Grüne Gemeinderäte und Ortsvorstände wehren sich gegen ungerechtfertigte Vorwürfe
Der jüngste Artikel im Münchner Merkur zum „Scheitern“ des Landschaftsbands zwischen Unterschleißheim und Oberschleißheim wirft uns GRÜNEN in Oberschleißheim vor, ein „vielversprechendes“ Projekt blockiert zu haben. Doch dieser Vorwurf ist unberechtigt und greift zu kurz.
Er verkennt den eigentlichen Konflikt, der hier auf dem Spiel steht: Es geht nicht um eine Ablehnung von Naturschutz oder Kooperation. Es geht darum, ob wir bereit sind, Landschaftsschutz ernst zu nehmen – oder ihn zur Fassade für ganz andere Interessen zu machen.
Der Schein des Fortschritts: Ein Workshop mit eingebautem Ergebnis
Das Herzstück des geplanten Projekts – der Workshop am 27. September – wird öffentlich als demokratische Ideenschmiede präsentiert, dabei hätten noch nicht einmal alle GR-Mitglieder, geschweige denn die Bevölkerung daran teilnehmen dürfen.
Doch in Wirklichkeit war der Rahmen bereits vorgegeben: Die Westumgehung, ein Straßenbauprojekt, das in Oberschleißheim höchst umstritten ist und u.a. dem Erschließen neuer Gewebegebiete dienen soll, war als Bestandteil der Planungen bereits fest inbegriffen, obwohl die Oberschleißheimer Bürgerinnen und Bürger noch 2013 in einem Bürgerentscheid klar dafür votiert haben, das Gebiet westlich zur Autobahn frei von Bebauung zu halten – also auch frei von einer Umgehungsstraße.
Wie kann man von einem offenen Prozess sprechen, wenn zentrale Eingriffe in den Landschaftsraum – mit massiven ökologischen Folgen – nicht zur Diskussion stehen sollen? Ein solches Verfahren verdient nicht den Namen Beteiligung.
Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung der Vorlage durch die Freien Wähler, fast alle SPD-Mitglieder, sowie einen Teil der FDP-Fraktion und uns war das völlige Fehlen einer Beteiligung der Bevölkerung im Vorfeld bei einem so wichtigen Thema.
Es handelt sich um Hinterzimmer-Politik, der man nachträglich ein grünes Mäntelchen umhängen will. Demokratie funktioniert nicht, wenn die wichtigsten Entscheidungen schon vor dem ersten Gespräch gefallen sind. Unser Vorschlag, erst intern über die Zielsetzung aller Fraktionen im Oberschleißheimer Gemeinderat zu diskutieren, wurde leider nicht aufgegriffen.
Landschaftsschutz und Umgehungsstraße: Zwei unvereinbare Konzepte
Die Grundidee eines Landschaftsbands – also der Schutz und die ökologische Aufwertung der noch verbliebenen Freiräume zwischen unseren Gemeinden – ist ohne Frage unterstützenswert. Doch sie ist nicht kompatibel mit einer gleichzeitigen Planung einer neuen Verkehrsstraße durch genau diesen Raum. Eine Umgehungsstraße ist keine Landschaftsgestaltung, sondern ein massiver Eingriff in Natur, Klima und landwirtschaftliche Nutzung. Eine Straße zerschneidet, wo eigentlich verbunden werden soll.
Wir widersprechen entschieden der Vorstellung, man könne das Problem mit kosmetischen Maßnahmen entschärfen. Eine Umgehungsstraße wird nicht besser, nur weil sie mit ein paar „grünen Seitenstreifen“ versehen wird. Ein grüner Mittelstreifen macht aus Asphalt keinen Landschaftsraum. Lärm- und Abgasemissionen bleiben.
Wer bestimmt die Zukunft des Trenngrüns – und wofür?
Es drängt sich der Eindruck auf, dass das Landschaftsband vor allem als Vorwand genutzt wird, um Infrastrukturinteressen durchzusetzen. Besonders deutlich wird das im Zusammenhang mit dem geplanten Gewerbegebiet südlich der B471. Alle drei Bürgermeister von Oberschleißheim zeigen besonderes Interesse an der schnellen Festlegung der Trasse für die Westumgehung. Denn diese ist notwendig, um das OHTC-Gewerbegebiet an der B471 in Oberschleißheim in maximalem Umfang erschließen zu können. Hier wird klar: Die Straße ist kein Nebenthema – sie ist der eigentliche Antrieb. Das sogenannte Landschaftsband soll vor allem eines tun: Akzeptanz schaffen für eine Entwicklung, die den Namen „Landschaftsschutz“ nicht verdient.
Vertrauen braucht Transparenz, nicht Inszenierung
Wir GRÜNE in Oberschleißheim haben nicht grundsätzlich gegen ein gemeinsames Projekt mit Unterschleißheim gestimmt. Aber wir verlangen Ehrlichkeit und vor allem offene Gespräche über die Ziele, die damit verfolgt werden. Ein echter Landschaftsschutz braucht keine Workshops, die am Ende nur eine Legitimation liefern sollen für Entscheidungen, die längst getroffen wurden.
