Ein Platz für die Menschen

28.09.2021 | Rathaus | 5 Kommentare

Die Adresse Bahn­hofs­platz ist in Ober­schleiß­heim immer noch beim histo­ri­schen Bahnhof; vor dem S‑Bahnhof aus 1972 gibt es ein Knäuel an Straßen, garniert mit Bushal­te­stellen, eine Grün­fläche ohne Kontext, irgendwo Elektro-Lade­stellen und nebenan geht es zu den Bahn­steigen.

Jetzt wurde die Situa­tion grund­le­gend über­plant. Aus einem Planungs­wett­be­werb mit elf teil­neh­menden Büros hat das Preis­ge­richt einen so eindeu­tigen Sieger gekürt, dass gar kein zweiter Platz vergeben wurde, um die Domi­nanz des Sieger­ent­wurfs von Andreas Kicherer, „OK Land­schaft“ aus München, zu unter­strei­chen.

„Der Ort bekommt eine Aufwer­tung“, versprach Land­schafts­ar­chi­tekt Markus Schäch als Vertreter des Preis­ge­richts bei der Vorstel­lung der Arbeiten am Montag im Bürger­zen­trum (Bild unt.). Bürger­meister Markus Böck freute sich über „eine super Lösung“.

Der große Kniff des erfolg­rei­chen Entwurfs ist es, die Verschwen­kung der Mitten­heimer Gewer­be­straße vor dem Bahnhof zu begra­digen. Die beiden paral­lelen Straßen, die sich nach dem „Hit“-Markt trennen, um dazwi­schen die Grün­insel mit dem Flöten­brunnen zu bilden, werden nun bis zur gemein­samen Einmün­dung in die von der Bahn­brücke abfüh­renden Mitten­heimer Straße parallel geführt.

So entsteht ausrei­chend Fläche, um alle Bushal­te­stellen inclu­sive der neuen Expressbus-Linie direkt an den beiden Straßen halten zu lassen. Der in der bishe­rigen Stra­ßen­ver­schwen­kung neu entste­hende Platz vor dem Bahnhof wird so komplett Auto- und Bus-frei. „Der Platz steht den Menschen zur Verfü­gung“, sagte Schäf.

Weil die bishe­rige Grün­insel weichen muss, wird der Flöten­brunnen verlegt. Der neue Platz wird geprägt von viel Bäumen, wobei die bisher dort verteilten Bäume trotz der neuen Stra­ßen­füh­rung über­wie­gend erhalten werden können, und Blüten­in­seln, die alle­samt von Sitz­mauern und ‑bänken einge­fasst werden.

Diese Gestal­tung greift auch über in die bislang unge­nutzte Grün­fläche an der Brücken­bö­schung mit dem Gemein­de­wappen, auch die wird mit Wegen und Sitz­ge­le­gen­heiten erschlossen. Der bislang nicht wahr­nehm­bare Bier­garten des Bahn­hofs­kiosk‘ wird in den neuen Platz gezogen.

Die erwei­terten modernen Fahr­rad­ständer sind in der nörd­li­chen Verlän­ge­rung des Bahn­hofs­ge­bäudes ange­sie­delt, aber auch jenseits des Platzes, so dass es dort keinerlei konkur­rie­renden Verkehre gibt. „Sehr hohe Aufent­halts­qua­lität“ erwartet Schäf und versprach: „Sie werden viel Spaß an dem Platz haben.“

(Auf der Grafik der Gemeinde oben ist der große neue Platz mit dem Flöten­brunnen zu sehen, einge­fasst von Bäumen. Darunter die verlegte Gewer­be­straße mit den Buswar­te­häus­chen an Gewerbe- und paral­leler Staats­straße (ganz unten) und (rechts) die Grün­an­lage mit dem Wappen.)

Der Gemein­derat hat — wider­sin­ni­ger­weise hinter verschlos­senen Türen — den Preis­träger bereits mit der Reali­sie­rung beauf­tragt. Geplant ist, mit den letzten Arbeiten an der Bahn­brücke bereits auf die neuen Pläne einzu­gehen und die Baustellen dann inein­ander über­gehen zu lassen, so dass 2023 mit der Reali­sie­rung begonnen werden soll.

Die Umge­stal­tung ist ein spätes Projekt im Städ­te­bau­för­der­pro­gramm „Soziale Stadt“, in dem auch bereits das neue Ober­schleiß­heimer Orts­zen­trum reali­siert wurde. Über das Programm werden bis zu 60 Prozent der Umbau­kosten von staat­li­chen Zuschüssen getragen.

