Liebe Leserinnen und Leser,
da haben die Freien Wähler den Damen und Herren des Gemeinderates aber ein Ei gelegt. Die Einrichtung eines Bürgerbeteiligungssystem solle geprüft werden. Die Oberschleißheimer Bürgerinnen und Bürgern sollen so institutionalisiert ihre Meinungen und Ideen einbringen können.
Und damit das nicht reicht, verweisen die Freien Wähler noch auf den großen Bruder Unterschleißheim als Vorbild. Die haben nämlich mit der Internetplattform https://consul.unterschleissheim.de/ schon ein Bürgerbeteiligungssystem gestartet. Gerade konnten wir letztes Jahr noch mit aller Müh´ die Verwaltungsgemeinschaft mit Unterschleißheim verhindern. Und jetzt wird uns schon wieder unter die Nase gerieben, dass da drüben in der Verwaltung ja so vieles toll, wenn nicht sogar besser sei.
Und was macht der Gemeinderat? Der Bürgermeister hat alle Mühe, überhaupt ein für Bürgerbeteiligung geeignetes Thema zu finden. Casimir Katz (FDP) sieht neben (virtuellen?) fliegenden Eiern die Gefahr der Frustration bei den Bürgerinnen und Bürgern, wenn geweckte Erwartungen nicht erfüllt würden. Peter Benthues (CSU) verweist darauf, dass solche Beteiligungen keinesfalls repräsentativ seien. Florian Spirkl (SPD) kontert, dass ein solches System innerhalb des Gemeinderates als Druckmittel missbraucht werden könne. Dass Gaby Hohenberger (Grüne) mit Gewerbegebiet und Baumfällungen gerade nur ihre eigenen Leib- und Magenthemen für ein Bürgerbeteiligungssystem empfiehlt, dürfte die Vorfreude der weiteren Mitglieder des hohen Hauses nicht gerade gefördert haben. Die ÖDP scheint in dieser Sache keine Meinung zu haben.
Ja, es entsteht der Eindruck, das Thema sei erfolgreich zerredet worden. Aber die Damen und Herren des Gemeinderates — natürlich mit Ausnahme der Freien Wähler — als “Autokraten” und “Ignoranten” zu bezeichnen, das, lieber Herr Stadelmaier, halte ich für unanständig. Immerhin ist das Thema — so der Bürgermeister — einstimmig zur weiteren Behandlung empfohlen worden.
Aber nun zurück zum Bürgerbeteiligungssystem: Ich habe mir das Unterschleißheimer Consul angesehen und konnte auf den ersten Blick keinen Unterschleißheimer Stadtrat finden, den es zum Frühstück verspeist hätte. Auch habe ich in der Lokalpresse noch keine Berichte über ein kommunalpolitikerfressendes Bürgerbeteiligungssystem in Unterschleißheim wahrgenommen.
Was ich aber wahrgenommen habe, ist, dass es der Kommunalpolitik wertvollen Input geben kann: Das erste Thema ging um “Bürgerbeteiligung” selbst und gab den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit, die von ihnen verwendeten Kanäle für Informationen zur Kommunalpolitik zu nennen und zu bewerten.
Beim zweiten Thema “Mehrgenerationenwohnen Lohhof Süd” konnten die Bürgerinnen und Bürger nicht nur abstimmen, sondern bei vorgegebenen Themen eigene Ideen erstellen. Ich sehe also weniger die Chance, durch Abstimmungen Meinungen der Bürgerinnen und Bürger einzuholen, als dass zusätzliche Ideen in Debatten eingebracht werden.
Ein auch noch so engagierter Gemeinderat kann weder alle Aspekte eines Themas berücksichtigen noch Volkes Meinung immer richtig einschätzen. Casimir Katz hat in seinem lesenswerten Beitrag die bestehenden informellen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung dargestellt. Ich sehe nicht, warum ein Bürgerbeteiligungssystem nicht eine sinnvolle digitale Ergänzung darstellen kann.
Mit den besten Grüßen
Andreas C. Hofmann
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