Ein Blackout wie in Spanien? Das passiert doch in Deutschland nicht!
Montagmorgen: Die Kaffeemaschine bleibt kalt, das Handy funktioniert nicht, und im Supermarkt gibt es keine Kasse mehr… Was tun?
Am 28. April 2025 ereignete sich in Spanien ein folgenschweres Ereignis im Stromnetz, das große Teile Westeuropas (Portugal, Spanien und Teile Südfrankreichs) lahmlegte.
Leider sind bis heute keine gesicherten Details bekannt und die Erforschung der Ursachen wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Aktuell ist zu vernehmen, dass es wohl zu viel (nicht regelbaren PV- und Wind-) Strom im spanischen Netz gab.
Der Export nach Portugal und vor allem Frankreich (nur drei Leitungen) war nicht genug bzw. zu viel und führte wohl zum Abschalten der Leitungen. Die Frequenz im iberischem Halbinsel-Netz stieg weiter an und sorgte für massive Sicherheitsabschaltungen von PV- und Windkraft-Anlagen, wodurch die Frequenz einbrach und in einem Kaskadeneffekt alle Kraftwerke vom Netz gingen.
Die Wiederherstellung der Stromversorgung dauerte glücklicherweise je nach Region nur zwischen 4 und 18 Stunden. In Deutschland rechnet man dafür mit mehreren Tagen bis Wochen. Besonders wichtig sind dabei sogenannte „schwarzstartfähige“ Kraftwerke und die Verfügbarkeit intakter Nachbarnetze.
Kann sowas auch in Deutschland passieren? Da streiten sich die Experten. Auf jeden Fall nimmt die Anzahl der Regeleingriffe, der „Redispachmaßnahmen“ von Jahr zu Jahr zu. Und selbst wenn es nur das Risiko gibt, das so etwas passieren könnte, sollte jeder für sich vorbereitet sein.
Denn die Folgen eines wochen- oder auch nur tagelangen Blackouts wären bereits ab der ersten Minute fatal: Kein Internet, keine Kommunikation – schnell auch keine 110 oder 112 Notrufe mehr, keine Ampeln, Ladentüren bleiben geschlossen und das Licht aus, Kassensysteme laufen nicht, Kühltruhen tauen auf, Heizungen bleiben kalt, Apotheken geschlossen und Krankenhäuser gehen in den Notbetrieb, die Leitungswasser-Versorgung in Unter- und Oberschleißheim fällt mangels Diesel nach rund 48 Stunden aus – falls mal alles funktioniert.
Auch der Behördenfunk – früher analog BOS, heute digital TETRA – bricht innerhalb weniger Stunden zusammen. Laut einem Gespräch 2024 mit Stefan Schraut, Leiter der Oberschleißheimer Polizeiinspektion, sind zumindest sie auf so einen Fall mehr oder weniger vorbereitet: „Wie vor Zeiten des Funks schicken wir Melder und Streifen los …“ sagte er u.a. zu mir.
Was sollte jeder Einzelne – Sie jetzt machen? Setzen Sie Ihre Prioritäten anhand der Dreierregel aus dem Survival-Bereich: Ein gesunder, erwachsener Mensch kann 3 Minuten ohne Atemluft (Stichwort Beatmungsgerät zu Hause), 3 Stunden ohne Schutz in Kälte oder Hitze, 3 Tage ohne Trinkwasser und 3 Wochen ohne Nahrung überleben. Aber das wollen Sie, Ihre Kinder und Haustiere nicht ausprobieren!
Spare in der Zeit, so hast du in der Not – das hat meine Ur-Oma immer gesagt. Sorgen Sie vor! Anregungen und eine Checkliste finden Sie in der kostenlosen Broschüre „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe:
ONLINE: <a href=“https://www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Vorsorge/Ratgeber-Checkliste/ratgeber-checkliste_node.html” target=“_blank” rel=“noopener noreferrer”>Ratgeber & Checkliste des BBK</a>
OFFLINE: www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Vorsorge/Ratgeber-Checkliste/ratgeber-checkliste_node.html
Die Broschüre ist auch im Rathaus, der Phoenix-Apotheke sowie anderen Stellen verfügbar.