Wir sind offen für eine Kooperation zur Planung des Landschaftsbandes – auch mit Unterschleißheim. Aber wir erwarten, dass dabei ökologische Werte an erster Stelle stehen, und nicht wirtschaftliche oder verkehrspolitische Interessen. Deshalb war unsere Ablehnung kein Nein zum Landschaftsband, sondern ein Nein zu einer Mogelpackung, die Natur- und Klimaschutz für andere Zwecke instrumentalisiert.
Christoph Münster, Ortsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Oberschleißheim
Lieber Christoph
Schon bei dem von Dir angesprochenen Bürgerentscheid zum Gewerbegebiet haben die Grünen mit aufgebauschten Fehlinformationen gearbeitet. Mein Stil ist das nicht.
Es geht hier nicht um das von Euch im Bild dargestellte damalige Gebiet neben der A92 sondern um das Trenngrün zwischen Ober- und Unterschleißheim zwischen A92 und B13. Basierend auf dern keinesfalls “höchstumstrittenen” idee, den Durchgangsverkehr aus dem Ort herauszubekommen, ist eine Umgehungsstraße im westlichen Teil dieses Bereiches derzeit wieder in Planung. Die war nie Bestandteil eines Bürgerentscheids!
Abstrus finde ich weiter das Argument, ein offener Workshop dürfe dieses Thema keinesfalls berücksichtigen. Was ist daran “offen”. Oder der Vorschlag der Grünen, sich erst mal im Gemeinderat eine gemeinsame Meinung zu bilden, die man dann als unabänderlich in den Workshop einbringen möge. Die Beteiligung beim Workshop war so vorgeschlagen, weil paritätisch und arbeitsfähig sein wollte.
Zugegeben, im politischen Geschäft sollten Entscheidungen reiflich überlegt sein, aber das wird nicht dadurch erreicht, dass besonders viele Leute besonders lange darüber diskutieren. So wäre die deutsche EInheit niemals erreicht worden. Und hier ging es darum, zügig mit der Diskussion über das Projekt zu beginnen. Dabei wurden alle Themen offen angesprochen, die vorab bekannt waren. Was war daran “unehrlich”?
Ebenso abenteuerlich sind die Behauptungen über die Gründe, warum die Freien Wähler und Teile der SPD und der FDP dagegen gestimmt haben. Aus den Redebeiträgen in der Sitzung ist das keinesfalls ableitbar.
Eine Abwägung zwischen Naturschutz und anderen Interessen ist im Gesetz ohnehin so vorgesehen, dass der Naturschutz eine herausragende Rolle hat. Aber er ist nicht das alleinige Kriterium.
Könnte es sein, dass die Grünen es nicht ertragen, wenn sich andere Gruppierungen für ein Projekt engagieren, dass Naturschutz in besonderer Weise berücksichtigen will?
Not invented here? Das war im Gemeinderat in Oberschleißheim bisher nicht so der Fall.
Übrigens: Gemeinderäte sind im Rahmen ihrer persönlichen Meinungen dem Wohl aller Bürger verpflichtet, nicht nur dem der eigenen Wähler.
Sehr geehrter Herr Münster,
es mag sein, dass die Vorgehensweise zu bemängeln ist, da die beiden Bürgermeister vorgeprescht sind — andererseits liegt hier ein Vorschlag auf dem Tisch, der vermutlich nie zustandekommen wäre, hätte man alle Interessengruppen sofort einbezogen … man gründe einen Arbeitskreis …
Wo ich Ihnen klar widerspreche, ist das Thema Umgehungsstraße: hier mit einem Bürgerentscheid von 2013 zu argumentieren, verkennt schlichtweg das inzwischen täglich herrschende Verkehrschaos; der Stau auf der Nord-Süd-Achse führt zu erheblicher Abgasbelastung … und nach Fertigstellung der Baugebiete wird das noch drastisch zunehmen!
Umso verwunderlicher sehe ich die Argumentation, als der komplette Gemeinderat einen 6‑spurigen Autobahnausbau inklusive riesigem Kleeblatt zugestimmt hat: hat Lärmschutz versus Landschaftsschutz einen anderen Maßstab als Dauerstau inklusive Abgasbelästigung versus Landschaftsschutz? Abgesehen vom riesigen Landschaftsverbrauch dieser Maßnahme, wäre das ein weiterer Anreiz gewesen, dem Allacher Tunnel auszuweichen.
Bei einem neuen Bürgerentscheid pro/gegen eine Umgehungsstraße — den Sie ja einleiten können — bin ich mir sicher, dass es kein „umstrittenes“ Ergebnis geben wird: ich kenne fast ausschließlich Befürworter!
Joachim Dähler