Die elf Entwürfe und ihre Ideen für den Platz sind noch zwei Wochen im Foyer des Bürger­zen­trums ausge­stellt.

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5 Kommentare

  1. Auf den ersten Blick sieht der Entwurf für den neuen Bahn­hofs­vor­platz wirk­lich sehr gut aus, beim genaueren Betrachten zeichnen sich aber doch eine ganze Reihe von Problem­punkten ab.

    Bereits erwähnt wurde, dass der Platz für gehbe­hin­derte Personen eine massive Verschlech­te­rung bedeutet, da die Wege länger werden und keinerlei direkte Abhol­mög­lich­keiten mehr bestehen. Das Argu­ment, es kann ja alter­nativ der Bus benutzt werden, zieht da über­haupt nicht.

    Die Rotdorn­straße ist auch keine Alter­na­tive. Im Bereich des Aufzugs besteht abso­lutes Halte­verbot. Schon jetzt kommt es häufig vor, dass Abholer minu­ten­lang die Rotdorn­straße blockieren oder durch gewagtes Parken Beinahe-Unfälle provo­zieren. Besser wäre es, statt „Kiss and Ride“ Kurz­zeit­park­plätze für 30 Minuten einzu­richten.

    Für Fußgänger und Radfahrer ergibt sich durch den Wegfall der Insel an der Einmün­dung der Straße von/zur Brücke ein weiterer Gefah­ren­punkt, also auch hier eine deut­liche Verschlech­te­rung gegen­über dem Ist-Zustand.

    Der Brunnen wirkt lieblos deplat­ziert, so, als ob er halt irgendwo unter­ge­bracht werden musste, weil es so vorge­geben war. Wenn es schon so sein soll, dann sollte dies wenigs­tens dazu genutzt werden, ein Problem zu besei­tigen, das der Brunnen von Anfang hat hat: Entgegen den Vorgeben wurde seiner­zeit von der Gemeinde eine leis­tungs­schwä­chere Pumpen­an­lage einge­baut, die es als Sonder­an­gebot gab. Dies konnte kurz vor der Einwei­hung nur durch eine kurz­fris­tige Verän­de­rung der Düsen mehr schlecht als recht kaschiert werden.

    Ob die Anord­nung des Bier­gar­tens durch die langen Wege für die Betriebs­or­ga­ni­sa­tion zweck­mäßig ist, darf auch bezwei­felt werden.

    Die Gewer­be­straße ist eigent­lich für die Erschlie­ßung der Gewer­be­flä­chen östlich der Mitten­heimer Straße gedacht. Den auf dem Plan einge­tra­genen Verbots­schil­dern nach ist die Einfahrt in den Bereich der Bushal­te­stellen nur noch für Lini­en­busse erlaubt. Der gesamte Verkehr zu und von den Gewer­be­flä­chen muss also zukünftig über Mitten­heim fahren. Gerade für Lkw mit Anhänger oder Sattel­schlepper wird dies mangels Wende­mög­lich­keit zur Falle werden.

    Die Proble­matik, die durch den Wegfall der Wende­schleife für Busse entsteht, wurde bereits in einem anderen Leser­mail erwähnt. Die neue Ausfahrt für Busse nörd­lich des Hit-Markes stellt insbe­son­dere für Fußgänger und Radfahrer eine große Unfall­ge­fahr dar, da der Weg für die Querung sehr lang ist. Der Plan funk­tio­niert auch nur dann, wenn die Ampel­an­lage mit einer Vorrang­schal­tung für die Busse ausge­stattet wird. Die Konse­quenz daraus ist in der Haupt­ver­kehrs­zeit ein proble­ma­ti­scher Rück­stau durch Links­ab­bieger wegen der verkürzten Abbie­ge­spur.

    Die grund­le­genden Notwen­dig­keiten für sinn­volle Radwege sind in der ganzen Planung nicht vorhanden. Wenn das Fahr­rad­fahren attrak­tiver gemacht werden soll, dann muss bei Neupla­nungen darauf geachtet werden, dass für den Fahr­rad­ver­kehr opti­male Bedin­gungen geschaffen werden, ohne dass dies zum Nach­teil für Fußgänger wird. Im Bereich der Bushal­te­stellen wird dies zum Alptraum für Radler und Gefah­ren­quelle für Buspas­sa­giere. Dies bedeutet, dass der Fußweg mindes­tens 1,5 breit werden muss und den Radfah­rern je Fahr­rich­tung mindes­tens ein 2 Meter breiter Weg zur Verfü­gung steht. Im Bereich der Bushal­te­stellen sollte baulich sicher­ge­stellt werden, dass ausstei­gende Passa­giere nicht direkt in den Radweg hinein­laufen können.

