte Gemeindegebiet. Auf der Basis einer “Was-fehlt-Analyse” wird ein Handlungsleitfaden für die nächsten Jahre entwickelt. Für die Bürgerbeteiligung sind zahlreiche gemeinsame Aktionen vorgesehen.
Sicherheit: Polizei und Feuerwehr
Polizei: Wie gewohnt mit viel Humor beschrieb Stefan Schraut, Leiter der PI 48, womit es sein Team, zuständig für Oberschleißheim, Unterschleißheim und Garching, in diesem Jahr zu tun hatte. Zu den 7.800 Einsätzen, durchschnittlich 22 am Tag, gehören übrigens auch Sicherheitseinsätze bei Großereignissen in der Allianz-Arena oder bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Insgesamt sei die Kriminalität seit Corona zwar wieder angestiegen, aber Oberschleißheim sei nach wie vor sehr, sehr sicher. Die meisten Straftaten beträfen Diebstähle aller Art. Um so wichtiger sei es, Türen und Fenster gut zu sichern. Ein großes Problem seien immer noch Betrugsversuche durch Schockanrufe oder der Versuch, über Handynummern an persönliche Daten zu kommen. Bei Schockanrufen, fand er, helfe es sehr gut, mit einer Trillerpfeife ins Telefon zu blasen.
Bei Verkehrsunfällen sinke die Zahl der Verletzten kontinuierlich. Die Autos seien immer sicherer und die Durchschnittsgeschwindigkeit liege aufgrund des Verkehrsaufkommens und der Staus inzwischen bei nur 27 km/h. Dank der vielen Helfer habe es glücklicherweise keinen einzigen Schulwegunfall gegeben. Für 200 Autofahrer habe es außerdem ein “Gesundheitsprogramm” gegeben: Oberschleißheim zu Fuß. Sie mussten den Führerschein abgeben.
Feuerwehr: Sehr eindrucksvoll berichtete Thomas Laser von den Einsätzen und Aktivitäten der Freiwilligen Feuerwehr Oberschleißheim, die 5.000 Personenstunden im Jahr ehrenamtlich leistet und deren Sanitäter 17.000 Stunden in Bereitschaft sind. Zu 661 richtigen Einsätzen waren es 2024 gekommen, mit einer Einsatzzeit von insgesamt 3.500 Stunden. Dazu finden rund 100 Übungen im Jahr statt, in der Regel in Schulen und öffentlichen Gebäuden. Aber auch Abrisshäuser sind zum Üben sehr gut geeignet. Da ist die Feuerwehr für jeden Hinweis dankbar.
Sämtliche Einsätze sind auch auf der Homepage der FFW nachzulesen. Zugenommen haben vor allem die Einsätze der First Responder, die die Zeit überbrücken, bis der Rettungsdienst kommt. Über 400 Einsätze waren es im letzten Jahr. Wer so etwas je miterlebt hat, weiß, wie dankbar man dafür ist.
Zu 54 Brandeinsätzen kamen auch einige Umweltdelikte. Im Schwebelbach hatte jemand tatsächlich 4 Kanister mit Altöl entsorgt. Warum man ein Fahrrad im Uferbereich eines Badesees versenken muss, erschliesst sich einem Normalsterblichen auch nicht.
Dramatisch waren die Einsätze bei dem katastrophalen Sommerhochwasser auswärts in Hohenwart und Baar/Ebenhausen. Man muss es sich klar machen: Wenn bei einem Hochwasser der Keller voll Wasser mit Heizöl läuft und das nicht innerhalb von 8 Tagen entfernt wird, dann kann man das Haus abreißen, weil es verseucht ist.
Fragen und Anliegen von Bürgern
Hierfür war aufgrund der Disziplin der Referenten noch gut Zeit. Einige hatten sich vorab gemeldet, andere traten am Abend ans Mikrofon. Es waren mehrheitlich kritische Fragen oder Nachfragen, was in der Logik der Dinge liegt, denn wenn alles bestens läuft, meldet man sich ja nicht. Schade eigentlich.
