Wie ein Oberleutnant namens Peter Spoden Oberschleißheim vor dem “Endkampf” rettete
Der Zweite Weltkrieg war in Oberschleißheim Ende April 1945 zu Ende. Am 28./29. April 1945, einen Tag, bevor Adolf Hitler in Berlin im Führerbunker Selbstmord beging, rückten US-Truppen, die 45. Infantry Division, auf die Gemeinde vor.
Peter Spoden, Mitglied eines Nachtjagdgeschwaders und Kommandant des örtlichen Fliegerhorsts, ergab sich kampflos und sorgte dafür, dass auch die ihm unterstellten Soldaten das taten. Zwei Tage zuvor hatte er noch den irrsinnigen und sinnlosen Befehl erhalten, Oberschleißheim mit seiner Truppe im “Endkampf” und “bedingungslos” zu verteidigen. Dann wäre der Ort wohl erneut bombardiert worden.
Als Luftwaffenstandort mit der Flugwerft war Oberschleißheim ohnehin die einzige Gemeinde im Landkreis München, die mehrfach bombardiert und von Tieffliegern beschossen worden war, mit 45 Bombentoten und zahlreichen zerstörten oder schwer beschädigten Wohnungen. Auch das Alte Schloss wurde bei einem solchen Angriff zerstört.
So verhinderte dieser Mann ein weiteres Blutvergießen und weitere Zerstörungen, indem er die weiße Fahne hisste. Das war sehr mutig. Viele andere, die so etwas taten, sind von NS-Fanatikern noch in letzter Minute erschossen oder gelyncht worden. Schließlich gab es in Oberschleißheim auch eine sehr aktive NSDAP-Ortsgruppe inklusive Bürgermeister.
Nach dem Krieg arbeitete Peter Spoden als Pilot und Flugkapitän bei der Lufthansa. Zuletzt lebte er in einem Seniorenheim bei Frankfurt. Er starb am 9. Dezember 2021. Einen Monat zuvor, im November 2021 konnte ihm Bürgermeister Markus Böck noch zum 100. Geburtstag gratulieren. Als 2007 im Rahmen eines “historischen Wochenendes” mit amerikanischen GIs die Ereignisse vom 28./29. April 1945 in dieser Gegend rekonstruiert wurden, nahm er als Ehrengast teil und kam zum ersten Mal nach 62 Jahren wieder nach Oberschleißheim.
Peter Spoden hatte sich 1940 mit 19 Jahren freiwillig zur Luftwaffe gemeldet und wurde Mitglied eines Nachtjagdgeschwaders. Diese Verbände hatten den Abschuss feindlicher Bomber zum Ziel. Das hat Spoden auch getan. Über diese Zeit hat er selbst ein Buch veröffentlicht.
Er war gewiss kein Widerstandskämpfer, aber das waren Heinz Katzenberger (Parteigenosse und Mitglied des von der Obrigkeit eingesetzten und nicht gewählten NSDAP-Gemeinderats) und Otto Hupp (gestaltete ein Wappen für Hermann Göring, “getreuer Paladin unseres Führers Adolf Hitler”) auch nicht. Am Kriegsende in Oberschleißheim rettete Peter Spoden jedenfalls Leben, anstatt sie zu zerstören. Vielleicht wäre es an der Zeit, dass die Gemeinde Oberschleißheim auch nach ihm eine ihrer Straßen benennt.
Wer mehr über die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg in Oberschleißheim wissen will, sei auf die Ortschronik “Oberschleißheim. Eine Zeitreise” (2010, erhältlich im Rathaus) verwiesen und auf mehrere Publikationen von Ortchronist Otto Bürger, zuletzt “Schleißheim und die verflixten 1930er-Jahre” (2023), erhältlich über die “Freunde von Schleißheim” (heinrich@wutscher.de) und über Otto Bürger selbst (otto-buerger@gmx.de)
Andrea Wörle
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