    Ganz grund­sätz­lich stellt sich die Frage, oder ob es nicht besser wäre, das für den Umbau vorge­se­hene Geld für Klima­schutz­maß­nahmen an gemein­de­ei­genen Gebäuden einzu­setzen.

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  2. Offenbar hat hier kaum jemand eine Ahnung, wie so ein Archi­tek­tur­wett­be­werb ablaufen muss. Auch mit dem berech­tigten Wunsch nach einer Bürger­be­tei­li­gung ist es so, dass bei einem Wett­be­werb die künst­le­ri­sche Frei­heit der Teil­neh­menden eine der höchsten Anfor­de­rungen ist.

    Zitat von Dr. Giese in einer Leit­linie (akbw.de): “Dabei erfor­dern die Lösungen plane­ri­scher Aufgaben ein Ermit­teln, Abwägen, Verwerfen, Entde­cken und Verknüpfen komplexer Kontexte, die allein durch ein Addieren von Anfor­de­rungen und unmit­tel­bares Umsetzen nicht erreichbar wären. Erst die abge­schlos­sene Formu­lie­rung einer Aufgabe, das Über­lassen einer freien Lösungs­suche und die anony­mi­sierte Präsen­ta­tion der gefun­denen Lösungen erlauben Auslo­bern wie Teil­neh­mern ein Höchstmaß eigener Krea­ti­vität und Iden­ti­fi­ka­tion. Die Klar­heit dieser Verfah­rens­schritte erlaubt Inno­va­tionen und Konzep­tionen zu erfinden, Denk­ver­bote zu verhin­dern und die Wirk­sam­keit von Maßnahmen ggf. damit zu verviel­fa­chen.”

    Die Bewer­tung der Entwürfe erfolgt durch ein fach­kun­diges Preis­ge­richt nach strengen Krite­rien und einem forma­li­sierten Verfahren. Dabei wird auch intensiv geprüft, ob die Mach­bar­keit mit allen Anfor­de­rungen umge­setzt wurde. Die Aufgabe hier war sehr schwer und der ausge­zeich­nete Entwurf war nicht der letzte, der übrig geblieben ist, sondern hat das Preis­ge­richt (und mich als Mitglied desselben) deut­lich über­zeugt.

    Bei einem Reali­sie­rungs­wett­be­werb, wie es ihn hier gegeben hat, gibt es anschlie­ßend eine Auftrags­ver­gabe unter den Preis­trä­gern. Auftrags­ver­gaben sind grund­sätz­lich nicht­öf­fent­lich, das ist so gesetz­lich fest­ge­legt. Bei einem Wett­be­werb kommen dann noch Sperr­fristen dazu.

    Danach erst kann die Veröf­fent­li­chung und die Bürger­be­tei­li­gung beginnen, bei der natür­lich noch konstruk­tive Verbes­se­rungs­vor­schläge einfließen können.

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  3. Ich habe mir das mal ange­sehen. Abge­sehen davon, dass die Abho­lung von Gästen mit Gepäck oder Gehbe­hin­de­rung mit dem Auto etwas erschwert wird (dafür nutzt man dann wohl auf der anderen Seite die Rotdornstr.), sehe ich vor allem für den Bus ein Riesen­pro­blem: Die Wende­schleife entfällt.

    Dadurch wird der bishe­rige “Schlenker” an den Bahnhof zu einem ausge­wach­senen Umweg. Denn entweder muss der Bus nun den Umweg über Mitten­heim nehmen, oder mitten im Bahn­hofs­ver­kehr irgendwie halb­schaurig wenden.

    Oder ist es wirk­lich so gedacht, für den Bus eine weitere Einmün­dung am HIT zu bauen, also dort eine weitere Kreu­zung mit Ampel zu schaffen? Das wäre ja eine absolut hirn­ris­sige Blockade im Verkehrs­fluss!

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  4. Nun hat es unsere Gemeinde wieder voll­bracht, ihren Bürgern die Last von Mitwissen, Betei­li­gung und Entschei­dungen zu ersparen. Ausschrei­bungs­kri­te­rien ohne diese Störer, Finale hinter verschlos­senen Türen im Juli, huld­volle Bekannt­gabe an die Gemeinen via Presse und Face­book Ende September… ja geht’s noch?