Wie lange würden Sie ohne Strom auskommen?
Bernd Steinert
Die Untersuchungen in Spanien sind noch längst nicht abgeschlossen, aber der spanische Netzbetreiber gab die ersten Erkenntnisse bekannt — wohl am verständlichsten deutsch aufbereitet beim Youtube-Kanal “Outdoor Chiemgau”: Zu viel Solarstrom überlastete das Netz. Die Überschüsse wurden nach Möglichkeit nach Portugal und Frankreich exportiert, worauf hin auch in Portugal das Netz zusammenbrach — erkennbar an Schankungen im spanischen Netz. Die drei Leitungen nach Frankreich wurden überlastet, so dass sie sich abschalteten. In der Folge stieg die Netzfrequenz in Spanien bis 50,2 Hz an, was innnerhalb von Sekunden zur Zwangsabschaltung von 15 GW Solarstrom führte. Damit gab es im spanischen Stromnetz eine extreme Mangellage, die zum Zusammenbruch des Netzes führte.
Die plötzliche Abschaltung der Leitungen nach Frankreich führte auch in Südwestfrankreich zu Stromausfällen, weil dort plötzlich zu wenig Strom im Netz war und deshalb die Netzfrequenz absank.
Das Netz konnte außerordentlich schnell wieder aufgebaut werden, weil einzelne Teilnetze, z.B. nördlich von Gibraltar, sich rechtzeitig aus dem Netzverbund lösen konnten und auch Frankreich wieder Strom liefern konnte. Wie sehr die zahlreichen Wasserkraftwerke in Portugal dabei eine Rolle spielten, ist bislang nicht bekannt.
Zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs war nur sehr wenig konventionelle Erzeugung mit ihren rotierenden Massen in Betrieb. Dadurch fehlte es an “Momentanreserve”, die dem Netzbeteiber Zeit zum Reagieren hätte geben können. Man geht davon aus, dass für einen stabilen Netzbetrieb 25–35% des Stroms mit konventionellen Kraftwerken erzeugt werden müssen, unabhängig vom potentiellen Angebot an regenerativem Strom..
Vor entsprechenden Ereignissen hatten die Chefs der beiden größten deutschen Solarstromerzeuger in Deutschland vor Ostern gewarnt. Uns rettete dann das wolkige Wetter, denn die Solarstrom-Überschüsse werden an Feiertagen besonders kritisch. Dann ist der Strombedarf in Industrie und Wirtschaft besonders niedrig.
Am Sonntag, dem 11. Mai, zwischen 13 und 14 Uhr, stand unser Netz kurz vor dem Zusammenbruch (siehe http://www.smard.de): Einer Erzeugung von 52 GW stand einem Verbrauch von 37 GW gegenüber. Wir zahlten ausländischen Abnehmern 240 EUR/MWh (Großhandelspreis, 24 ct/kWh ohne alle Abgaben) dafür, dass sie unseren Strom abnahmen. Zu den größten Helfern in solchen Lagen gehören die Speicherkraftwerke in Tirol, die damit das Wasser ihrer Speicherseen aufheizen: Sie pumpen Wasser hoch, während sie es wieder zu Tal stürzen lassen.
Das letzte Ereignis: Am Sonntag dem 18. Mai fiel in großen Teilen Nord-Mazedoniens der Strom für eine Stunde aus. Ursache war zu hohe Spannung auf einer 400-kV-Leitung von Griechenland nach Serbien. Nord-Mazedonien hat kaum regenerative Stromerzeugung, aber Griechenland. Schuld war, nach Angaben des dortigen Netzbeteibers, auch das vernachlässigte Stromnetz Nord-Mazedoniens. Es fehlt beispielsweise eine 400-kV-Leitung nach Albanien.
Nein, das ist alles nicht “weit weg”: Wir gehören zu einem Stromnetz, das von Portugal bis in die Ost-Türkei geht.