Jeder Oberschleißheimer, der sich bei der Wahl am 15. März gegen den amtierenden Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FW) entschieden hatte, konnte sich noch am Wahlabend bestätigt fühlen — durch Kuchlbauer selbst. Als Einstieg in die Wahlkampagne zur Stichwahl stellte der in einem Facebook-Post das für ihn offenbar bedeutendste Argument zu seinen Gunsten heraus: er sei ein Schleißheimer, Kontrahent Markus Böck ein Hackermooser.
Für eine Mehrheit der Oberschleißheimer Wähler ist das nun offenkundig nicht das Niveau und die Substanz, die man im 21. Jahrhundert vom Repräsentanten einer modernen Gemeinde in einer der pulsierendsten Regionen weltweit erwartet.
So schallend abgewählt zu werden, ist für einen amtierenden Bürgermeister, der keine Straftaten begangen hat, absolut außergewöhnlich. Und bei allem Respekt vor Markus Böck (CSU) ist Kuchlbauer ja auch nicht an einem unwiderstehlichen Gegenkandidaten gescheitert; vielmehr haben sich die vier Kontrahenten ein zähes Ringen um den Einzug in die Stichwahl geliefert, in dem Böck nur hauchdünn zum Zuge kam.
Gescheitert ist Kuchlbauer einzig an sich selbst. Die Geschichte seiner Versäumnisse und Unzulänglichkeiten im Amt ist lang. Im Wahlkampf kam nun auch noch eine eigentümliche Abgehobenheit hinzu. Als einzige Wahlveranstaltung eine Personality-Show anzubieten, war etwas … befremdlich.
Ganz offenbar hat sich Kuchlbauer an der von ihm zusammengestellten Liste seiner Erfolge selbst berauscht. Eine Liste, in die er — neben unbestrittenen Erfolgen — mit großer Geste auch noch eingerührt hat, was andere ohne Einfluss der Gemeinde geschaffen haben oder was er lediglich seit Jahren vor hat.
Mit dieser Weltsicht hat er sich immer mehr in der Facebook-Filterblase eingerichtet, wo seinen Posts über seine Erfolge deutlich weniger widersprochen wurde als im wirklichen Leben — in Gemeinderatsdebatten etwa waren substanzielle Beiträge ausgerechnet des Bürgermeisters rar.
Bleiben werden von ihm die Feierabendmärkte, das Vhs-Gebäude, der Runde Tisch zur Akzentuierung des Tourismus, der Einstieg in einen Sanierungsstau öffentlicher Gebäude.
Bei der Ausweisung eines Gewerbegebiets und Verbesserungen der Verkehrssituation, den zwei Schwerpunktthemen, mit denen er 2014 angetreten war, ist die Situation nach sechs Jahren im Amt wenig verändert.
Für ein Gewerbegebiet hat gerade eine neue Standortsuche begonnen, die schon entschieden schien; bei der Straßenunterführung unter die Bahn, die ein Bürgerentscheid durchsetzte und nicht der Bürgermeister, warten die Erfolgsmeldungen Kuchlbauers auch erst noch auf den Realitätscheck 2021ff.
Quereinsteiger Böck ist nun genau so erstmal eine Hoffnung auf die Zukunft, wie es Quereinsteiger Kuchlbauer 2014 war. Ins Amt gekommen ist Böck, weil er zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle war und das solide genutzt hat; die Wahl gewonnen hat er weniger — Kuchlbauer hat sie verloren.
Ein zutreffender und ausgezeichneter Kommentar!