    Ich will den Entwurf nicht schmä­lern und kann es auch nicht, denn gestern, Sonntag, war dieser im Bürger­haus leider nicht zu finden. Mir geht es aber um die grund­sätz­liche Bürger­be­tei­li­gung, die bei solchen Vorhaben allüberall Usus ist — mit Ausnahme bei den Guts­herren in Ober­schleiß­heim. Hier scheint sie hoff­nungslos im Stau der Bahn­schranke zu gefangen und wir hinken gegen­über unseren Nach­barn traurig zurück. Schon depri­mie­rend, oder?

    Zudem diese Betei­li­gung der klammen Gemeinde nichts kostet, nicht mal Zeit, wenn man das Konzept richtig anlegt. Aber die doofen, störenden Bürger werden sich nun hoffent­lich vermehrt zu Wort melden.

    Auch zum zweiten Punkt. Was einigen Frak­tionen logisch erscheinen mag, dass nach der Namens­ge­bung des Bürger­platzes an die CSU via Entschei­dung im Kämmer­lein nun die Sozi­al­de­mo­kraten dran seien, zeugt von einer haar­sträu­benden demo­kra­ti­schen Einstel­lung: Frak­tion first. Wohl­ge­merkt, Max Mann­heimer war eine hono­rige Persön­lich­keit durch und durch und ist über alle Zweifel erhaben. Ich hatte noch das Glück, ihn mehr­fach bei Vorträgen und Gesprä­chen zu erleben. Es war kein Vergnügen; er hat mich tief beein­druckt. Geprägt durch seine Erfah­rungen und Leiden war er ein sehr ernster Mensch, eine große Persön­lich­keit, zurecht viel­fach und hoch ausge­zeichnet, dessen großes Vermächtnis es aber war und ist, die Schre­cken der Gewalt­herr­schaft der NS-Zeit nicht in Verges­sen­heit geraten zu lassen.

    Ihm ging es dabei auch sehr explizit um Demo­kratie, und zwar um Basis­de­mo­kratie, und damit gegen Gutdünken. Ideal der Name des Max-Mann­heimer-Platzes im fernen München mit dem Doku­men­ta­ti­ons­zen­trum Natio­nal­so­zia­lismus. Klasse auch die Namens­ge­bung passender Bildungs­ein­rich­tungen, wie bspw. in Dachau. Dass er aber nun zurecht­ge­bogen Namens­geber für einen bunten, wuse­ligen Platz mit Prosit und Hirten­brunnen werden soll? Ich weiß nun wirk­lich nicht.

    Allein schon das Proce­dere dazu wäre ihm mit an Sicher­heit gren­zender Wahr­schein­lich­keit zutiefst zuwider gewesen. Auch das sollte man bedenken.

    Nur gut, dass der Bürger m/w/d in Ober­schleiß­heim nicht inter­es­siert, werte Bürger­meister und Räte.

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  5. Zwischen­zeit­lich habe ich mir auch die Pläne im Bürger­haus ange­sehen. Ich finde den mit dem 1. Preis ausge­zeich­neten Plan für sehr gelungen. Sicher kann der „neue“ Max-Mann­heimer-Platz ein schöner Platz zum Verweilen und Begegnen für “den Menschen” werden und nicht nur zum Rennen beim Einkaufen und Zug- und Bus-Errei­chen.

    Für den Hirten­brunnen könnte man aller­dings einen zentra­leren Platz als direkt vor der Bahn­hofs­treppe auswählen. Auch für das Toilet­ten­häus­chen könnte man ein dezen­teres Plätz­chen als direkt vor dem Bahn­hofs­ein­gang finden.

    Ich hoffe nur, dass die Fort­schritte für die Fertig­stel­lung dieser Neuge­stal­tung am Bahnhof zügig voran­gehen und nicht wie bei der Ausfüh­rung des „REWE- und Sedlmayer“-Geländes ewig hinaus­ge­zö­gert wird. Bereits bei der letzten öffent­li­chen Bürger­ver­samm­lung, damals noch mit Bürger­meister Kuch­l­bauer, wurde uns verspro­chen, dass dieser Teil des Bürger­zen­trums inner­halb von drei Jahren reali­siert wird. Bis heute ist außer einem Bauzaun nichts passiert und das Gelände liegt immer noch brach und verkommt immer mehr. Zwischen­zeit­lich ist diese ehema­lige Mitte zum Schand­fleck der Park­sied­lung geworden. Ich würde mir wünschen, dass Dieses Gelände bald auch zu einem “Platz für den Menschen” wird.

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