Aeneas und Turnus kämpfen um die Hand der italienischen Königstochter Lavinia, Deckengemälde von Jacopo Amigoni aus dem Jahr 1722 im Großen Saal von Schloß Schleißheim. Abb.: Bayerische Schlösserverwaltung

Warum Max Emanuel unbe­dingt einen troja­ni­schen Helden an der Decke haben wollte

10.12.2024 | Schlösser & Museen | 0 Kommentare

Eine Themen­füh­rung im Neuen Schloss Schleiß­heim

Viele in Schleiß­heim denken wahr­schein­lich, das Neue Schloss, ja, ja, das kenn ich längst. Die hier aufge­wachsen sind, haben es wahr­schein­lich zu Schul­zeiten schon zum ersten Mal von innen gesehen. Ich bin zwar nicht hier aufge­wachsen, aber ich war schon bei der großen Max-Emanuel-Ausstel­lung 1976 zum ersten Mal da, und seit ich hier wohne, immer wieder mal.

Trotzdem habe ich mich am Sonntag, dem 8.12.2024, zu einer Themen­füh­rung aufge­rafft, die von der Schlös­ser­ver­wal­tung ange­boten wurde. Unter dem Motto “Von Troja nach Ober­bayern” sollte es um antike Helden im Schloss und auf seinen Decken­ge­mälden gehen.

Ich ging alleine hin, denn mein Mann hatte aus den oben genannten Gründen keine Lust, aber außer mir gehörten zu den 16 Besu­chern der Führung immerhin noch acht weitere Schleiß­heimer. Sogar Klaus Bach­huber, ruhm­rei­cher Gründer von schleissheimer-zeitung.de, war mit seiner Lebens­ge­fährtin da. Und was soll ich sagen: Eine so unter­halt­same und anschau­liche Führung habe ich schon lange nicht mehr erlebt.

Denn unsere Führerin, die Kunst­his­to­ri­kerin Doro­thea Hutterer, konnte uns noch viel mehr erklären als die Tatsache, warum der Trojaner Aeneas, dessen Schicksal Vergil in seiner “Aeneis” schil­derte, auf den berühmten Schleiß­heimer Decken­ge­mälden eine wich­tige Rolle spielt.

Die Geschichte des Aeneas war für Max Emanuel in einer weit vom Internet entfernten Zeit eine Art Meme, bei dem jeder gebil­dete Besu­cher seiner­zeit sofort verstand, was der baye­ri­sche Kurfürst damit sagen wollte, welchen Anspruch er erhob.

Wer es ganz genau wissen will, kann es unter in dem Beitrag von Kurator Sebas­tian Karnatz unter https://schloesserblog.bayern.de/geheimnisse/aeneas-in-schleissheim noch einmal sehr schön und ausführ­lich nach­lesen (Copy­right 2024 Baye­ri­sche Schlös­ser­ver­wal­tung).

Aeneas war in der antiken Mytho­logie ein Fürst, Mitglied eines Herr­scher­ge­schlechts, der im Troja­ni­schen Krieg aus Troja vertrieben wurde, eine lange Irrfahrt erlebte, schließ­lich in Italien landete, eine einhei­mi­sche Königs­tochter heira­tete und prompt ein Welt­reich grün­dete, nämlich das römi­sche. Und Max Emanuel, Held der Türken­kriege, war eben­falls ein Fürst aus einem bedeu­tenden Herr­scher­ge­schlecht, der sich für die Wittels­ba­cher die Nach­folge des kinder­losen spani­schen Königs sichern wollte und damit auch die Herr­schaft über ein dama­liges Welt­reich.

Deshalb tat er sich mit den Fran­zosen zusammen und erlebte in der Schlacht bei Höchstädt eine gewal­tige Nieder­lage gegen Habs­burger und Engländer, die solche Ambi­tionen aus verschie­denen Gründen ablehnten. Diese seine einzige mili­tä­ri­sche Nieder­lage taucht selbst­ver­ständ­lich nirgendwo in der sieg­haften Bild­sprache seiner Schlösser auf. Ganz im Gegen­teil, Max Emanuel sorgte bewusst dafür, dass es in seinem Schloss genauso pracht- und prunk­voll aussah wie im engli­schen Schloss Blen­heim, wo der Duke of Marl­bo­rough resi­dierte, der ihn bei Höchstädt besiegt hatte.

Aus dem Welt­reich für Bayern wurde nichts. Die Habs­burger besetzten das Kurfürs­tentum, Max Emanuel musste für zehn Jahre in die Verban­nung und seine Kinder blieben in öster­rei­chi­scher Geisel­haft zurück, wenn auch in einer sehr komfor­ta­blen.

Selbst­ver­ständ­lich lagen nun auch die ganzen pompösen Bauvor­haben erst mal danieder, und aus Schloss Schleiß­heim wurde bekannt­lich nie das Versailles der Münchner Schot­ter­ebene, als das es mal geplant war. Das war aber bei der Themen­füh­rung nur die Rahmen­hand­lung für eine Fülle von Details aus dem höfi­schen und poli­ti­schen Leben der Zeit.

Man konnte erfahren, dass Schlachten damals geplant wurden wie heut­zu­tage ein Meeting. Die gegne­ri­schen Parteien bestimmten einen Treff­punkt, ein Schlacht­feld, und einen Zeit­punkt, wann es losgeht.

Genauso detail­liert gere­gelt war das Proto­koll für Besuche und Audi­enzen. Einen hoch­ran­gigen Besu­cher, zum Beispiel einen kaiser­li­chen Gesandten, konnte man schwerst verär­gern, wenn er im Vorzimmer auch nur eine Sekunde länger warten musste, als für seinen Status vorge­sehen.

Heut­zu­tage hängen Bilder auch im Museum mehr oder weniger unver­rückbar immer am selben Platz. Die reichen Bilder­sammler der dama­ligen Zeit, wozu vorrangig auch die Wittels­ba­cher gehörten, pflas­terten die Wände damit, änderten die Hängung und ließen sich immer wieder einzelne Gemälde für den persön­li­chen Bedarf in die eigenen Räume bringen.

Diese Führung hat mir viel Spaß gemacht und meine Kennt­nisse erwei­tert. Es schadet eben nicht, Gele­gen­heiten zu nutzen, bei denen man auch über Dinge Neues erfahren kann, von denen man glaubt, man weiß eh schon alles. Das gilt natür­lich nicht nur für die Vergan­gen­heit, aber es lohnt sich jeden­falls, auf zukünf­tige Themen­füh­rungen zu achten.

Andrea Wörle

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