Ein großes Thema war wie immer der Verkehr, der Schleichverkehr durch die Wohngebiete von all jenen, die die Bahnschranke umgehen wollen, der Baustellenverkehr, denn die Bauvorhaben schreiten nicht nur voran, sie erzeugen auch viel zusätzlichen LKW-Verkehr. Dass sich viele dabei nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, erhöht die Gefahr. Hier könnten doch zumindest Temposchwellen zum Schutz der Bürger dafür sorgen, dass wenigstens die vorgeschriebene Geschwindigkeit eingehalten wird.
Moniert wurde, dass die Bahn nichts für den Lärmschutz tut, sowie der Zustand der verschmutzten und verschmierten Bahnhöfe. Hier tut sich lt. Markus Böck die Nordallianz gerade zusammen, um gemeinsam dagegen anzugehen.
Wer zahlt welchen Radweg, war auch ein Thema. Auskunft: Radwege innerhalb eines Bebauungsplans zahlt der Bauträger, z.B. die LMU, andere die Gemeinde, die dafür aber auch erhebliche staatliche Förderung erhält. Kritisch wurde auch die Ampelschaltung an der Feierabendstraße gesehen.
Nachgefragt wurde nach dem Stand der Dinge bei der Insolvenz der Greensill-Bank und den verlorenen Millionen der Gemeinde. Dass bei dem Verfahren in absehbarer Zeit für die Gemeinde noch was herauskommt, ging aus der Antwort des Bürgermeisters nicht hervor.
Eine Bürgerin äußerte den Wunsch nach mehr Sitzbänken auf dem Bahnhofsplatz an den Bushaltestellen. Eine andere fragte nach dem richtigen Umgang mit dem steigenden Grundwasserstand im Siedlungsgebiet westlich der S‑Bahn. Davon ist ja auch das Mitarbeiterhaus am Frauenfeld betroffen.
Dass die Telekom die ursprünglich angekündigten Termine für den Glasfaser-Ausbau nicht einhält, ist evident. Wann wo aufgegraben wird, ist schwer nachvollziehbar. Böck bat insofern um Mithilfe bzw. Nachricht von den Anwohnern, dass offene Baustellen wenigstens wieder geschlossen werden, wenn niemand daran arbeitet.
Völlig zugeparkte Straßen auch da, wo es definitiv Tiefgaragenstellplätze gibt, sind ebenfalls ein Ärgernis für die Anwohner. Idealerweise und im Sinne einer Verkehrswende sollten eigentlich weniger Autos in der Gemeinde fahren und deshalb auch weniger Stellplätze nötig sein. Das hält nicht jeder für realistisch, auch wenn es ausdrücklich Lob für den verbesserten ÖPNV in Oberschleißheim gab. Die Gemeinde denkt jedenfalls über die Änderung der Stellplatzsatzung nach.
Jemand bezweifelte, wie aus einem Gewerbegebiet mit vielen Start-up-Unternehmen jemals in größerem Umfang Gewerbesteuer erzeugt werden könne. Das versuchte Böck mit mehr Details über die Planung für den One-Health-Campus zurechtzurücken.
Inzwischen kommen auch regelmäßig Anfragen für eine Airbnb-Nutzung von Wohnungen. Das lehnt die Gemeinde strikt ab und bittet um Hinweise, falls bei Nachbarn der Verdacht für eine solche Nutzung aufkommt. Eine Zweckentfremdungssatzung sei in Planung.
Und so kamen viel Bürgerinnen und Bürger zu Wort. Ob alle mit den Antworten auf ihre Fragen zufrieden waren, sei dahingestellt, ist aber auch nicht zu erwarten. Es war jedenfalls eine anregende und informative Bürgerversammlung, die Bürgermeister Böck mit einem ausdrücklichen Dank an alle und auch an sein Team, insbesondere Christiane Kmoch, Doris Rohe und Larissa Mäder auf dem Podium, beschloss.
Andrea Wörle
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